Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die dritte Klaue Gottes: SF-Thriller

Titel: Die dritte Klaue Gottes: SF-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
Vom Netzwerk:
gerade ein technologisches Hochleistungsgerät. Hätte ich es in meiner Suite gelassen oder wäre nicht imstande gewesen, es aus dem Frachtbereich herauszuholen, so hätte der Vorraum der Luftschleuse eine Vielzahl anderer Gerätschaften bereitgehalten, die ebenso nützlich gewesen wären.
    Alles, was ich in dieser Situation wirklich brauchte, war ein ausreichend scharfer Gegenstand.
    Und diesen - ein Rangabzeichen des Dip Corps mit einer ausfahrbaren, vier Zentimeter langen Schneide - hatte ich bereits an einem der Ersatzanzüge im Frachtbereich ausprobiert, also wusste ich, dass er seinen Zweck erfüllen würde.
    Ich nahm ihn von dem Haken ab, schob die Klinge hervor und stieß mit einer einzigen, entschlossenen Bewegung ein Loch in meinen Anzug.
    Eigentlich nicht nur in meinen Anzug. Ich traf auch meinen Körper. In der Luft, die durch das Loch entfleuchte, glänzten nicht nur die klaren Eiskristalle, die durch meine eigene Atmung erzeugt wurden, sondern auch rote Eiskristalle. Ich schrie, so laut ich konnte, was nicht besonders laut war, und fühlte, wie etwas an der Luft zerrte, die meinem Mund entströmte.
    Ist es das, was ihr Mistkerle wollt? Ist es das?
    Die Soldaten drehten sich mit mir, kamen mir aber immer noch nicht zu Hilfe.
    Ich stach erneut auf mich ein. Nach diesem Stich verfiel ich in Zuckungen. Etwas prallte gegen meinen Rücken; die Gestalten um mich herum wurden zu verschwommenen Flecken, Flecken, die ich nicht mehr sehen konnte, weil etwas mit meinen Augen nicht stimmte, dann auch mit meinem Hirn, und dann mit dem blutigen Geschmack in meinem Mund und dann was für eine gottverdammt blöde Art zu sterben und dann explodierte etwas in meiner Brust und dann ...

19
XANA
 
    Danach schien nichts mehr zu geschehen, eine lange Zeit nicht; nichts abgesehen davon, dass ich all die Augenblicke noch einmal durchspielte und mich erinnerte, wie und wo, aber nicht warum ich starb.
    Und auch als etwas geschah, hatte es nicht viel zu besagen.
    Ich trieb eine Weile zwischen Bewusstlosigkeit und Wachzustand hin und her.
    Irgendwann stellte ich fest, dass ich schwebte, wie ein Fötus, in einer Kammer, angefüllt mit goldener Flüssigkeit. Die Wände waren gewölbt und transparent, die Schatten, die sich durch den trockeneren Raum hinter ihnen bewegten, waren verzerrte Gestalten, deren Gesichter sich zu Zylindern dehnten und nur eine entfernte Ähnlichkeit mit den Menschen aufwiesen, die ich gekannt hatte. Einer presste die Handfläche an die Wand, die uns voneinander trennte, und formte Silben mit dem Mund. Ich überlegte, ob ich den Arm ausstrecken und meinerseits die Hand auf die andere Seite der Wand legen sollte, schien aber unfähig, den Impuls in eine Handlung umzuwandeln und verlor bald jegliches Interesse. Nach ein paar Sekunden schloss ich die Augen und schlief weiter.
    Nach einem kaum merklichen Übergang fand ich mich in einer anderen Flotationskammer wieder, in diesem Fall in dem blauen Nichts der virtuellen KIquellen-Schnittstelle. Ich war verärgert. Ich wollte nicht, dass die mich jetzt mit ihrem Mist belästigten. Aber der Avatar studierte mich lediglich und sprach einen einzelnen Satz, den wahrzunehmen oder gar zu beachten ich nicht in Stimmung war. Es ist noch nicht vorbei, Counselor.
    Unterbrochen von kurzen Wahrnehmungsblitzen meiner selbst auf einer Rolltrage und in einem Bett, jede meiner Hände gehalten und massiert von einem besorgten Porrinyard, träumte ich von meiner Kindheit auf Bocai. Solche Träume hatte ich natürlich schon früher gehabt, viel zu häufig, traumatische Rückblenden zu der Nacht des Massakers. Ich war allzu sehr daran gewöhnt, in kalten Schweiß gebadet aufrecht im Bett zu sitzen und noch immer die Bilder des Blutvergießens und des Verlusts zu sehen. Nicht ganz so häufig kehrte ich zu den Augenblicken zurück, an die ich mich jetzt erinnerte: zu der Idylle vor der Tragödie, dem sonnigen Himmel, den lachenden Gesichtern, der Liebe meiner menschlichen Familie und meiner Bocai-Familie. Bei dieser speziellen Erinnerung muss ich drei oder vier Jahre alt gewesen sein. Meine Mutter und ich waren zusammen in einem Park, an den ich mich gut erinnern konnte, und spielten träge ein Spiel mit einem Ball am Ende einer Schnur, dessen Regeln ich mir beim Spielen zurechtlegte. Dann stolperte ich über etwas und stürzte schmerzhaft zu Boden, brach in explosives Schluchzen aus, ergriffen von der typischen Unfähigkeit kleiner Kinder, Schmerz und Schock so zu absorbieren, wie

Weitere Kostenlose Bücher