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Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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hineinsaugen, um dich nicht zu verlieren. Ich misstraue unserem Glück. Solange du dem Utz noch angetraut bist, hat er alle Rechte eines Ehemannes und wird sie irgendwann, so fürchte ich, auch einklagen.«
    Aber weil Utz sich Wochen und Monate nicht gemeldethatte, keimte langsam auch in ihm die Hoffnung, dass wir in Blankensee ein Refugium für uns gefunden hatten.
    Unsere Liebe wurde leichter und zärtlicher, und wenn ich neben ihm im Bett oder auf einer Decke am See lag, so schien mir Amadeus der schönste Mann auf Erden zu sein und ich hatte gewiss genügend Vergleichsmöglichkeiten.
    Er war anders als Friedrich, der noch ein Jüngling gewesen war und der mich mit seinen weichen Zügen, der zarten Haut und Feingliedrigkeit seines jungen Körpers betört und fast um den Verstand gebracht hatte. Friedrich war so exquisit und von einer Seelenverwandtschaft, wie ich sie bei Amadeus nicht in gleicher Weise vorfand. Dennoch war meine Liebe zu ihm größer noch als zu Friedrich..
    »Wie kann das sein?«, fragte ich Amadeus immer wieder. »Wie kann es sein, dass wir so eng miteinander sind, obwohl du doch ein Adeliger bist und ich dich alleine schon deswegen hassen müsste? Aber von unserer ersten Begegnung an fühlte ich mich dir so verbunden wie keinem anderen Menschen. Enger selbst als mit Amanda, und wir sind schließlich Mutter und Tochter!«
    »Es ist die Liebe«, antwortete Amadeus schlicht. »Es ist ganz einfach. Hinter die wahre Liebe tritt alles zurück. Wenn ich in deinen Armen liege, deinen Duft rieche und die Zartheit deiner Haus spüre und dein Atem wie der frische Hauch einer Meeresbrise über mich hinstreicht, dann verlöscht mein singuläres Leben und es gibt nur noch uns. In unserer Liebe erzeugen wir gemeinsam den Übermenschen und lassen unser altes Menschsein zurück.« Er küsste mich warm und leidenschaftlich und schwärmte fast wie Friedrich.
    »Spürst du es nicht auch? Es gibt nichts Größeres!«
    Ich hatte seinen Gesprächen mit Friedrich überNietzsche hin und wieder gelauscht und so wusste ich, dass er wie so viele Intellektuelle unserer Zeit ein glühender Anhänger seiner Theorie vom Übermenschen war, durch welchen der jetzige Menschentypus, der nicht zukunftstauglich war, überwunden werden musste, wenn die Menschheit nicht untergehen sollte. Eine auch für mich verlockende These. Denn war ein Vampir nicht letztlich ein Übermensch? Und so träumte ich nach einem Beisammensein mit Amadeus manchmal davon, dass die dunkle Linie der Vanderborgs das Stammgeschlecht einer neuen Spezies sein würde, die aus Menschen und Vampiren hervorgegangen war und sich in Zukunft über den Erdball verbreiten würde, um die Schreckensherrschaft der Menschen zu überwinden.
    Also begann ich mich für das Gut zu interessieren und es zu einer Heimat für meine kleine Familie zu machen, damit die Erneuerung der Menschheit von hier ihren Ausgang nehmen konnte. Auch wenn es zunächst nur ein Traum sein mochte, so gab er mir doch den Mut, mein Dasein und das der Meinen aktiv in die Hand zu nehmen und neu zu ordnen.
    Zum ersten Mal bekam auch Amanda einen Stellenwert, der sie aus dem Status eines Kindes, das zufällig gezeugt worden war, zu einem wichtigen Glied in der Kette machte. Sie würde die Urmutter des neuen Geschlechts werden, denn sie würde, wenn das Schicksal es so wollte, die besten Eigenschaften der Menschen und der Vampire in sich vereinen und irgendwann einmal an ihre Nachkommen weitergeben. Als ich Amadeus davon erzählte, schmunzelte er und hielt es für einen netten Scherz. »Liebste, du hast eine überaus blühende Fantasie, ich denke, dir spukt da einiges im Kopfe herum, was dein Vater mit seiner seltsamen Vampirfang-Expedition in die Karpaten ausgelöst hat. Dusolltest aber nun darüber hinwegkommen. Wenn es dich weiterhin belästigt, in deinen Träumen vielleicht, so gibt es eine neue Theorie der Traumdeutung von einem gewissen Dr. Sigmund Freud, mit der wir dich von diesen makaberen Vorstellungen heilen könnten.«
    »So hältst du mich für verrückt?«, stieß ich ehrlich empört hervor.
    Er lachte verlegen. »Nein, nein, es stört mich auch nicht wirklich, selbst wenn du verrückt wärst, so wäre auch das an dir gewiss liebenswert. Ich meine ja nur, wenn du selber darunter leiden solltest, ich meine, du hast ja auch schon einmal behauptet, du hättest mich gebissen und zum Vampir gemacht … Das ist, mit Verlaub, doch schon ein wenig sonderbar.«
    Er sah mich nun sehr durchdringend an

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