Die dunkle Göttin
eine tröstliche, behagliche Szenerie, aber Walasfros Unglauben fand seinen Widerhall in allen anderen Windrennern, und dieses Gefühl schwebte ebenfalls wie eine unsichtbare Wolke in der Luft.
Sie hatten noch keine Zeit gehabt, Einzelheiten zu besprechen, und das Stutfohlen, Gayrfressa, hatte darauf bestanden, den ausgelaugten Paladin schlafen zu schicken. Einer der Hengste vom Bärenfluss gigantisch und stichelhaarig, graurot mit schwarzer Mähne und schwarzem Schweif hatte versucht, es zur Rede zu stellen. Kelthys hatte zwar von ihrem Austausch nichts bemerkt, aber gesehen, wie Gayrfressa ungeduldig den Schädel geschüttelt und dann sogar die Zähne gefletscht hatte. Der ältere, viel größere Hengst war daraufhin zurückgetreten. Er bildete mit seinen Gefährten eine Gasse, durch die Gayrfressa und Bahzell gehen konnten. Und dann, als der Hradani an ihnen vorbeigewankt war, wobei er sich schwer auf das Stutfohlen stützte, hatten die Hengste ihre mächtigen Köpfe hoch in die Luft erhoben und sie anschlie ßend in vollendetem Gleichklang gesenkt. Kelthys wäre beinahe der Kiefer aus dem Gelenk gesprungen, als er den Salut erkannte, mit dem die Windrenner ausschließlich ihre Leithengste ehrten. Ausschließlich. Bis zu diesem historischen Augenblick.
Er bezweifelte, dass Bahzell auch nur ahnte, welche Ehre ihm diese Hengste erwiesen. Selbst wenn er ein Windreiter gewesen wäre, war er doch so erschöpft, dass er kaum etwas von dem wahrnahm, was um ihn herum geschah. Doch der Anblick dieser Windrenner, die sich vor einem Hradani verbeugten, ja, die ihm soagr ihre Ehrerbietung erwiesen, war so vollkommen ungewöhnlich, dass Kelthys selbst jetzt noch zweifelte, ob er es wirklich gesehen hatte.
Zudem war er wohl offensichtlich der einzige Mensch auf dem ganzen Gut der Warmen Quellen, der diesen Vorfall bezeugen konnte.
Die Schnelligkeit, mit der sie gereist sind, verblüfft mich ebenfalls, gab Walasfro zu. Dennoch ist das noch weniger überraschend als seine Entscheidung, unsere Ankunft nicht abzuwarten, damit ich zu den anderen Windrennern sprechen konnte, bevor er sich ihnen näherte.
»Dafür war nicht mehr genug Zeit«, erwiderte Kelthys. Als wollte jemand diesen Gedanken unterstreichen, meldete sich noch eine andere menschliche Stimme zu Wort.
»Das stimmt, wir durften keine Sekunde zaudern.«
Kelthys wandte sich zu dem Sprecher um.
Hahnal Bardiche stand neben ihm. Er putzte persönlich den gewaltigen, stichelhaarigen Windrenner, der versucht hatte, Gayrfressa anzusprechen. Der Windreiter hob fragend die Braue und Hahnal zuckte die Achseln.
»Ich bin kein Windreiter, Sir Kelthys, aber ich habe mein ganzes Leben in ihrer Nähe verbracht. Ich kann für gewöhnlich unterscheiden, wann ein Windreiter mit sich selbst und wann er mit seinem Windrenner spricht. Unter den gegebenen Umständen war es außerdem nicht schwer zu erraten, worüber Ihr und Walasfro Euch gerade unterhaltet, richtig?«
»Gut argumentiert, Lord Hahnal.« Kelthys grinste ironisch. »Um Walasfro gerecht zu werden: ich bin selbst genauso verwundert wie er.« Er schüttelte den Kopf. »Schon allein darüber, wie schnell sie hierher kommen konnten. Die Götter wissen, dass uns die Geschwindigkeit der Infanterie der Hradani in der Vergangenheit mehr als einmal überrascht hat und teuer zu stehen gekommen ist. Aber selbst dieses Wissen hat mich nicht auf das hier vorbereitet. Sie müssen fast die ganze Strecke gerannt sein!«
»Das sind sie auch«, erwiderte Hahnal ruhig. »Na ja, die Blutklingen sind geritten, aber die Pferdediebe sind allesamt gelaufen.«
»Ich weiß.« Kelthys schüttelte erneut den Kopf. »Es fällt mir nur schwer, das zu glauben. Abgesehen davon kenne ich Prinz Bahzell gut genug. Er muss gewusst haben, wie gefährlich es für einen Hradani ist, ernstlich verwundeten Windrennern so nah zu kommen. Vor allem, wenn niemand wie Walasfro da ist, der an seiner statt mit ihnen spricht.«
»Es war viel gefährlicher, als Ihr Euch auch nur annährend vorstellen könnt, Sir Kelthys.« Hahnals Stimme klang belegt,
er blickte kurz zur Seite. »Zu meiner ewigen Schande muss ich gestehen, dass ich Prinz Bahzells Rang als Paladin des Tomanâk angezweifelt habe. Schlimmer noch, ich wollte ihn sogar hassen, selbst wenn er den Rang eines Paladins besäße. Doch er hat keine Sekunde gezögert. Er wusste, dass wir sie alle verlieren würden, dass keiner der Windrenner überleben würde, wenn wir auf Eure Ankunft gewartet hätten
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