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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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normalen Mann an, der ein Inserat aufgibt: ›Wir danken dem ehrlichen Finder‹? Der Text ist so banal, daß auch der Mann banal sein muß.«
    »Aber irgendwo ist ein Loch!« Oberstaatsanwalt Dr. Herbrecht schlug die Fäuste zusammen. Eine Abreagierung von Hilflosigkeit. »Jemand außerhalb unseres kleinen Kreises hat Kenntnis von der Sache. Das bedeutet höchste Gefahr.«
    Die Sonderkommission war auf das Olympiagelände umgezogen. Sie hatte sich in einer Baracke der Bauleitung etabliert, um ›nahe am möglichen Tatort‹ zu sein, wie es Beutels mit bissigem Humor ausdrückte. So ahnte auch niemand, daß die fleißigen Männer in der neuen Baracke XXII, in die eigentlich der Stab für die Gartengestaltung rund um den künstlichen See einziehen sollte – er hauste jetzt 100 Meter weiter bei den Kollegen ›Innenarchitektur Schwimmhalle‹ –, keine Baufachleute waren, sondern ausgesuchte Kriminalbeamte, Spezialisten für Spurensuche, Sprengstoffsachverständige, Physiker, Feuerwerker und Radartechniker. Um die Tarnung vollkommen zu machen, händigte der Direktor der Bauleitung jedem von ihnen einen gelben Plastikschutzhelm aus, mit dem hier alle herumliefen. Sogar Oberstaatsanwalt Dr. Herbrecht, sonst äußerst zurückhaltend, norddeutscher Typ, obgleich Bayer (das gibt es tatsächlich), stülpte den Helm auf und verzog keine Miene, als Beutels breit grinste.
    »Die gelben Ameisen der Kripo!« sagte Beutels. »Die Tarnung als Bautechniker wäre vollkommen, meine Herren, wenn Sie nicht so unglückliche Gesichter schnitten. Sehen Sie sich Ihre Kollegen an: überall Fröhlichkeit, Euphorie, stolzer Glanz in den Augen. Das Riesenzelt hat allen Stürmen und Schneelasten standgehalten, die Termine werden eingehalten, die Steuergelder zischen geradezu durch die Gegend, und in diesem warmen Regen verlieren viele Unternehmer ihr wirtschaftliches Rheuma … überall eitel Sonne und wolkenloser Himmel. Nur Sie laufen mit Regenvorhängen herum. Bedenken Sie: Sie sind der ›Fachausschuß für Koordination‹! Teufel, ist das eine schwere Aufgabe. Jede Aufgabe, von der keiner weiß, was sie eigentlich darstellt, ist unheimlich schwer, sonst wäre sie ja nicht so undurchsichtig. Benehmt euch so! Werdet wichtig, Leute! Der gelbe Helm allein genügt nicht zur Tarnung!«
    Beutels hatte gut spotten … er saß in der Ettstraße im Präsidium und ließ die Dinge von außen an sich herantragen. Mit der ›Sonderkommission Olympia‹ – wie sie bei der Polizei hieß – hatte er nur am Rande zu tun. Sobald in diesem Bereich eine Schweinerei passierte, die München direkt anging, konnte er eingreifen. Sonst waren Dr. Herbrecht und Oberkommissar Abels autark.
    »Ihre Nerven möchte ich haben«, sagte Abels und feuerte den gelben Helm auf den Tisch. Es war eine halbe Stunde nach Bekanntwerden der Anzeige in der ›Süddeutschen Zeitung‹. Beutels hatte es sich nicht nehmen lassen, dem Boten des Polizeipräsidiums fast auf dem Hinterrad des Motorrades zu folgen. »Da ist jemand im Hintergrund, der dreht jetzt an der ganzen Sache.«
    »Wissen Sie, wie gefährlich das werden kann?« rief Dr. Herbrecht. Er las zum x-tenmal die kleine Anzeige. »Hier hält einer nicht dicht!«
    »Fast Bonner Verhältnisse!« Beutels setzte sich auf die Tischkante. Er holte sein Zigarrenetui aus der Rocktasche. Eine Brasil! Gott sei Dank – die Stimmung war gut. »Wie weit sind Sie, meine Herren?«
    »Wie weit?« Abels sah Beutels ungläubig an. »Ja glauben Sie, wir hätten auch nur einen Schimmer Ahnung gewonnen, nur weil wir hier in einer Baracke neben dem Stadion wohnen, unter oder an dem zwei Atombomben vergraben liegen? Wir haben die Unterlagen für die Bauarbeiten durchstudiert. Wer behauptet, er könne jetzt noch etwas finden, ist ein Phantast.«
    »Die ganze Idee von dem großen Feuerwerk am Eröffnungstag ist phantastisch.« Beutels rauchte langsam, zelebrierend seine Zigarre an. »Nehmen wir an, es handelt sich um eine normale Sprengladung. Auch das genügt. Der Sprengsatz, an einem der Stahlrohr-Pylonen angebracht, würde den 76,8 Meter langen und 310 Tonnen schweren Mast umfegen. Dann bräche das gesamte Olympiazeltdach zusammen: 74.800 Quadratmeter mit Stahlseilen zu 30.000 Knoten, 8.300 Acrylglasplatten, sowie die vierzig anderen Masten würden einfach mit umgerissen, zehn Drahtbündel aus jeweils 55 Litzen, die sieben Millionen Drähte vereinen, schnitten zischend durch die Luft und köpften die Zuschauer, 410 Kilometer Netz mit einer

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