Die Drohung
des Bundesverfassungsschutzes und vor einem Zug Pioniere ist er ins Wasser gegangen«, sagte er zu Abels. »Drei Herren, habe ich erfahren, sollen sogar an der Hüttentür gerüttelt haben. Es ist wirklich erstaunlich, daß bei soviel Sorglosigkeit die Bundesrepublik überhaupt noch besteht.«
Hans Bergmann machte sich keinerlei Sorgen, als er in das Zimmer von Beutels geführt wurde. Seine Pressekarte lag längst bei den Akten – er hatte sie sofort am See überreicht, zog sie unter dem Gummianzug hervor mit einer großen Geste. Beutels hatte sie angenommen, ohne einen Blick darauf zu werfen.
»Wir kennen uns ja schon«, sagte er jetzt. »Hans Bergmann, geboren in München, wohnhaft Harlaching.«
»Bei Südfruchtgroßhändler Aloys Prutzler, jawohl.« Bergmann grinste. »Apfelsinen und Bananen sind ein Geschäft, kann ich Ihnen sagen! Wissen Sie, wie Prutzler vor dem Krieg angefangen hat? Mit einem Handkarren auf dem Viktualienmarkt.«
»Was sollten Sie im Chiemsee?« fragte Abels. Darüber, wie man ein Verhör am besten führt, war er anderer Ansicht als Beutels. Beutels machte es gemütlich, wie eine Bierrunde, und das war nach Abels' Auffassung eine große Gefahr … Abels, der Preuße, liebte keine barocken Schnörkel, er marschierte aufs Ziel zu.
»Fotografieren, das wissen Sie doch.«
»Was fotografieren?«
»Die Übergabe von 100.000 Dollar mittels eines Motorboots.«
»Sie sind also der Schreiber der Drohbriefe?«
»Das ist doch absurd!« Bergmann merkte, daß man ihm eine weite Falle aufgebaut hatte und ihn nun hineinlockt. »Ich bin Journalist. Ich habe Kenntnis von einem Vorgang erhalten, der so ungeheuer ist, daß …«
»Es ist ungeheuer.« Beutels griff wieder ein. Gemütlich, zigarrenrauchend (eine Brasil), vor sich ein großes Glas Bier. »Sie wissen alles?«
»Die beiden A-Bomben im Olympiastadion?«
»Eine tolle Sache, was? Wenn sie am 26. August gezündet werden … es sind dann schätzungsweise 81.000 Menschen im Stadion, 400 Kaiser, Könige, Regenten und Ministerpräsidenten, der Bundespräsident, der Bundeskanzler, Minister … damit ist mit einem Schlag die halbe Welt ohne Oberhäupter. Alle Spitzensportler aus 140 Nationen werden weggefegt, dazu 4.000 Journalisten – Ihre Kollegen, Herr Bergmann – und 2.500 Rundfunk- und Fernsehtechniker, in zwei Restaurants und 17 kleineren Gaststätten werden über 25.000 Menschen sitzen, 74.000 Quadratmeter Zeltdach aus Acrylglas werden einstürzen und die Massen unter sich begraben, die neue Parklandschaft, in die man 5.000 Bäume versetzt hat, wird ein einziger Krater werden, der künstliche See wird verdunsten …« Beutels holte Luft. Sein Gedächtnis für Fakten und Zahlen war einfach phänomenal. »Ja, das alles ist eine tolle Sache! Ein Journalistenknüller, wie er nie mehr auf dieser Erde vorkommen wird!«
»Außerdem wird ganz Bayern unter einer radioaktiven Wolke liegen«, sagte Bergmann nüchtern. »Diese Wolke wird weitertreiben, wohin gerade der Wind weht … sie wird ganz Europa bedrohen.«
»Herrlich, nicht wahr?« Beutels kaute auf seiner Zigarre. Seine Hände umklammerten das Bierglas. »Das ist mal eine Artikelserie! Damit gewinnt man den Goldenen Füllfederhalter!«
»Ich schreibe direkt in die Maschine.«
»Wenn Sie dann noch tippen können, Bergmann!«
»Warum erzählen Sie mir das alles, Herr Rat?« fragte Bergmann. »Ich kenne die Auswirkungen dieser Explosionen genau.«
»Und Ihre Kenntnis reicht nicht aus, Ihnen den Mund zu öffnen?«
»Was wollen Sie hören? Ich kann Ihnen nur sagen, daß ich mit dieser Drohung nichts zu tun habe.«
»Das ist mir klar! Mich interessiert Ihr Informant.«
»Herr Rat –« Bergmann wollte weitersprechen, aber Beutels winkte ab.
»Ich weiß, ich weiß. Pressegeheimnis! Informanten brauchen nicht genannt zu werden, wenn der Wahrheitsbeweis angetreten werden kann. Der Beweis geht am 26. August in die Luft! Mir klar. Aber, Bergmann, hier geht es nicht um eine Soraya-Geschichte oder um die Potenz von Onassis, sondern um eine unmeßbare Katastrophe! Entweder wir blasen die Olympischen Spiele ab … das wäre neben einem Milliardenschaden auch eine unauslöschliche Blamage für Deutschland … oder wir leben auf dem Vulkan und reden uns ein, daß alles nur gezielte Panikmache ist. Dann könnte es zu dieser Katastrophe kommen.«
»Sie haben eine Alternative vergessen, Herr Rat: Oder man zahlt den Preis für die Drohung: 10 Millionen Dollar. Das wäre nicht einmal der hundertste
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