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Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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fähig war seine Liebe zu empfangen, sondern ihm auch die meine zu geben. Rückhaltlos und ohne ihn in tödliche Gefahr zu bringen. Diese beglückende Erkenntnis meiner Hochzeitsnacht nahm ich trotz aller Selbstvorwürfe in Bezug auf Utz als tröstliche Gewissheit mit hinüber in eine Zeit schwerster Prüfungen und zog mehr als einmal Hoffnung, Trost und Selbstachtung daraus. Als Amadeus fortgeschlichen war, prüfte ich, ob die Verbindungstür zwischen meinem Zimmer und dem Eheschlafzimmer weiterhin verschlossen war, und nachdem ich noch eine Weile darüber nachgegrübelt hatte, warum ich gegen Utz so eine irrationale Ablehnung, ja fast Angst verspürte, die mich seine Nähe schwer ertragen ließ, fiel ich in einen tiefen, traumlosen Schlummer.
    Gegen Morgen vernahm ich mehr unbewusst Geräusche an der Tür, sah die Klinke sich nach unten bewegen und hörte, wie an der Tür gerüttelt wurde. Ein Fluch drang gedämpft von der anderen Seit herüber, dann war Ruhe und ich schlief wieder ein.
    Ein Dienstmädchen brachte mir am späten Vormittag ein Frühstück mit Austern und Sekt herauf, wovon ich jedoch nichts anrührte. Den ganzen Tag über saß ich in einem weichen Fauteuil in meinem abgedunkelten Zimmer, grübelte über mein bisheriges Dasein nach und wartete auf meinen angetrauten Ehemann, der aber nicht auftauchte.
    So war ich schließlich eingeschlummert und in wirre Traumbilder gestürzt.

    Auf meinem Rachefeldzug gegen das Geschlecht der Przytuleks hatte mich mein Weg wieder in die Karpaten geführt, doch als ich »Zuflucht« erreichte, war die Burg verlassen und im Ort brannten die Feuer, mit denen man die Pest ausräuchern wollte. Am Fuße der Burg loderten die Scheiterhaufen, auf denen sich die Opfer der Seuche türmten, und der süßliche Geruch verbrennenden Menschenfleisches lag wie ein fauliges Leichentuch über dem Dorf.
    Als ich einen Totengräber nach dem Verbleib der Grafenfamilie fragte, sagte er mir, dass auch unter den Grafen die Pest ihre Opfer gefordert habe, was ihnen meiner Ansicht nach nurrecht geschah, die Überlebenden aber fortgezogen seien. Wohin, das wusste er nicht zu sagen.
    So schlich ich mich in die Burg, um dort nach einem Anhaltspunkt zu suchen. Ich fand sie weitgehend leer geräumt vor. Von einem Gemälde über dem Kamin in der großen Halle, das man offenbar beim überstürzten Auszug vergessen hatte, schaute Ladislav von Przytulek selbstgefällig auf mich herunter und mir schien, als amüsierte er sich über mich.
    »Ich f inde sie«, stieß ich wütend hervor. »Wo immer sie auch sind, es wird mir keiner entkommen!«
    Da f iel, wie von Geisterhand bewegt, das Bild von der Wand und der Feuerhaken riss das feiste Gesicht von Ladislav entzwei.
    Aber wie ich noch im Traum auf das zerfetzte Antlitz meines Mörders schaue, da verschwimmt es vor meinen Augen, und während plötzlich aus dem toten Kamin auflodernde Flammen es mit gierigen Zungen belecken, nimmt das Porträt die Gesichtszüge meines Ehemannes Karolus Utz an, über dessen Nase und Stirn ekelerregend eine schwärende Wunde aufbricht.

    Mit einem entsetzlichen Schrei, der mir selber grauenhaft in den Ohren klang, fuhr ich aus diesem Albtraum auf und stellte mit Erleichterung fest, dass ich mich nicht in der Burg von Przytulek befand, sondern in meinem angenehm ausgestatteten Zimmer im Hause meines frisch angetrauten Ehemannes, der mich gerade durch ein Dienstmädchen bitten ließ, zu einem kleinen Nachtessen hinunter in das Speisezimmer zu kommen.
    Dort saß Utz bereits an der Stirnseite des langen Tisches und sprach dem Weine zu. Für mich war an dem anderen Ende aufgedeckt, und weil uns so einige Meter trennten, musste unser Gespräch in einer unangenehmen Lautstärkegeführt werden, was der Romantik eines ersten gemeinsamen Essens nach der Hochzeit sehr abträglich war. Da half auch kein Kerzenschein aus den mehrarmigen Girandolen.
    Anstatt uns gegenseitig freundliche Zärtlichkeiten zuzusäuseln, riefen wir einander gestelzte Höflichkeiten über die Distanz des Tisches zu und transportierten so mit jedem Wort viel unterschwellige Aggression, deren Ursache bei Utz zweifellos in der misslungenen Hochzeitsnacht lag.
    Nach der Suppe ließ er dann auch gleich die Katze aus dem Sack. Statt sich sein eigenes Versagen einzugestehen und sich dafür bei mir zu entschuldigen, klagte er mich an, mich ihm verweigert zu haben, in mein Zimmer geflüchtet zu sein und die Tür vor ihm verschlossen zu haben.
    Sogleich stand mir die

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