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Die dritte Weissagung

Die dritte Weissagung

Titel: Die dritte Weissagung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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Staatsoberhäupter Schuld trugen an dem Sturm, der über die Welt gewandert war, sondern jene, die ihr Los seit Urzeiten bestimmten.
    Die Grauen Eminenzen, die heimlichen Drahtzieher im Hintergrund. Die wahrhaft blutsüchtigen, blutrünstigen Verbrecher ...
    *
    Pedrograd, Winter 1914/15
    Wie radikal sich die Landschaft verändert hatte, konnte wohl nur ermessen, wer diesen Flecken Erde mit eigenen Augen geschaut hatte, bevor eine Stadt hierhergepflanzt worden war.
    Noch zwei Jahrhunderte zuvor hatten sich an dieser Stelle die Sümpfe des Newa-Deltas erstreckt. Ein riesiges, den Säugetieren -und also auch den Menschen - feindlich gesinntes Areal, in das eine Stadt zu setzen nur einem Wahnsinnigen oder Menschenverächter einfallen konnte.
    Die Frau, die sich zu später Stunde durch die froststarre, nächtliche Kälte bewegte, als würden die Unbilden des Winters sie nicht anfechten, wußte jedoch verläßlich, daß Peter der Große - kein anderer hatte die Sümpfe unter unmenschlichen Bedingungen trockenlegen lassen und die fähigsten Baumeistern der Alten Welt beauftragt, dort ein architektonisches Juwel aus dem Boden zu stampfen -nichts von beidem gewesen war. Nur eben ein schwaches Menschlein, das den Einflüsterungen desjenigen, der ihn zum Bau dieses gewaltigen Denkmals animiert hatte, nicht gewachsen gewesen war .
    Irina blieb kurz stehen. Der eisige Wind blies wie ein jenseitiger Odem in ihr Gesicht, das ebenso wie ihr rötlich braunes Haar unter der fellgefütterten Kapuze ihres Umhangs verborgen lag. Die Kälte biß in ihre schwach durchblutete Haut, und es gefiel ihr. Es gefiel ihr stets, diesen Körper, der schon einmal aufgehört hatte zu atmen, zu spüren. Sie war mindestens so gierig nach dem Leben, das wieder in ihr pulsierte, wie nach dem Leben derer, unter denen sie sich zu behaupten gelernt hatte. Indem sie eine perfekte Symbiose mit ihnen eingegangen war .
    Ihre Augen fanden das schwache Licht, das auch von Nacht und Sturm nicht auszurotten war. Es hatte sich mit den Schatten verwoben, als läge die Stadt unter einem schimmernden Gazetuch, das die Häuser, Bäume und Brücken wie Spinngewebe miteinander vernetzte.
    Trotz der Schönheit und trotz der Heerscharen pochender Herzen darin hatte sich Irina nie wirklich heimisch in dieser Stadt gefühlt, vor deren Toren sie damals mit einer Gruppe anderer Kinder getauft worden war. Blutgetauft vom legendären Hüter des Lilienkelchs, der etwa ein Vierteljahrhundert nach der Sippengründung von Pedrograd - damals noch St. Petersburg - verschwunden war. Zusammen mit dem magischen Instrument der Fortpflanzung, auf das alle Macht der Alten Rasse fußte.
    Der Hüter reiste nicht mehr. Seit 188 Jahren hatte ihn kein Vampir mehr zu Gesicht bekommen, und alle Hilferufe, alle dringenden Botschaften, die von den Oberhäuptern der Sippen in die Welt hinaus getragen wurden, weil sie den Fortbestand ihrer Familien gefährdet sahen, waren ungehört verklungen. Es kursierten Gerüchte, aber niemand wußte genau, was dem Hüter widerfahren war, daß er sich nicht mehr zeigte.
    Ebenso rätselhaft war das Schicksal des Unheiligtums selbst. Der Lilienkelch galt als verschollen. Die Sippe von St. Petersburg gehörte zu den Letztgetauften. Wenige Jahre später verlor sich jede Spur.
    Es würde noch eine lange Zeit brauchen, bis sich die Folgen dieses Verlusts tatsächlich bemerkbar machen würden. Aber der Niedergang der heimlichen Herrscher dieses Planeten schien unausweichlich.
    Es sei denn .
    Es sei denn, jemandem gelänge es, den verlorenen Kelch wiederzufinden und die Rolle des Hüters zu übernehmen, dachte Irina.
    Sie sann oft darüber nach, wie es wäre, wenn sie in die Fußstapfen der Legende treten würde. Wenn es ihr gelänge, den dunklen Gral der Vampire ausfindig und ihrem Volk wieder nutzbar zu machen.
    Es war ein heimlicher Traum. Verbunden mit der Sehnsucht, in die Welt hinauszuziehen und diese kalte Stadt, die ihr oft wie aus Eisen gegossen schien, für immer hinter sich zu lassen.
    Für immer .
    Auch Irinas Existenz haftete dieses vielversprechende »Für immer« an. Aber die Vampirin hatte der Ewigkeit stets mißtraut.
    Sie lächelte. Das durchkühlte Fleisch formte eine Grimasse, die all jene erschreckt hätte, unter denen sich Irina die meiste Zeit ihres Daseins herumtrieb. Wenn sie nicht gerade an den schattigen Ufern der Newa im Gras lag und dort im Dickicht dem Rauschen des mächtigen Stromes lauschte, der sich unbeeindruckt vom Wandel der Zeiten

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