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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und wartete, das breite Eingangstor immer im Blick.
    Platzer hatte Glück. Dulcan, von dunklen Ahnungen erfüllt, nach dem Telefongespräch mit dem Syndikat von Cortones irrem Plan noch wie betäubt, hatte dem Drang nachgegeben, sich heute mit Gästen zu umgeben. Er konnte an diesem Abend nicht allein sein, die Unruhe in ihm war zu elementar.
    Wenn man Dulcans Gäste kennt, versteht man, warum er sich in ihrer Gesellschaft sicher fühlte. Vier Politiker mit ihren Frauen waren darunter, ein Polizei-Distriktchef, ein Reeder, der sich bei der nächsten Wahl als Senator vorstellen wollte und mit Dulcans Wahlfonds-Unterstützung rechnete, zwei Professoren der Universität New Jersey – einer für Geschichte, der andere für Ägyptologie –, ein paar Freunde aus Dulcans Kampfjahren und, dazwischen verteilt, in korrekten Smokings, Gentlemen wie aus dem Bilderbuch ›Der vollkommene Mann‹: vier Experten für schnelles und genaues Schießen. Einwanderer aus Sizilien sind von Natur aus mißtrauisch gegen ihre Schulfreunde.
    Aber die beste Sicherung nutzt nichts, wenn man alte Ideen vergißt. Platzer wärmte sie wieder auf, als er sah, wie fünf dunkle, schwere Limousinen hintereinander vor Dulcans Villa darauf warteten, daß sich das automatische Tor öffnete. Er schlich, ein huschender Schatten, zum letzten Wagen, duckte sich, probierte am Schloß des Kofferraumes, fand es unverschlossen, hob vorsichtig und lautlos den Deckel und schlüpfte mit der Gewandtheit einer Katze hinein. Damit das Schloß nicht wieder einrastete, schob er als Sperre den Lauf seiner Pistole dazwischen.
    Sekunden später ruckte der Wagen an. Im Kofferraum des republikanischen Politikers Geoffrey Parker rollte Platzer in den Garten und auf den Parkplatz neben dem weißen Haus. Aus den Büschen beleuchteten Scheinwerfer die Fassade. Ein Märchenpalast, den sich Dulcan im Stil sizilianischer Herrensitze hatte bauen lassen. Südlich heiter, mit Säulchen und Bögen, Erkern und Balkonen, Innenhöfen und plätschernden Brunnen, nachgemachten antiken Plastiken und riesigen Blumenvasen aus behauenem Stein.
    Platzer wartete ein paar Minuten, hob dann den Kofferraumdeckel und lauschte hinaus. Aus der Villa tönte flotte Musik … Dulcan hatte eine Vier-Mann-Band engagiert, die für Stimmung sorgte. Unter dem säulengetragenen Eingang stand im weißen Smoking Harvey Long und wartete auf weitere Gäste.
    Lautlos ließ sich Platzer zu Boden gleiten, blieb hinter dem Wagen liegen und wartete, bis ein neuer Gast vorfuhr. Die Begrüßung benutzte er, um mit ein paar Sprüngen im Park unterzutauchen und in einem weiten Bogen das Haus zu umgehen. Von der Seeseite her kam er wieder zurück. Vor ihm lag die hellerleuchtete Terrasse, die breiten Glastüren waren zur Seite geschoben, ein Teil der Gäste saß draußen, wurde von Infrarotstrahlern beheizt und genoß den neuen Clou von Ted Dulcan: Er hatte aus Europa Strandkörbe kommen lassen, sie weiß lackiert und als Attraktion überall in seinem Park aufgestellt. Seine Gäste fanden das wahnsinnig romantisch.
    Platzer hockte sich hinter eine Platane und schraubte mit der ruhigen Bewegung, mit der man eine Uhr aufzieht, den Schalldämpfer auf den Lauf seiner Pistole. Er empfand gar nichts dabei. Der eine verkauft Äpfel, der andere handelt mit Briefmarken, es gibt Leute, die Kleider an die Frau bringen oder anderen Menschen Schuhe anprobieren … Platzer tötete. Ein reeller Beruf. Wenn eine Regierung das Töten befiehlt, bekommt man sogar Orden dafür und darf sich Held nennen. Wer sieht da einen Unterschied? Lediglich die Größenordnung ist anders. Der Mangel an Moral ist überall gleich.
    Es war sicher, daß Dulcan einmal auf die Terrasse treten würde, um mit seinen Gästen zu plaudern. Die Entfernung von der Platane, hinter der Platzer saß, bis zu den ersten Strandkörben betrug fünfzehn Meter. Die Musik war laut genug, hämmerte die Rhythmen rücksichtslos in die fast feierliche Stille, die vom Wasser herüber durch den Park schwebte, eine Stille, die noch unterstrichen wurde von den lautlosen Lichtern der Boote und Schiffe, die über die Lower Bay und in den riesigen Leib New Yorks glitten.
    Platzer schob mit dem Daumen den Sicherungsflügel seiner Waffe zurück. Eine vertraute Bewegung wie Pfeifenstopfen.
    »Du bist ein dämlicher Hund!« sagte in diesem Augenblick eine Stimme hinter ihm. Platzer reagierte sofort. Er warf sich herum und zur Seite, aber gleichzeitig erkannte er auch, daß er bereits ein toter

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