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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kümmern. Die Briefe hätte auch ein anderer schreiben können. Jetzt war es zu spät, die Sache zu weit vorgetrieben, um diesen Dr. Hassler mit seinen undurchsichtigen Ideen in eine stille Ecke zu stellen. »Bossolo war ein guter Mann für mich.«
    »Er wird jetzt ein noch besserer sein. Er ist Heizer geworden.«
    »Was ist er?« funkte Cortone völlig ratlos zurück.
    »Er wird dem Olympischen Komitee einheizen, daß ihnen die Kleider vom Leibe fallen. Kaufen Sie sich in den nächsten vier Tagen die Zeitungen. Ende.«
    Cortone drückte auf einen Knopf, die lange dünne Antenne surrte in ihr Gehäuse zurück, das Dach schloß sich wie zwei Lippen und rastete schmatzend in den Gummidichtungen zusammen. Dann griff Cortone zum Telefon – für seine Begriffe die größte Erfindung der Menschheitsgeschichte – und klingelte Jack Platzer aus dem Bett. Es war 8 Uhr morgens; Platzer schlief erschöpft, zusammengerollt wie ein Igel, denn er hatte die ganze Nacht Jagd auf Ted Dulcan gemacht. Er sah ihn nur einmal, als er mit einem Kongreßabgeordneten aus dem Speisesaal des Hilman-Hotels trat und schnell zu seinem Rolls-Royce lief. Platzer hatte gar nicht erst den Versuch gemacht, ihm ein Ding zu verpassen. Bertie Housman und Harvey Long schirmten Dulcan vorzüglich ab, und außerdem war der Kongreßabgeordnete immer so nahe bei ihm, daß ein sicherer Treffer ein reiner Glücksfall gewesen wäre. Und auf das Glück wollte sich Platzer lieber nicht verlassen: Dulcan mußte mit dem ersten Schuß erledigt werden, zu einem zweiten würde Platzer nicht kommen. Dazu kannte er Housman zu gut. Abdrücken und weg … das war die einzige Taktik, die hier möglich war.
    »Wir müssen nach München«, sagte Cortone mißgelaunt. »Wie geht es Ted?«
    »Er aß gestern bei Hilman Fasanenbrust mit Morcheln.«
    »Wie mich das freut!« Cortone warf den Hörer zurück. So alt und dämlich ist man geworden, dachte er. Da hat man die wilden dreißiger und vierziger Jahre ohne einen Kratzer überstanden – das will was heißen, wer von den alten Jungs kann das schon von sich sagen? –, man hat Al Capone überlebt, Dillinger, Lucky Luciano, die Genna-Brüder, diese ganze legendäre Mafia-Generation, und muß nun im Alter in ein solches Abenteuer stolpern, und wegen dieses Biests Lucretia Borghi. Das ärgerte Cortone am meisten, das ging ihm näher als alle andern Enttäuschungen.
    Cortone zog die Schublade seines Schreibtischs auf und betrachtete die stets schußbereite, gutgepflegte und geölte automatische Pistole. Er konnte sich kaum noch erinnern, wann er sie – außer auf dem Schießstand seiner Sportschule – benutzt hatte. Nach dem Krieg nur einmal, tatsächlich, im Jahr 1946, als Cortone zwei Liberty-Schiffe ›kaufte‹, bereits aus zweiter Hand, von dem Norditaliener Reno Marto, der davon träumte, ein großer Reeder zu werden. Marto überlebte einen Jagdausflug in die Berge nicht; die polizeilichen Ermittlungen ergaben einen klaren Unglücksfall. Dummerweise hatte Marto die Kaufverträge bereits unterzeichnet, als seien sie voll bezahlt worden. So übernahm Cortone zwei Schiffe, ohne einen Dollar auf den Tisch zu legen, fuhr viermal mit ihnen nach Nord-Korea und lieferte Waffen ab, fand dann an der Reederei keinen Spaß mehr und gab die beiden Schiffe mit Gewinn an seinen Landsmann Ignazio Veronese ab.
    Veronese besitzt heute eine bekannte und blendend organisierte Frachtschiffslinie rund ums Mittelmeer.
    »Das Beste ist das, was man allein tut!« sagte Cortone zu sich selbst und steckte die Pistole ein. »Man müßte nur 20 Jahre jünger sein.«

München
    Pietro Bossolo konnte sich nicht beklagen. Die Behandlung bei der deutschen Polizei war gut. Seine Zelle war warm und sauber, zu essen gab es reichlich, er durfte sogar rauchen. Er hatte natürlich keine Ahnung von der Anordnung Beutels: »Haltet ihn bei guter Laune. Er ist mein Goldstück.«
    Die Verhöre begannen noch in der Nacht. Allerdings machte man den Anfang nicht mit Bossolo. Beutels und Abels – sie hatten abgesprochen, gemeinsam eine Zange zu bilden – ließen zuerst Hans Bergmann vorführen. Auch er saß in der Polizeizelle. Beamte der Sonderkommission hatten seine Kleider aus dem verwilderten Garten geholt, er konnte endlich den Gummianzug abstreifen und sich umziehen. Auch Bossolo hatte sein Versteck angegeben, denn er sehnte sich nach seinen bequemen Schuhen und dem weichen Rollkragenpullover. Beutels konnte seinen Spott nicht verbergen.
    »Genau unter den Augen

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