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Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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und kommt nie wieder her … Ich litt schwer. Sowohl daran, dass Amadeus mich verlassen hatte, als auch an der Schwangerschaft, die mir von Tag zu Tag unerträglicher wurde. Weniger wegen der körperlichen Veränderungen, die mit mir vor sich gingen, als wegen der Angst, statt des Kindes meines Geliebten den Wechselbalg des Unholds Utz in mir heranreifen zu fühlen, der mich so tief gedemütigt hatte.
    Es machte mich zudem schier wahnsinnig, untätig hier auf dem platten Land zu hocken, während mein Geliebter im fernen Afrika vielleicht schon längst tot im Wüstensand lag.
    Friedrich kam mich zwar so oft wie möglich besuchen, doch viele positive Neuigkeiten hatte er nicht zu berichten. Nach Wochen meldete die Truppe erste kleine Erfolge, aber die Hereros entzogen sich einer offenen Schlacht und schlugen mit viel List aus dem Verborgenen zu. Immer mehr weiße Siedler fielen dieser Taktik zum Opfer und eine Farm nach der anderen ging in Flammen auf.
    »Woran man sieht«, meinte Friedrich respektlos, »dass auch ein von Trotha nur mit Wasser kocht.«
    Mir war es egal, womit er kochte, wenn er nur dafür sorgte, dass die Unruhen bald niedergeschlagen wurden und Amadeus unversehrt wieder in die Heimat und zu mir zurückkehrte.
    »Hältst du die Lage für gefährlich, Friedrich?«
    Er zuckte die Achseln, schüttelte dann aber den Kopf.
    »Wenn du Amadeus meinst, so glaube ich nicht, dass er besonders gefährdet ist. Er ist doch die rechte Hand von General von Trotha und hat damit einen Druckposten im Hauptquartier. An den kommt so schnell kein feindlicher Neger ran.«
    Ich seufzte tief und legte dabei unwillkürlich meinerechte Hand auf meinen nun deutlich rundlicher werdenden Bauch. Das fiel nun auch Friedrich auf und er fixierte mich mit intensivem Blick.
    »Sag mal, Schwesterchen, sehe ich recht? Bist du in Umständen? Mir scheint heute, du ähnelst um die Körpermitte unserer lieben Gertrud, und wir alle wissen, dass sie guter Hoffnung ist.«
    Warum sollte ich es leugnen, viel länger ließ sich mein Zustand ohnehin nicht mehr verbergen, zu offensichtlich trug ich mein Mutterglück vor mir her. Also nickte ich.
    »Lass mich rechnen«, sagte Friedrich sogleich und kam dann zu dem, leider falschen, Schluss, dass mein Kind gezeugt worden sein musste, als Utz in Afrika war. »Also ist es von Amadeus!«, rief er freudig aus. »Wie wunderbar! Er kommt als Sieger aus Afrika und wird dann auch noch Vater! Wirklich schneidig, der Bursche!«
    Ich musste nun auch lachen und ließ ihn darum bei seiner Annahme. Warum auch nicht, es schadete ja keinem.
    Und bei mir dachte ich, wenn möglichst viele Menschen glaubten, dass Amadeus der Vater meines Kindes ist, dann würde das Schicksal schon ein Einsehen haben.
    Aber als ich wieder alleine war und beim Mondschein im Garten die Rosen schnitt, bezweifelte ich doch sehr, ob das Schicksal so mit sich handeln lassen würde.
    Ich stach mich an einer Rose und hob den Finger an den Mund, und da er nicht blutete, fiel mir ein, dass ich über all den Aufregungen vergessen hatte, mich mit frischem Blut zu versorgen. Ganz plötzlich fühlte ich mich ausgelaugt und schwach und fürchtete um das Kind in meinem Leib.
    Bisher hatte mir die Schwangerschaft keine Beschwerden bereitet, nun jedoch stellte ich fest, dass das wachsende Leben in mir einen viel stärkeren, ja nachgeradeunersättlichen Blutdurst auslöste, den ich in Blankensee nicht stillen konnte, ohne damit das halbe Dorf auszurotten. So ließ ich, als mein Verlangen unstillbar wurde, die Kutsche anspannen, um mich von meinem Kutscher und Hausburschen Mathias, der mir treu ergeben war, nach Berlin chauffieren zu lassen, wo ich mir in der Anonymität der Großstadt unter dem Gesindel, das sich nachts in den Straßen herumtrieb, ein Opfer zu suchen gedachte.
    Meine Einstellung hatte sich diesbezüglich grundlegend gewandelt, zwar hegte ich immer noch Skrupel, so einfach fremdes Leben auszulöschen, doch die Notwendigkeit, das neu heranwachsende Leben in mir mit genügend Nahrung zu versorgen, schien mir nun Legitimation genug. Nicht für mich, sondern für mein ungeborenes Kind tötete ich – musste ich töten, wenn ich es nicht verlieren wollte.
    Sicherlich hätte mich dennoch kein Gericht der Welt von Schuld freigesprochen, aber ich hatte mir das Dasein als Vampirin nicht ausgesucht, und so musste ich meiner Art und Natur gemäß auch das Recht haben, mich und die meinen zu erhalten. Nur weil Blut schwerer zu bekommen war als Wasser,

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