Die dritte Klaue Gottes: SF-Thriller
bewusst, dass das schmerzhaft sein muss, aber hat er Ihnen auch eine Antwort als Vater gegeben?«
»Nein.«
»Nein?«
»Nein. Es ist mehr als ein Jahr her, seit er mir irgendeine Antwort gegeben hat, die ein Vater seinem Sohn geben würde. Ich war seit drei Monaten nicht mehr im selben Raum mit ihm. Darum bin ich hier. Ich habe meinen Zeitplan geändert und auch den meines Mitarbeiters, in der Hoffnung, ich könnte ihn abfangen und vielleicht ein paar Antworten erhalten. Als Vater diesen Ausflug in letzter Minute abgesagt hatte, dachte ich, ich könnte wenigstens ein bisschen Zeit mit Jason und Jelaine verbringen und stattdessen von ihnen ein paar Antworten bekommen. Aber Sie wissen ja selbst, was daraus geworden ist.«
»Haben Sie irgendetwas getan, was Ihren Vater gegen Sie aufgebracht haben könnte?«
»Das habe ich ihn auch gefragt.«
»Und was sagt er?«
Er gab die oberflächliche Antwort ohne jede Betonung wieder. »Dass er mich liebt. Dass er mein Vater und stolz auf mich sei. Dass ich nicht so empfindlich sein möge. Dass ich alles verstehen würde, wenn ich erfahre, was los ist.«
»Das hört sich nach Vater-Sohn-Antworten an.«
»Ja, nicht wahr?«, sagte er in einem Ton, der andeutete, dass er mir meine Worte nicht abnahm.
Ich wusste es nicht. Ich hatte nie die Gelegenheit gehabt, als Erwachsene Umgang mit meinen Eltern zu pflegen. Ich konnte nicht wissen, wie eine normale Beziehung funktionierte oder was es bedeutete, Teil eines Clans wie dem der Bettelhines zu sein, ganz zu schweigen davon, was dergleichen für Hans Bettelhine im Besonderen bedeutete. Philip Bettelhine behauptete, er hätte eine Veränderung erlebt, aber hatte es wirklich eine Veränderung gegeben? Wollte Hans ihn wirklich besänftigen, oder wollte er ihn nur hinhalten oder gar vergraulen? Wie sollte ich das aus der Ferne beurteilen, wenn Philip es nicht konnte, obwohl er alle Beteiligten schon sein Leben lang kannte?
Ich beschloss, das Problem aus einer anderen Richtung anzugehen. »Mr Bettelhine, Sie haben eine Frau und eine Tochter erwähnt. Wie steht es um Ihr Familienleben?«
»Meine Frau Carole hat vor sechs Monaten die Kinder genommen und mich verlassen.«
»Eine Scheidung von einem Bettelhine dürfte auf diesem Planeten recht außergewöhnlich sein.«
»Nicht für einen anderen Bettelhine. Sie ist eine entfernte Cousine aus dem Äußeren Kreis - viele Grade entfernt, das versichere ich Ihnen, aber doch eine Familienangehörige. Hinzu kommt, dass wir nicht geschieden sind, nur getrennt. Keiner von uns will den Kindern die Aufstiegsmöglichkeiten nehmen, die untrennbar mit meiner eigenen übergeordneten Position im Inneren Kreis verbunden sind.«
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir zu erzählen, warum Ihre Ehe gescheitert ist?«
Nun geriet er in Rage. »Was zum Teufel hat das mit irgendetwas zu tun?«
»Ich weiß es nicht. Das finde ich nur heraus, indem ich frage.«
Philip wand sich noch einen Moment, dann gab er auf. »Emotionale Inkompatibilität.«
»Behauptet wer?«
»Carole hat das behauptet.«
»Hat Sie Ihnen Gründe genannt?«
»Das wollen Sie wissen? Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, mich durch die Betten zu treiben. Für die Angehörigen des Inneren Kreises ist das furchtbar einfach. Eine Nacht mit einem Bettelhine gilt für die, die nicht der Familie angehören, als eine Art Hauptgewinn. Sex ist in jeder Form, die unsereins bevorzugen mag, stets verfügbar, und man muss kein Nein als Antwort akzeptieren, wenn man mies genug ist, ein paar der Möglichkeiten zu nutzen, die uns offenstehen.«
Na, das war doch mal eine interessante moralische Konstruktion. »Sind Sie es, Sir?«
»Mies genug?« Er verzog das Gesicht, angewidert von sich selbst. »Nein, ich bin nur der ganz alltägliche, ordinäre Mistkerl, der gern Frauen nachstellt. Ich zwinge niemanden zu irgendwas. Ich bekomme nur Angebote und denke: Warum nicht?«
»Ich nehme an, Ihre Frau hatte eine Antwort darauf.«
»Sie ist eine Bettelhine und muss ihren Stolz aufrechterhalten. Sie hat mich dreimal gewarnt, und als ich alle drei Warnungen missachtet habe, hat sie mich verlassen.«
»Sie hören sich an, als wären Sie stolz auf sich.«
»Dumm wie ich war, war ich das tatsächlich. Aber ich bin es nicht mehr. Und was hat das mit irgendetwas von dem zu tun, was heute Abend passiert ist?«
»Ich fasse zusammen: Was Sie mir erzählt haben, ist, dass Sie in den letzten paar Jahren nach eigener Berechnung Ihren Bruder, Ihre Schwester,
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