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Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Mutter«, widersprach Tuline.
    Herine leerte ihren Weinkelch. »Nein?«
    »Nein«, bekräftigte Tuline.
    Herine blinzelte und betrachtete ihre Tochter. Groß im Vergleich zu Herine. Ein wenig schlicht vielleicht. Aber schlank und königlich und mit den durchdringenden Augen, die alle Frauen der Del Aglios besaßen. Der rote Schleier vor Herines Augen löste sich auf, und sie schauderte. Dann runzelte sie die Stirn.
    »Warum kann ich das nicht tun?«
    Tuline glättete ihre Toga, stand auf und ging zu einigen Regalen neben dem Tisch, an dem sie saßen. Mit einem dicken Packen von Dokumenten kehrte sie zurück.
    »Deshalb«, erklärte sie und warf die Papiere auf den Tisch. Der dumpfe Knall ließ das Geschirr scheppern.
    »Sag es mir einfach und mach nicht so einen Akt daraus«, erwiderte Herine.
    »Ich habe Berichte bekommen und Gerüchte gehört, sobald die Anweisung zur Mobilmachung erlassen war. Die ständigen Vertreter hier im Palast, vor allem jene aus Tundarra, Phaskar und Morasia, haben sich missmutig geäußert, sich zugleich aber auch überheblich gezeigt. Sie haben sich untereinander beraten, und man musste nicht lauschen, um zu wissen, welcher Stimmung sie waren.«
    Tuline breitete einige Papiere aus.
    »Hier habe ich verschiedene Einzelheiten, aber bei Weitem nichts Erschöpfendes, über alle Vertragsbeziehungen, die wir zu den rebellischen Provinzen unterhalten, wenn ich sie so nennen darf.«
    »Dein Begriff ist höflicher als das, was ich gesagt hätte, aber es soll mir recht sein«, erwiderte Herine.
    Sie betrachtete ihre Tochter mit neuen Augen, und als sie bemerkte, wie Vasselis die Augenbrauen hochzog, lächelte sie und war stolz auf ihr Kind. Tuline konzentrierte sich dagegen auf die Vertragstexte.
    »Wir haben ein Abkommen mit Morasia über die Lieferung von Eisen und Stahl. Abgesehen von Caraduk und Estorea gibt es die besten Pferdezüchter in Phaskar, wie du ja weißt. Wir kaufen dort eine Menge Pferde. Das tundarranische Holz und Tuch sind die besten außerhalb von Sirrane. Auch ihre Lederwaren sind ziemlich gut.
    Im Norden von Phaskar gibt es fruchtbare Ländereien, in den tundarranischen Ebenen wird Vieh gezüchtet, und die …«
    »Schon gut, schon gut, ich hab’s verstanden«, sagte Herine. »Aber ich will dir deinen ruhmreichen Augenblick nicht verderben, also fahre fort.«
    »Was?«
    Tulines Unschuldsmiene war beinahe komisch.
    »Sag mir einfach, worauf du hinauswillst.«
    »Wenn wir den kommenden Krieg durchfechten und gewinnen wollen, können wir nicht die wirtschaftlichen und diplomatischen Beziehungen zu diesen Ländern abbrechen. Und das wissen sie auch.«
    Herine hob hilflos beide Hände. »Wie, in aller Welt, soll ich dann meine Rachsucht befriedigen?«
    Es dauerte einen Augenblick, bis Tuline bemerkte, dass ihre Mutter einen Scherz gemacht hatte, und laut auflachte.
    »Also, das weiß ich nicht, Mutter. Ich sagte, wir können die Beziehungen nicht abbrechen, aber das heißt nicht, dass wir ihnen nicht zusetzen können. Sie wissen zwar, dass wir sie brauchen, aber wir wissen, dass sie auch uns brauchen. Im Augenblick ist es eine Allianz der Bedürftigen.«
    »Da wäre noch etwas«, fügte Vasselis hinzu. »Wir sind im Augenblick zwar dezimiert, aber die Konkordanz befehligt immer noch mehr Kräfte als sie, selbst wenn sie sich verbünden, was sie aber nicht tun werden. Wenn wir wollten, dann könnten wir jedes dieser Länder besetzen, und sie müssten ohnmächtig zuschauen.«
    »Aber so weit werden wir nicht gehen«, erwiderte Herine. »Hör doch auf.«
    »Das wissen sie allerdings nicht. Es kann ja nicht schaden, hier und da ein paar missverständliche Andeutungen fallen zu lassen, oder?« Vasselis lächelte. »Reicht dir das, um deiner Wut ein Ventil zu geben?«
    »Für den Augenblick schon«, sagte Herine. »Danke, Arvan.«
    »Überlege es dir«, fuhr Tuline fort. »Die Rebellen setzen darauf, dass es einen langwierigen Konflikt gibt, in dem wir uns um die zweitausend Meilen lange Grenze mit Tsard kümmern müssen. Überlege dir, wie wir dastehen, wenn wir den Krieg sehr schnell gewinnen.«
    »Tuline, du bist heute reifer geworden als an jedem anderen Tag deines Lebens auf dieser Erde. Ich war schon immer stolz auf dich, meine Tochter, aber heute hast du meinen Glauben in dich gerechtfertigt, und das ist ein größeres Geschenk, als du es dir überhaupt vorstellen kannst.«
    Tuline errötete, und Herine beugte sich vor, um sie auf die Stirn zu küssen.
    »Hast du Befehle, meine

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