Die dunkle Armee
schließt auch Euch und mich ein. Werdet keiner von ihnen, Julius, sonst muss ich auch Euch verbrennen.«
Die Toten marschierten über das verwüstete Gelände. Der widerwärtige Gestank trieb Roberto die Tränen in die Augen. Es roch wie ein Kadaver, der fünf Tage lang in sengender Sonne verrottet war. Im Gestank, der vom Boden aufstieg, sammelten sich bereits die Fliegen. Tsardonische und konkordantische Tote erhoben sich gemeinsam. Viele hatten Geschwüre, offene Wunden und eine kranke grünliche Hautfarbe. Wenn sie ausatmeten, wehten Wolken von Sporen aus ihren Mündern.
Roberto betete, seit sie sich erhoben hatten, dass sie rasch weiterziehen mochten. Die schwarze Woge war längst wieder abgeebbt, und er war sicher, dass sie jetzt gefahrlos auf der Erde laufen konnten. Doch es wäre im Augenblick ein tödlicher Fehler hinabzuspringen, denn alle toten Männer und Frauen waren mit Schwert und Schild bewaffnet. Sie bewegten sich geordnet und formierten sich am Fuß der Felswand auf dem freien Gelände.
Bisher hatten sie noch nicht daran gedacht, am Seil hochzuklettern und den Pfad zur Klippe zu erreichen. Vielleicht waren die Toten nur in der Lage, einer einzigen, einfachen Anweisung zu folgen. Entweder die gesamte Streitmacht der Toten würde es versuchen, oder kein Einziger von ihnen. Roberto glaubte nicht, dass Gorian hier seine Zeit verschwenden würde. Tausende von Toten versammelten sich hier. Sie schwiegen und warteten, nur hin und wieder klirrte irgendwo Metall. Roberto machte sich Sorgen, weil er sich keinen Grund für dieses Verhalten vorstellen konnte. Er fürchtete, sie warteten auf einen lebenden Tsardonier, der wieder zwischen ihnen marschieren sollte. Die Toten blickten nicht nach oben, aber ein lebender Mensch würde sofort die hilflosen Bürger der Konkordanz entdecken, die in der Felswand hingen.
Als Julius wieder etwas sagte, blickte Roberto hinüber und erschrak. Der Sprecher hatte sich vorgebeugt und blickte auf die Toten hinab, die sich unter ihm sammelten. Zuerst glaubte Roberto, ein gemurmeltes Gebet zu hören, aber dann hob der Priester die Stimme.
»Wendet euch ab vom Pfad des Bösen. Legt euch nieder zur Ruhe und kehrt in die Umarmung Gottes zurück. Dies ist nicht euer erneuerter Zyklus. Stimmt mit mir ein in das Gebet für jene, die mit euch wandeln. Lasst mich euch den Weg in die Umarmung des Allwissenden zeigen. Euer Herrscher ist nicht Gott, sondern ein Mensch. Richtet euren Willen gegen ihn und haltet ihn auf. Ich werde euch helfen, ich komme zu euch hinunter.«
»Julius, das könnt Ihr nicht tun.«
»Sie müssen auf mich hören, Botschafter.« Julius’ Stimme klang erstickt. »Seht sie doch an, wie verwirrt sie sind. Sie sind allein, obwohl sie in einer Menge stehen. Ich kann mich nicht selbst retten, während so viele verloren sind.«
»Julius, seht mich an. Bitte.«
Der Sprecher drehte den Kopf herum, sein Blick irrte hin und her und fand kein Ziel. Er atmete heftig, seine Miene war in selbstgerechtem Zorn verzerrt.
»Niemand wird den retten, der nicht versucht, einen anderen zu retten«, erwiderte Julius.
»Ihr versteht es nicht. Sie werden Euch nicht hören. Sie werden versuchen, Euch zu töten und Euch zu einem der ihren zu machen.«
»Ich muss es wenigstens versuchen.«
»Hebt Euch das für die auf, die Euch hören können.«
»Sie werden mich hören«, beharrte Julius.
Dann ließ er los.
»Nein!«
Julius Barias sprang hinab, kam gut auf und rollte sich geschickt ab. Er war höchstens zwei Schritte vom nächsten toten Krieger entfernt. Dahnishev und seine Ärzte, die oberhalb von Roberto festsaßen, riefen und drängten den Sprecher, zum Weg zurückzukehren, und in ihre Rufe mischten sich andere von noch weiter oben. Roberto hielt sich fest und wartete.
Der Sprecher kniete vor den frisch aufgeworfenen Gräbern, über denen die Luft zu flimmern schien. Entweder das, oder Robertos Augen spielten ihm einen Streich, denn es kam ihm jetzt sogar so vor, als bewegte sich die Erde. Julius breitete die Arme weit aus und sprach Worte, die Roberto nicht verstehen konnte. Auf einmal schoss eine Hand aus der Erde empor, als wollte sie die leere Luft greifen. Roberto wäre vor Schreck fast abgestürzt. Ihm wurde übel. Julius stieß einen Schrei aus.
»Oh du allwissender Gott, gib deinen Menschen Frieden. Sie sind von deinem Diener gesegnet und sollten wohlbehalten in deiner Umarmung ruhen, und doch regen sie sich. Strafe sie nicht weiter in ihrem Unglück. Mit
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