Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter
Landwirtschaft und Infrastruktur beschert.
Die schlichte, aber zutiefst beunruhigende Realität ist, dass fossile Brennstoffe und seltene Erden rasch zur Neige gehen und die Entropieschulden |227| vergangener Wirtschaftstätigkeit in einem Tempo anwachsen, das die Fähigkeit der Biosphäre, sie zu absorbieren, weit übersteigt. Diese ernüchternde Sachlage erfordert eine fundamentale Neueinschätzung der Annahmen, die unsere Vorstellungen von Produktivität in der Vergangenheit geleitet haben. Von jetzt an muss Produktivität auf eine Art und Weise gemessen werden, die sowohl thermodynamische Effizienzen als auch entropische Konsequenzen berücksichtigt.
Ökonomen entgegnen nicht selten, sie berücksichtigten die Entropie-Zeche durchaus, indem sie mit einbezögen, was sie »negative Externalitäten« nennen, also nachteilige Auswirkungen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit auf Dritte hat, die daran nicht direkt beteiligt sind. Das Problem ist, dass sie nie die vollen Kosten für Dritte, die Gesellschaft als Ganzes, die Umwelt und künftige Generationen in die Rechnung einbeziehen, schon gar nicht über größere Zeiträume. Wenn dem so wäre, müssten die Akteure in der Regel Kompensationszahlungen leisten, die ihre Profite weit übersteigen würden, was der Marktkapitalismus nicht überleben würde. Die anfallenden Steuern, die Strafen, die ihnen hin und wieder aufgebrummt werden, die Schadenersatzleistungen, die nach verlorenen Zivilklagen fällig werden, vermögen die wahre Entropie-Zeche nicht annähernd zu begleichen.
Die meisten Wirtschaftswissenschaftler kapieren einfach nicht, dass jede wirtschaftliche Tätigkeit eine Anleihe auf Energien und materielle Reserven der Natur darstellt. Wenn diese Kreditaufnahme den Reichtum der Natur schneller erschöpft, als die Biosphäre die Rückstände zu recyceln und die Vorräte wieder aufzufüllen vermag, dann werden die Entropieschulden irgendwann jede Wirtschaftsordnung zu Fall bringen, die ihre Ressourcen nutzt.
Wird die Energiekurve der Dritten Industriellen Revolution ähnlich aussehen? Das kommt ganz darauf an. Zwar sind Sonne, Wind und andere erneuerbare Energien reichlich vorhanden, um den Energiebedarf unserer Spezies und unserer Mitkreaturen zu decken, aber sie bringen ihre eigenen entropischen Zwänge mit sich. Zunächst einmal brauchen erneuerbare Energien ein materielles Grundgerüst. Photovoltaische Zellen, Akkus, Windturbinen, Kompaktglühbirnen und viele |228| der neuen Kommunikationstechnologien der Dritten Industriellen Revolution sind zum Teil angewiesen auf seltene Erden. Einem Bericht der American Physical Society und der Materials Research Society vom Februar 2011 zufolge könnte eine Knappheit einiger dieser Seltenerdmetalle auf lange Sicht groß angelegte Bemühungen unterminieren, die sauberen neuen Energien anzuwenden. 20 Da viele dieser seltenen Erden als Nebenprodukte beim Abbau nicht so seltener Bodenschätze wie Kupfer anfallen, besteht keine unmittelbare Sorge um eine Knappheit. Es gibt jedoch bereits lebhafte Diskussionen um die Suche nach Ersatzmaterialien, sogar biologisch gewonnene, für den Fall, dass es irgendwann zu einer Knappheit kommen sollte. Forscher auf den boomenden Gebieten der Biotechnologie, der nachhaltigen Chemie und der Nanotechnologie sind zuversichtlich, in den kommenden Jahrzehnten billigere und effizientere Alternativen für die seltenen Erden zu finden, um den Bedarf der DIR-Infrastruktur zu decken.
Anlass zu weit größerer Sorge ist auf lange Sicht die potenzielle entropische Wirkung eines praktisch unerschöpflichen Nachschubs an sauberer erneuerbarer Energie zu Preisen, die gegen null gehen – ganz wie das mit der Kostensenkung beim Sammeln und Verbreiten von Informationen im Gefolge der Revolution im IT- und Internetbereich der letzten beiden Jahrzehnte war. Die erste Reaktion ist wahrscheinlich: »Toll! Unbegrenzte, nahezu kostenlose erneuerbare Energie. Was brauchen wir uns da Sorgen zu machen?« Aber vergessen wir nicht, dass die Erde ein teilweise geschlossenes System ist, das zwar Energie mit dem Sonnensystem austauscht, aber kaum Materie. Mit einem praktisch unbegrenzten Nachschub an billiger grüner Energie wären wir womöglich noch geneigter, den begrenzten Vorrat an Materie mit niedriger Entropie in immer schnellerem Tempo in Güter umzuwandeln – was den Entropiefluss noch verstärken und zum materiellen Chaos beitragen würde.
Denken Sie zum Beispiel an den Aluminiumabbau. Natürlich
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