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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gleißende Licht, hundertfach reflektiert, bohrte sich in die Netzhäute.
    In der Mitte des heiligen Hains kniete ein junger, schwarzlockiger Läufer, eine noch jungfräuliche Fackel in der Hand. Vor ihm auf einem Steinaltar, wie zum Opfer bereit, lag, noch zugedeckt, der große Brennspiegel, mit dem die Sonne, die Zeus der Erde schenkte, das Feuer entfachen sollte. Das Feuer, für dessen Diebstahl Prometheus einst von dem Gott bestraft worden war, jenes Feuer, das Fortschritt bedeutete, aber auch Vernichtung war, wurde jetzt zum Symbol der Reinheit, des Friedens, der Brüderlichkeit aller Völker.
    Prometheus hatte gesiegt. Die Welt war eine Einheit, sobald die Flamme von Olympia zu leuchten begann.
    Unter den feierlichen Klängen einer sphärenhaften Musik umwandelten die wallenden Priesterinnen den Altar, hoben dann den riesigen Brennspiegel hoch, drehten ihn zur Sonne und fingen die Strahlen ein, die Leben bedeuteten.
    Die konzentrierte Hitze, in dem geschliffenen Glas zu einem einzigen Strahl verschmolzen, traf die bronzene Schale mit dem Brennmaterial. Ein dünner, weißer Rauch quoll hoch, stieg kerzengerade auf, von keinem Wind gestört, nur von der Sonne, die ihn geboren hatte, angezogen … dann züngelte die Flamme hoch, das Geschenk der Götter, des Lebens reinigende Glut.
    Der schwarzgelockte Läufer hielt seine Fackel in die Flamme. Sie nahm das Feuer auf, brannte … hochgereckt, des Prometheus' Beute dem Himmel und der Welt und allen brüderlichen Menschen anbietend, stand der Läufer da, sein vom Schweiß überströmtes Gesicht glänzte in fast himmlischer Verklärung, langsam drehte er sich, allen das Wunder zeigend, die Zeugung aus der himmlischen Hitze, die Kameras surrten, Jubel brandete auf, Händeklatschen, ein Wall von Armen flog empor zum Gruß …
    Dann setzte sich der Läufer in Bewegung. Mit erhobenem Arm verließ er, geschmeidig im Schritt, den heiligen Hain, durch eine Gasse von Jubel und Verzückung, die Fackel mit dem lodernden Feuer über seinen Locken.
    Der erste Läufer war unterwegs. Die erste Olympische Fackel der XX. Olympischen Spiele verließ die Ruinen, um durch acht Länder getragen zu werden, von 5.100 Läufern, von denen jeder 1.000 Meter laufen würde, um dann das Feuer weiterzugeben.
    Durch Griechenland und die Türkei, durch Bulgarien, Rumänien, Jugoslawien, Ungarn und Österreich, über Patras, Delphi und Athen, Thessaloniki, Alexandropolis und Sofia, Bukarest, Temesvar und Belgrad, Novi Sad, Subotica, Szeged und Budapest, Györ, Wien, Linz und Salzburg, um dort, nach Freilassing zu, die deutsche Grenze zu überschreiten.
    Eine gasgespeiste Fackel würde dann die Flamme aufnehmen, 75 Zentimeter lang, 750 Gramm schwer, aus Stahl gedreht von derselben Firma Krupp in Essen, die einmal die Kanonen lieferte, die die ganze Welt erschütterten. Jetzt lohte das Feuer der Brüderlichkeit von ihrem Stahl, die Flamme des Friedens, von Hand zu Hand gereicht, die Völker verbindend für ganze 16 Tage.
    16 Tage Brüderlichkeit durch eine Flamme.
    16 Tage Reinheit.
    Danach würden Stahl und Feuer wieder der Grundstoff für Kanonen und Granaten sein.
    Was für eine Welt!
    Verfiel Prometheus einem schrecklichen Irrtum, als er vom Olymp das Feuer für die Menschen stahl? Wurde er bestraft, weil Zeus die Menschen besser kannte?
    Der erste Läufer mit der ersten Fackel erreichte den Rand des Ruinenfeldes von Olympia. Das weite Land lag vor ihm, flimmernd im Sonnenglast.
    Es war der 20. Juli.
    In Tutzing putzte Bertie Housman seinen Revolver mit geradezu mütterlicher Zärtlichkeit.

Tutzing
    Dr. Hassler war natürlich nicht gekommen. Er rief Cortone an, mit veränderter Stimme, wie Cortone verblüfft feststellte, einer Stimme, die so widerlich preußisch klang, wie ein Amerikaner sich einen Preußen vorstellt und wie er auch immer von Sternheim im Film gespielt wurde. Mit Bürstenhaarschnitt und Monokel. Cortone empfand einen Ekel gegen diese Typen, und Dr. Hassler tat alles, diesen jetzt zu verstärken.
    »Sie brechen also unsere Abmachungen?« schnarrte er.
    »Ich will nur, daß wir uns persönlich zusammensetzen.«
    »Ihre Neugier kostet Sie 30 Millionen, nein 33 Millionen, die Entwicklungskosten eingeschlossen.«
    »Und Sie können Ihre Staatsmänner nicht in den Himmel jagen, Doc! Ihr sogenanntes Lebenswerk ist Scheiße geworden!« Cortone tat es gut, einmal wieder in alter Manier zu reden. »Wie Sie's auch drehen – wir sind immer quitt!«
    »Irrtum! Ich kann Sie der Polizei

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