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Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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würde mir nicht wünschen, in deiner Haut zu stecken, auch wenn es nur eine geliehene ist. Du wirst sie wie eine sich häutende Schlange irgendwann abstreifen und in einem neuen Körper weiterleben. Du wirst dem Glück hinterherjagen, aber es wird dich meiden wie der Teufel das Weihwasser. Ich sehe viel Leid auf deinem Weg, doch ich sehe am Ende auch eine große Liebe.«
    Sie stand auf, strich mir mit einer tröstenden Geste über den Kopf und sagte abschließend: »Ich wünsche dir Kraft, Eleonore, schon in wenigen Tagen werden die Kartätschen jaulen und wir alle werden auf blutgetränktem Boden gehen.
    Nicht nur du schneidest den Menschen den Hals ab und trinkst ihr Blut, auch die Fürsten besaufen sich daran.«

    Wenn die Zigeunerin damals recht gehabt hatte, so war Amadeus vielleicht doch zu einem Vampir geworden und wir merkten nur deswegen noch nichts davon, weil sich seine Verwandlung sehr langsam vollzog.
    Was Amanda betraf, so hätte sie, als Kind eines Menschen und einer Vampirin, vermutlich nie geboren werden dürfen, und mir blieb nur abzuwarten, ob sie ein normales Menschenkind werden würde oder ob in ihr ein vampirisches Erbe schlummerte, das irgendwann mit eruptiver Gewalt aus ihr hervorbrechen würde!
    Ich wusste nicht, was mir lieber wäre, aber manchmal, wenn ich in meinem Lehnstuhl am Feuer saß und sie ruhigin der Wiege schlief, stellte ich mir vor, wie sie als kleines Vampirmädchen zu unseren Füßen spielte, während Amadeus und ich in bürgerlicher Idylle ein gutes Gläschen Blut zusammen tranken.
    Diese Vorstellung schien gar nicht so abwegig, denn in der Tat ließen sich die Dinge nach Amandas Geburt gut an.
    Utz hatte offenbar jegliches Interesse an uns verloren und Amadeus war ein liebevoller Vater, der jede freie Stunde auf Gut Blankensee verbrachte. Zwar mussten wir weiter auf der Hut sein, aber da das Gutshaus sehr einsam und abgelegen war und Amadeus stets mit einem Garnisonspferd auf wechselnden Wegen zu uns herausritt, war es ziemlich unwahrscheinlich, dass ihn jemand dabei beobachtete oder gar verfolgte.
    So manche Stunde erwartete ich ihn in der Abenddämmerung am See, wo wir uns nach Tagen der Trennung auf das Innigste vereinten und voneinander Kraft schöpften, die uns über die nächsten Einsamkeiten half.
    Er war auch nach meinem Biss weiterhin von kraftvoller Männlichkeit und charmanter Eleganz, und wenn ich ihn von Weitem über Acker und Weide herangaloppieren sah, dann ging mir sogleich das Herz auf, das zwischen unseren Liebesstunden so oft in Zweifel und Melancholie zu versteinern drohte. Mein Hunger nach seiner Liebe war ebenso groß wie mein Hunger nach Blut, ja, er war größer; größer noch als nach allem, was ich sonst hätte besitzen wollen. Und hatte ich vor einiger Zeit gedacht, ich müsste Wohlstand zu meinem Glück haben, so wusste ich nun, dass ich mit Amadeus auch in den einfachsten Verhältnissen, ja sogar in einem fremden Land würde leben können, solange er mir nur seine Liebe schenkte.
    So war meine Liebe zu ihm stärker und bedingungsloser als je zuvor und wuchs mit jedem Tag. Und bei ihm war es nicht anders.
    »Jede Stunde, jede Minute, die ich ohne dich verbringen muss«, sagte er, »ist vergebens gelebt! Nur mit dir macht mein Leben einen Sinn. Durch dich atme ich, durch dich nur schlägt mein Herz, ach, Estelle, wenn ich dich doch bloß heiraten könnte, damit wir auf ewig verbunden sind!«
    Mein armer Liebling, dachte ich, wie wenig weißt du über uns und über das, was uns wirklich verbindet! Aber ich sagte nur leise: »Wir sind es, Amadeus, wir sind es schon jetzt. Wir brauchen kein Ehegelöbnis, denn was uns beide verbindet, wird die Ewigkeit überdauern.«
    Noch immer hatte er keine Veränderung an sich bemerkt und so hielt er meine Worte für romantisches Geschwätz ohne ernsthafte Bedeutung. Und weil er so dringend eine Legalisierung unserer Liebe herbeisehnte, umgab ihn ständig eine dunkle Melancholie wie eine zweite Haut und tief in ihm steckte eine grässliche Verzweiflung, die, wenn wir uns liebten, aus ihm hervorbrach und jeden Akt zu einem rituellen Abschied machte. Als ich ihm vorhielt, dass unsere Liebe dadurch immer dunkler und qualvoller würde, wo sie doch heiter und beglückend sein sollte, da weinte er seinen Schmerz an meiner Brust heraus und gestand mir, dass er in jedem Beisammensein tatsächlich den Hauch der Verwesung spürte. »Es ist mir jedes Mal, als wären wir das letzte Mal zusammen, als müsste ich dich in mich

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