Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Chef, dieser phantasielose Eunuch, wird nicht mehr sagen können: »Hans, Sie sind besoffen!«
    Himmel, wie mich das beleidigt hat!
    Drüben, auf Herrenchiemsee, ist alles dunkel. Zu dunkel. Die Gestalten sind in der Nacht untergetaucht. Nach meiner Berechnung muß der Geldholer schon unterwegs sein. Sein Weg ist weiter als meiner, wenn er nicht gerade neben mir ins Wasser springt.
    Ich wassere jetzt auch. Sauerstoffflaschen auf den Rücken, Nasenklemme, Atemschlauch mit Mundstück zwischen die Zähne. Und dann hinein.
    Ich werde sofort auf Tiefe gehen und nach dem Leuchtkompaß an meinem linken Handgelenk schwimmen. Ich habe alles genau berechnet. Das hört sich alles so einfach an, ist aber eine Meisterleistung für mich. Im Rechnen war ich immer eine Niete. Vielleicht sind daher meine Honorare so niedrig?
    Aber von heute an wird das anders sein. Ich weiß, was ich wert bin.

Bootssteg
    Pietro Bossolo ließ sich fast lautlos ins Wasser gleiten. Das leise Plätschern war nicht verräterisch … immer wieder schlugen Wellen gegen die in den flachen Seeboden eingerammten Baumstämme, über die man den jetzt faulenden Bootssteg gebaut hatte. Bossolos Platschen ging in der Nacht unter wie ein ganz natürliches Geräusch … als er erst einmal im See schwamm, fischgleich, die Arme angelegt, nur mit den Schwimmflossen an den Füßen leise wedelnd, berührte ihn nicht das geringste Gefühl von Gefahr.
    Einfacher kann man ein Vermögen nicht verdienen, dachte er freudig. Ich bin ein im juristischen Sinne sauberer Mensch. Meine Papiere sind in Ordnung, ich habe meine Stellung als Eisenflechter bei der Olympiabaugesellschaft durch die Vermittlung des staatlichen italienischen Zentralarbeitsamts bekommen, ich bin nicht vorbestraft, weder in Deutschland, noch in Italien (Madonna, da habe ich immer Glück gehabt) und auch nicht in den USA, wo Maurizio Cortone im Zweifelsfall immer ein Alibi zur Hand hatte.
    Wenn Papa wüßte, wie in dieser Nacht unser Reichtum beginnt. Er würde in der Chiesa S. Leobaldo eine Kerze stiften und eine Messe lesen lassen.
    Nie mehr auf einen Lire spucken, ehe man ihn ausgibt … das ist vorbei. Es heißt immer: Er schwimmt im Glück! Wie wahr … ich schwimme dem Glück entgegen.
    Mit langen, gleichmäßigen Zügen schwamm Bossolo zur Mitte des Sees. Aber dann tat er auch das, was Hans Bergmann von der anderen Seite aus praktizierte … er ging auf Tiefe. Dort bewegte er sich lautlos weiter, ließ sich dann nach oben schießen, reckte den Kopf kurz aus dem Wasser und sah sich um.
    Das Boot war unterwegs. Er hörte in der Stille der Nacht das laute Tuckern des Außenbordmotors. Ein Stakkato, das Geld brachte. Melodie der problemlosen Zukunft.
    Bossolo tauchte wieder weg und blieb auf der Stelle. Er hatte noch lange Zeit, an zu Hause zu denken, an das kleine, schmutzige, armselige Dorf Alvarengo, an die niedrigen Häuser aus Felsstein mit den Dächern aus geschichteten Steinplatten, an die streunenden Hunde und Katzen, die kargen Gärten und die Felder, die Ziegen, die das harte Gras zwischen den Steinen abrupften, und die gnadenlose Sonne, die von der einen Hälfte der Menschheit angebetet, von der anderen verflucht wurde. Alvarengo, Gottes vergessenes Dorf in Kalabrien … Bossolo, schwerelos unter der Wasseroberfläche stehend, hätte geseufzt, wenn es mit Atemschlauch möglich gewesen wäre. Er liebte dieses Alvarengo, vielleicht weil er es immer verflucht hatte.
    Das kleine Motorboot zog knatternd über den kaum bewegten See.
    Von Herrenchiemsee aus beobachteten Beutels, Dr. Herbrecht, Abels und vier andere Herren der buntgemischten ›Sonderkommission‹ den sich immer mehr zur Seemitte entfernenden Punkt. Abels hatte noch einen einfachen Trick angewandt … er hatte die Oberkante des Motors mit einer Phosphorfarbe streichen lassen. Man erkannte auch auf weite Entfernung immer den schwachschimmernden Strich in der völligen Dunkelheit.
    Ein Mann mit einem Sprechfunkgerät beugte sich zu Beutels vor.
    »Alle Mann im Wasser«, flüsterte er.
    »Warum hauchen Sie so, mein Lieber?« sagte Beutels in normaler Lautstärke. »Die Gangster sind draußen im See, nicht zwischen unseren Beinen.«
    Ein Beutels-Witz. Es durfte gelacht werden, aber keiner tat es. Die Spannung, das Unheimliche der gegenwärtigen Situation lag wie ein Druck auf allen. Dort draußen schwammen 100.000 Dollar, für einen Mann oder eine Clique bestimmt, die wohl die größte Drohung aller Zeiten ausgegeben hatten.
    »Hören Sie

Weitere Kostenlose Bücher