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Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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zärtlich und innig, und im selben Augenblick, in dem sich unsere Lippen berührten, durchströmte mich eine unglaubliche Kraft und es gelang mir endlich so zu pressen, wie Gertrud es von mir verlangt hatte.
    Mit ungläubigem Staunen spürte ich, wie das Köpfchen austrat, und während ich laut nach Gertrud schrie, schlüpften die kleinen Schultern ebenfalls heraus und es war eine Sache von Sekunden, dass der Rest folgte und von Gertrud gerade noch aufgefangen werden konnte.
    Amadeus und ich hielten einander umklammert, als ich aufgeregt wie jede menschliche Mutter auch fragte: »Lebt es, Gertud, lebt es?«
    Und noch ehe Gertrud antworten konnte, hörte ich einen Schrei, der mir sofort ans Herz griff, weil ich wusste, dass es der erste Schrei meines Kindes war.
    »Ein Mädchen«, rief Gertud aus, »Estelle, es ist ein wunderschönes Mädchen!«
    Als sie es mir an die Brust legte, konnte ich das Glück gar nicht fassen. Ich strich ganz vorsichtig über das feuchte Köpfchen, an dem die dichten Haare klebten, und murmelte: »Du sollst Amanda heißen …«
    Und als Amadeus den Namen leise wiederholte, wisperte ich: »Sie ist dein Kind«, und flehte innerlich alle guten Geister des Schicksals an, dass es wirklich so sein möge. Wäre Amanda von Utz und ich würde es je erfahren, so würde ich uns beide zu Tode bringen, denn ich ertrüge es nicht, ein Kind, das so gewaltsam gezeugt worden war, neben mir aufwachsen zu sehen, ohne es ständig für seinen Vater zu hassen! Und noch einmal bat ich das Schicksal, nur ein einziges Mal gütig zu mir zu sein und Amanda das Kind von Amadeus sein zu lassen.

    Amadeus hatte natürlich nicht begriffen, was mit ihm während der dramatischen Geburt von Amanda tatsächlich geschehen war. Er erinnerte sich, dass ich in einer Art Delirium davon gesprochen hatte, eine Vampirin zu sein, die keine Kinder mit einem Menschen bekommen dürfe und darum dem Tod geweiht sei. Er glaubte auch vage, dass ich ihn in den Hals gebissen hätte, schob das jedoch auf die Panik, die mich während der Geburt befallen hatte. Und als ich ihm zu erklären versuchte, es habe sich keineswegs um eine Form von Irresein unter den Schmerzen der Geburt gehandelt, wischte er das lachend mit der Bemerkung beiseite, dass er zwar ein paar Bissspuren an seinem Hals habe, sich aber keineswegs untot fühle und nun, da die Geburt überstanden sei und es mir ja sichtlich auch wieder gut gehe, sollten wir doch diesen Unfug einfach vergessen.
    Ich war selber in höchstem Maße verwirrt, und weil ich noch nie einen Menschen, den ich gebissen hatte, zum Vampir gemacht hatte, war ich auch ohne die geringste Ahnung, was nun mit Amadeus passieren würde. Noch schien es so, als hätte mein Blut ihm einfach nur die Lebenskraft zurückgegeben, die er mir mit dem seinen geschenkt hatte.Er wirkte vital und energiegeladen und sah aus wie immer, eher noch gesünder als in letzter Zeit, wo die Festungshaft in Spandau und der Krieg in Afrika doch deutliche Spuren in sein schönes Gesicht gegraben hatten, und die Verzweiflung, die auf seinen Schultern lastete, seine Haltung gebeugt hatte. Jetzt war sein Gang wieder aufrecht und die harten Falten in seinem Gesicht wurden überstrahlt von Glück und Dankbarkeit.
    Wir saßen auf dem Sofa vor dem Kamin, hielten einander in den Armen und Amanda schlummerte auf meinem Schoß. Und da ich ganz sicher war, dass ich ihn in der Nacht ihrer Geburt zum Vampir gemacht hatte, sagte ich leise: »Nun bist du auf ewig mein.«

Teil Vier
Rache
    Aufwärts oder hinab!
Herrscht im schiefesten Orkus
nicht ein Grades, ein Recht noch auch?

A manda! Ich hatte ein Kind und meine Freude wäre grenzenlos gewesen, wenn ich mit Sicherheit gewusst hätte, dass wirklich mein Geliebter Amadeus der Vater dieses Kindes war. So aber wurde meine rückhaltlose Zuwendung zu dem kleinen Wesen überschattet von der Sorge, dass es kein Akt der Liebe, sondern der Gewalt und Erniedrigung war, in dem sie gezeugt wurde. Immer wieder ertappte ich mich dabei, wie ich das unschuldige Mädchen mit sorgenvollem Blick betrachtete und jede seiner Lebensäußerungen misstrauisch daraufhin überprüfte, ob es Ähnlichkeit mit Utz oder Amadeus aufwies.
    Das war keine gute Grundlage, um ein herzliches Verhältnis zwischen Mutter und Kind herzustellen, denn je nachdem, wie meine Prüfung ausfiel, wandte ich mich Amanda in tiefer, überströmender Liebe zu oder stieß sie zurück. Mal konnte ich nicht von ihr lassen und hätschelte sie fast zu Tode,

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