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Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter

Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter

Titel: Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campus
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überlassenen ernten könnte.« 7
     
    Die Hauptsätze der Thermodynamik sagen uns etwas ganz anderes. Wirtschaftliche Aktivität bedeutet nichts anderes, als sich von der Umwelt Energieinput mit niedrigen Entropiewerten auszuborgen und diesen in temporäre Güter und Dienstleistungen umzuwandeln. Bei diesem Umwandlungsprozess wird oftmals mehr Energie aufgebraucht und an die Umwelt abgegeben, als in die jeweiligen Produkte oder Dienstleistungen eingebunden ist.
    |217| In dieser Hinsicht spiegelt der Wirtschaftsprozess die biologischen Prozesse in der Natur. Als die Gesetze der Thermodynamik formuliert wurden, waren die Biologen ratlos: Wie sollte Energie beständig von einem geordneten in einen ungeordneten Zustand übergehen, wo doch Lebewesen in entgegengesetzter Richtung zu operieren, also ständig »in einem Zustand der Ordnung« zu bleiben scheinen?
    Harold Blum, ein renommierter Biologie des 20. Jahrhunderts, erklärte, dass lebende Organismen mitnichten gegen den zweiten thermodynamischen Hauptsatz verstoßen, sondern ihn bloß in anderer Weise zum Ausdruck bringen. Lebewesen, so Blum, sind thermodynamische Systeme, die nicht im Gleichgewicht sind. Anders gesagt: Ein Lebewesen existiert fernab vom Gleichgewicht, indem es sich kontinuierlich von verfügbarer Energie aus der Umwelt nährt, die dafür die Kosten zu tragen hat – in Form einer zunehmenden allgemeinen Entropie. Pflanzen zum Beispiel benutzen Sonnenenergie für den Prozess der Photosynthese, und diese konzentrierte Energie wird dann von anderen Lebewesen konsumiert – entweder direkt von Pflanzenfressern oder indirekt von Fleischfressern, die sich ihrerseits von Pflanzenfressern ernähren. Im Großen und Ganzen kann man sagen: Je höher entwickelt eine Spezies ist, desto mehr Energie konsumiert sie, um sich in ihrem Nichtgleichgewichtszustand zu halten, und desto mehr verbrauchte Energie führt sie in ihrem Überlebensprozess an die Umwelt wieder ab. Erwin Schrödinger, der österreichische Physiker und Nobelpreisträger, brachte das Wesen des thermodynamischen Prozesses auf den Punkt, als er feststellte, ein Organismus nähre sich von »negativer Entropie … Der Kunstgriff, mittels dessen ein Organismus sich stationär auf einer ziemlich hohen Ordnungsstufe … hält, besteht … aus einem fortwährenden ›Aufsaugen‹ von Ordnung aus seiner Umwelt.« 8
    Das also ist der Gang des Lebens. Mit jeder Mahlzeit nehmen wir Energie in unseren Körper auf, die wir bei dem, was wir tun und lassen, fortwährend verbrauchen, womit wir zum entropischen Abfall beitragen. Hört die Energiezufuhr auf oder ist unser Körper, etwa aufgrund einer Krankheit, nicht mehr in der Lage, diese Energie für uns nutzbar zu machen, müssen wir sterben. Danach wird unser Körper rasch zersetzt |218| und geht wieder in der Umwelt auf. Unser Leben und Tod sind Teil des entropischen Flusses.
    Der Chemiker G. Tyler Miller hat anhand einer vereinfachten Nahrungskette erklärt, wie verfügbare Energie verarbeitet und in jeder Phase der Enteignung des Ökosystems Entropie geschaffen wird. Er beginnt mit dem Hinweis, dass beim Verschlingen von Beute »etwa 80 Prozent bis 90 Prozent Energie einfach verschwendet wird und als Wärme an die Umwelt verloren geht«. 9 Nur zwischen zehn und 20 Prozent der Energie der Beute wird vom Räuber absorbiert. Das liegt daran, dass das Umwandeln der Energie einer Kreatur in die einer anderen selbst der Energie bedarf, was in der Summe zum Energieverlust führt.
    Anhand einer vereinfachten Nahrungskette von Gras, Heuschrecken, Fröschen, Forellen und Menschen veranschaulicht Miller die ungeheure Menge an Energie, die dabei verbraucht, beziehungsweise an Entropie, die dabei geschaffen wird. Es brauche »dreihundert Forellen«, so rechnet Miller vor, »um einen Menschen ein Jahr zu ernähren. Die Forellen ihrerseits müssen 90   000 Frösche verzehren, diese wiederum 27 Millionen Heuschrecken, die von 1000 Tonnen Gras leben«. 10
    Sehen wir uns doch einmal die thermodynamischen Konsequenzen der Umwandlung natürlicher Ressourcen in menschliche Nahrung unter den Bedingungen einer komplexen industriellen Zivilisation an, um herauszufinden, was das für unsere Auffassung vom Wohlstand der Nationen bedeutet:
    Es braucht neun Kilo Getreide, um ein Kilo Rindfleisch zu produzieren. 11 Das bedeutet, dass nur elf Prozent des Futters in die Produktion des Fleisches selbst geht, der Rest wird entweder als Energie beim Umwandlungsprozess verbrannt, dient der

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