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Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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Schlafzimmer, welches an das gemeinsame Eheschlafzimmer grenzte, standen mir ein kleiner Salon und ein luxuriöses Bad zur Verfügung, welche einzurichten mir sehr viel Freude machte. Ich suchte dichte, schwere Vorhänge aus, die das Tageslicht sicher abhielten, orientalisch anmutende Stoffe und poliertes Holz in warmen Tönen. Ein Biedermeier-Sekretär war mir das liebste Stück.
    Als er angeliefert wurde, war ich dabei, und während ich mit der Hand über die polierte Platte strich, freute ich mich darauf, bald daran zu sitzen und ein schönes Buch zu lesen.
    Schon Estelles Zimmer in der Brüderstraße war ein wunderbares Refugium für mich, aber dieser Komfort und Luxus, den mir Utz bot, war überwältigend und ich fühlte mich wie eine Prinzessin. So war ich trotz meiner Liebe zu Amadeus fest entschlossen, mein Utz gegebenes Wort zu halten und mit ihm die Ehe einzugehen.

    U tz und ich schlossen die Ehe am 31. Dezember 1902 und die Feierlichkeiten gingen bis in den Morgen des Neujahrstages.
    Am Vormittag holte mich eine weiße Kutsche aus der Brüderstraße ab, deren Fenster aus Rücksicht auf mich sorgfältig verhängt waren. Der Kutscher trug eine feine Livree und hielt mir zuvorkommend den Schlag auf, damit ich mit meinem voluminösen Brautkleid bequem einsteigen konnte. Ein dichter Schleier bedeckte mein Gesicht und bot so Schutz vor dem Tageslicht, das zum Glück an diesem Tage sehr spärlich ausfiel, da der Himmel durch dicke graue Wolken verhangen war und die Luft nach Schnee roch. Vanderborg als Brautvater und Friedrich als mein Trauzeuge begleiteten mich in der Kutsche, während Hansmann mit einer zweiten Kutsche Gertrud und ihren Herrn Vater, den Utz natürlich als einen seiner wichtigsten Geschäftspartner ebenfalls zur Hochzeit gebeten hatte, im Grand Hotel abholte, wo sie logierten.
    Ich hatte Gertrud angeboten, nach der Hochzeit auch gerne mein Zimmer in der Brüderstraße zu nutzen, und sie hatte dieses Angebot unkompliziert und dankbar angenommen, ermöglichte es ihr doch, Hansmann ganz familiär und zwanglos und ohne die Aufsicht ihres Vaters zu begegnen.
    Da ich davon ausgegangen war, dass ein Mann wie Utz eine weltliche Trauungszeremonie geplant hatte, irritierte es mich auf das Höchste, als die Kutsche vor einer der wenigen katholischen Kirchen Berlins anhielt, deren Portalstufen mit Lorbeerbäumen und weißen Hochstammrosen aus dem Gewächshaus dem festlichen Anlass entsprechend traumhaft geschmückt waren. Doch ich konnte den Zauber dieser Dekoration nicht würdigen, weil allein bei dem Gedanken, dass von mir erwartet wurde, die Kirchenschwelle zu übertreten, meine vampirische Seele bereits in Krämpfen lag.
    Ich sah Utz auf der obersten Treppenstufe stehen und mir voll Stolz entgegensehen. Der kleine Brautstrauß aus weißen Lilien klebte mir in der Hand, und obwohl mir der Kutscher den Wagenschlag öffnete, war ich nicht in der Lage ins Freie zu treten. Erst als Friedrich, der mit Vanderborg auf der anderen Seite die Kutsche verlassen hatte, zu mir eilte und mir die Hand reichte, erwachte ich aus meiner Schreckensstarre und stieg aus, wobei mir das Herz raste und bis zum Halse schlug.
    »Ich kann nicht«, wisperte ich Friedrich in höchster Not zu, als er mich zu Vanderborg hinüberführte, der mich als Brautvater in die Kirche geleiten und vor dem Altar dem Utz übergeben sollte.
    »Doch, du kannst, natürlich kannst du«, antwortete Friedrich leise. »Du wärst nicht die erste Braut, die vor der Kirche Panik bekommt. Das legt sich.«
    Nichts legte sich, weil es nicht um eine einfache Panikattacke ging, sondern um ein tödliches Vergehen wider meine wahre Natur. Auf mir lastete ein Höllenfluch und ich würde darum diese Schwelle nicht übertreten können, egal ob ich oder jemand anderes es wollte.
    »Es wird einen Skandal geben, Friedrich«, wisperte ich, »ich werde auf der Schwelle tot zusammenbrechen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Rede dir doch nichts ein«, sagte er leise. »Wenn du den Utz nicht heiraten willst, dann sag es, und wir drehen um und ich werde dir deswegen nicht böse sein. Aber wenn du entschlossen bist, seine Frau zu werden, dann fass dir jetzt ein Herz und steh die Sache mit Anstand durch, der Vater erträgt es sonst nicht.«
    Ich spähte durch meinen Schleier hindurch zu Vanderborg hinüber, der schon ein wenig irritiert von einem auf den anderen Fuß trippelte, und auch Utz schien plötzlichrecht ungeduldig. So versuchte ich Eleonore in mir zu unterdrücken und

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