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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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um ihm ins Gesicht sehen zu können.
    »Ich frage mich wirklich, woher du es weißt?«
    »Was weiß ich woher?«
    »Meinen Namen! Wer hat dir geflüstert, dass ich Amadeus heiße?«
    Darüber war ich doch einigermaßen verblüfft, denn das hatte ich nun nicht angenommen, dass ich unter Hunderten von Namen wirklich spontan den seinen erraten hatte.
    »Nie… niemand. Eine … göttliche Eingebung … vielleicht … Ich … ich hatte keine Ahnung. Ist dir dein Name denn so verhasst?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ich hasse ihn nicht. Er ist nur mit so vielen traurigen Erinnerungen verbunden …«
    »Aber ihn nicht mehr zu führen befreit dich doch nicht davon!«, protestierte ich spontan. »Die Erinnerungen kleben an dir – nicht an deinem Namen!«
    Er sah mich nun sehr interessiert an. »Du bist ein kluges Mädchen«, meinte er leicht ironisch. »Du argumentierst recht überzeugend.«
    »Mir gefällt dein Name. Ich finde, er passt zu dir. Ich würde dich gerne Amadeus nennen.«
    »Es ist ein alter Name – er hat Tradition in der Familie von Treuburg-Sassen.«
    »Umso mehr gehört er zu dir!«
    Er nickte und zog mich eng an sich, um mich mit seiner Zärtlichkeit zu überschütten. Nach dem Zusammensein mit Marc fiel es mir heute aber schwer, mich ihm in gleicher Weise hinzugeben. Dennoch weckte er in mir wieder diese unglaubliche irrationale Sehnsucht, die auch dieses Mal meinen Verstand vollkommen auszuschalten drohte.Doch als ich mich ihm gerade wider alle Vernunft hingeben wollte, da stieß Amadeus mich plötzlich von sich und trat mit wenigen schnellen Schritten an das Ende des Stegs.
    »Was … was ist? Was hast du?«, fragte ich verwirrt und machte einen Schritt auf ihn zu.
    Aber er herrschte mich an: »Bleib, wo du bist!« Seine Stimme war harsch und erschreckte mich.
    Abrupt blieb ich stehen und starrte zu ihm hinüber. Er war im Mondlicht klar zu erkennen, aber er hatte sein Gesicht abgewandt.
    »Warum denkst du an einen anderen?«
    Ich war erschüttert. Konnte er Gedanken lesen? Er wurde mir immer unheimlicher.
    »Tue ich das?«
    »Ja, du vergleichst mich mit ihm!«
    Das war nicht wahr und so sagte ich: »Du bist doch nicht etwa eifersüchtig? Das ist völlig unbegründet!«
    Er schwieg und dieses Schweigen wirkte irgendwie bedrohlich auf mich und so bat ich ihn fast flehend: »Bitte, sieh mich an!«
    Er drehte sich herum. Sein Gesicht war noch bleicher als sonst. Seine Augen glitzerten in irisierenden Farben. Der fordernde Blick machte mir Angst.
    »Geh«, stieß er hervor. »Geh zurück ins Gutshaus. Schnell. Schließ dich dort ein! Tu, was ich sage! Frag nicht!«
    Meine Erschütterung lähmte mich, denn als er sprach, sah ich, dass seine Eckzähne spitz und kräftig wie die eines Raubtieres im Mondlicht aufblitzten, etwas, was mir bereits in der Nacht, als er mir in Berlin in meinem WG-Zimmer erschien, aufgefallen war. Vielleicht war das doch gar kein Traum gewesen?
    »Hast du mich in Berlin besucht?«, fragte ich verwirrt. »Sag es! Ich muss es wissen!«
    Er nickte stumm und mein vager Verdacht wurde zu einer schrecklichen Gewissheit.
    »Was … was geschieht mit dir?«, stammelte ich und konnte mir doch die Antwort fast selber geben.
    Obwohl ich kein Teenie mehr war, hatte ich natürlich den Vampirhype in den Medien mitbekommen. Untote, attraktive, bleichgesichtige und hohläugige junge Männer gehörten zum Medienalltag meiner Generation wie die Beatles und die Rolling Stones zu der meiner Mutter. Warum mir erst jetzt eine auffällige Ähnlichkeit zwischen diesen Vampiren und Amadeus auffiel, wusste ich nicht. Vermutlich weil ich mehr an Graf Wetter vom Strahl dachte und die Assoziation zu Vampiren dadurch eher fernlag.
    Käthchen träumte von einem echten Grafen, einem Menschen. Warum sollte also der Fremde in meinem Traum etwas anderes sein? Keines unserer vorherigen Treffen hatte Anlass zu einer Spekulation in diese Richtung gegeben. Und auch jetzt glaubte ich mich in einem ziemlich kitschigen Roman zu befinden. Da erbte ich ein altes Gut, träumte von einem attraktiven Fremden und dann sollte der auch noch ein Vampir sein? Mein Leben, ein Fantasyroman?
    Ich schüttelte den Kopf, um mich von diesem absurden Gedanken zu befreien, und statt Amadeus’ Anweisung zu folgen und zum Gut zurückzukehren, trat ich beherzt auf ihn zu. Das wollten wir doch mal sehen, ob mich hier jemand ganz gewaltig zum Narren hielt!
    Er musste meine Gedanken gelesen haben, denn er wich bis an die äußerste Kante des Stegs

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