Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter

Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter

Titel: Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campus
Vom Netzwerk:
Erwärmung des Planeten die 20- bis 30-fache Wirkung von Kohlendioxid hat. 14
    Am Ende ist dann der Genuss eines Steaks oder eines Bratens nur von kurzer Dauer. Nach dem Verzehr wird das Stück Fleisch vom Körper verdaut und endet schließlich wieder in der Umwelt – in Form von verbrauchter Energie oder als Ausscheidung.
    Was lehrt uns das über die Beschaffenheit unseres Bruttoinlandsprodukts? Das BIP gilt als Maß des Wohlstands, den ein Land innerhalb |221| eines Jahres erwirtschaftet. Von einer thermodynamischen Warte aus gesehen ist es jedoch mehr ein Maß für die zeitweilig – um den Preis einer Minderung verfügbarer Energiereserven und einer Vermehrung entropischen Abfalls – an Güter und Dienstleistungen gebundene Energie. Da, all unseren Vorstellungen zum Trotz, auch die von uns produzierten Güter und Dienstleistungen letztendlich Teil des Entropieflusses werden, endet das ökonomische Hauptbuch immer in roten Zahlen. Das heißt, letzten Endes entnimmt jede Zivilisation ihrer Umwelt mehr, als sie je produzieren kann, und lässt die Erde entsprechend ärmer zurück. So gesehen sollten wir statt von einem Bruttoinlandsprodukt besser von Bruttoinlandskosten sprechen, da durch den Verbrauch von Ressourcen immer ein Teil davon künftig nicht mehr verfügbar sein wird.
    Trotz der unbestreitbaren Tatsache, dass jede Wirtschaftstätigkeit nur temporäre Werte schafft – und das um den Preis einer Minderung der Ressourcen, von denen sie abhängig ist –, sieht kaum ein Ökonom den wirtschaftlichen Prozess aus einer thermodynamischen Warte. Für die Philosophen der Aufklärung war die Wirtschaftstätigkeit im Großen und Ganzen ein linearer Prozess, der unweigerlich zu unbegrenztem materiellem Fortschritt auf der Erde führen muss, solange man die Marktmechanismen sich selbst überlässt, sodass die »unsichtbare Hand« Angebot und Nachfrage regulieren kann. Der französische Aufklärer und Revolutionär Marquis de Condorcet fing die Euphorie dieses neuen Zeitalters der Fortschrittsgläubigkeit ein, als er verkündete,
     
    »dass die Natur der Vervollkommnung der menschlichen Fähigkeiten keine Grenze gesetzt hat; … dass die Fortschritte dieser Fähigkeit zur Vervollkommnung, die inskünftig von keiner Macht, die sie aufhalten wollte, mehr abhängig sind, ihre Grenze allein im zeitlichen Bestand des Planeten haben, auf den die Natur uns hat angewiesen sein lassen«. 15
     
    Benommen von der Aussicht, die Erde in ein materielles Füllhorn verwandeln zu können, waren sich die klassischen Ökonomen – mit Ausnahme von Thomas Malthus – einig in ihrem Glauben, dass der menschliche Fleiß ein utopisches Paradies zu schaffen vermöge. Der |222| bloße Gedanke, eine Beschleunigung der Wirtschaftstätigkeit könnte zu einer Erosion der Umwelt und damit für künftige Generationen zu einer finsteren Zukunft führen, wäre für sie unvorstellbar gewesen.
    Wie die ökonomische Theorie ihre Relevanz verlor
    Dieser ideologisch blinde Fleck zeigt sich in so gut wie jeder fundamentalen Annahme der klassischen und neoklassischen Wirtschaftstheorie. Kaum ein Konzept, das bei Ökonomen in höherem Wert stehen dürfte als die Vorstellung von der Produktivität. Ökonomen verstehen unter Produktivität das Verhältnis von Produktionsmenge (Output) und Einsatzmenge (Input). Von besonderer Bedeutung ist dabei die Geschwindigkeit, mit der eine Aufgabe erledigt wird. Ein thermodynamisch geeigneteres Maß für die Produktivität wäre dagegen die Berücksichtigung der pro Einheit Output produzierten Entropie.
    Ich erinnere mich an eine Studie von vor über 30 Jahren über den Energieaufwand bei der Produktion eines Autos. Wie sich herausstellte, wird dabei weit mehr Energie verbraucht, als tatsächlich nötig wäre. Die Extraenergie wird auf die Beschleunigung des Prozesses verwendet; das Auto soll so schnell wie möglich vom Band. Und das gilt für die ganze Versorgungskette. Unser besessenes Bestreben nach Produktions- und Liefertempo hat seinen Preis – wir bezahlen es mit zusätzlichem Energieaufwand. Und höherer Energieaufwand bedeutet mehr verschwendete Energie und die Zunahme der Entropie in der Umwelt.
    Wir sind zu der Überzeugung gekommen, dass wir durch Erhöhung des Tempos einer Aktivität irgendwie Energie sparen, wobei doch in thermodynamischer Hinsicht gerade das Gegenteil gilt. Sie sind nicht überzeugt? Mussten Sie je nachts auf irgendeiner Landstraße feststellen, dass fast kein Benzin mehr im Tank ist?

Weitere Kostenlose Bücher