Die Drohung
Winnetou.«
Sie setzten sich und winkten. Triefend lief Pinipopoulos auf sie zu, ein glückliches Grinsen auf dem Gesicht.
Er blieb vor Holden stehen, betrachtete ihn so genau, als wäre er ein Bild in der Gemäldegalerie, und sagte dann zufrieden:
»Das ist also der große Ric Holden.«
Holden streckte ihm die Hand hin. »Ohne den wachsamen Pinipopoulos tappten wir heute noch durch einen finsteren Tunnel und suchten den Ausgang. Setzen Sie sich, Kollege.«
Pini warf sich neben Beutels ins Gras. Das Wort ›Kollege‹ aus Holdens Mund freute ihn mehr als ein Wochenhonorar von Mr. Drike.
»Sie haben Dulcan und Housman auch erkannt?« fragte er und nickte zu den friedlichen Picknickenden hin.
»Ja. Aber viel wichtiger ist Cortone.«
»Den kenne ich nicht.«
»Er segelt gerade und ist dabei, die größte und nachhaltigste Dummheit seines Lebens zu begehen.«
»Was will dieser ganze Klub hier in Deutschland? Das hängt doch mit den Olympischen Spielen zusammen, nicht wahr?«
»Sicher.« Holden ließ seine Camelpackung herumgehen … auch Beutels nahm eine. In einer Badehose, auch wenn sie noch so modern, ist kein Platz für Zigarren. Hersteller von Badehosen sollten dieses Problem bei zukünftigen Entwürfen berücksichtigen. »Können Sie schweigen, Pinipopoulos?«
»Und wie.«
»Ich auch.«
Pini war weit davon entfernt, sich verletzt zu fühlen. Er lachte leise, inhalierte den Camelrauch und streckte sich aus. Die Sonne begann ihm die Wassertropfen von der Haut zu saugen. »Also etwas Politisches.«
»Halb politisch. Zufrieden?«
»Voll und ganz. Ich beobachte Mrs. Drike. Die üppige Blonde dort drüben, die unter Wasser ›Greif zu … ei, was hab' ich da?‹ spielt. Ein guter Job, der dem Jahresgehalt eines Konzerndirektors entspricht. Zu höherem Ruhm fühle ich mich gar nicht berufen. Nur eins, Mr. Holden: Housmans Anwesenheit deutet darauf hin, daß die Finger krumm gemacht werden.«
»Das befürchte ich auch«, sagte Holden.
»Um Himmels willen, bloß keine Knallerei!« Beutels setzte sich kerzengerade auf. Sein Bauch quoll über den Hosenrand. »Ich habe eine tiefe Abneigung gegen Hollywood-Kriminalistik. Muß denn immer geballert werden? Holden, bei – sagen wir – 1.000 Kapitalfällen in Deutschland wird vielleicht sechsmal von der Waffe Gebrauch gemacht. 994 schwere Brocken werden ganz still, für amerikanische Begriffe fast gemütlich, kassiert. Warum diese Schießerei?«
»Vielleicht hängt es mit unserem absoluten Freiheitsbewußtsein zusammen. Freiheit um jeden Preis! Der Deutsche ist gewöhnt, der Obrigkeit zu gehorchen. Also werden auch die Kriminellen im entscheidenden Augenblick brave Bürger, die diese Obrigkeit anerkennen. Reine Erziehungssache – über Jahrhunderte hinweg. Ererbte Strammstehtradition. Alles, was amtlich ist, kommt gleich nach Gott.«
»Neben Gott, Holden.« Beutels lachte väterlich. »Dem Himmel sei Dank, daß es so ist. Stellen Sie sich vor, unsere an Beamtenruhe gewöhnten Polizisten würden mit amerikanischen Methoden konfrontiert … dieses plötzliche Chaos! Mir genügt unser jetziger Fall vollauf. Ich möchte so was nicht noch einmal in die Finger bekommen.«
Sie blickten über den See. Weit draußen, jetzt nur noch ein weißer, langsam gleitender Fleck, zog Cortones Boot über das glitzernde Wasser. Es war kaum Wind. Bayrisches Sommerwetter. Ein blauer Himmel mit Schäfchenwolken. Ganz fern, nur angedeutet, wie im Unendlichen schwimmend, glänzte die steile Wand der Alpen.
»Ein Sauföhn!« sagte Beutels. »Ich muß einen Cognac trinken. Wer kommt mit?«
»Ich.« Pinipopoulos erhob sich. Holden blieb liegen. »Ich halte solange Wache«, sagte er.
»Aber in meiner Abwesenheit keine Knallerei!«
»Ich schieße doch nicht auf Menschen, die mit sichtbarem Genuß essen.«
»Das kann sich schnell ändern«, sagte Pinipopoulos.
»Aber nicht heute.« Holden ließ sich zurückfallen. »Wir werden uns noch einige Tage ruhig sonnen können.«
Hotel ›Alpenrose‹
Wo Emma Pischke auftauchte, mußte sie auffallen. Das war kein Wunder, denn selten sah man eine so imposante Frauengestalt wie sie.
Holden und Beutels blickten darum auch hoch, als der menschliche Berg über die Terrasse der ›Alpenrose‹ walzte und mit Donnerstimme nach einem Mr. Steven Olbridge fragte.
»O Schreck!« sagte Beutels leise. »Die ›Dicke Emma‹. Was will denn die hier?«
»Kennen Sie diesen Wolkenkratzer?«
»Wer kennt sie nicht in München?« Plötzlich zuckte Beutels
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