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Die dunkle Göttin

Die dunkle Göttin

Titel: Die dunkle Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David; Thon Weber
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vertrauter als mit denen anderer Länder, aber der Kodex von Kormak bildete die Grundlage aller norfessischen Gesetze, nicht nur die von denen im Reich der Axt. Niemand hätte diese Gesetze so dehnen oder verdrehen können, dass sie Trisus abenteuerliche Behauptungen stützen konnten. Sie war bereits zu dem Schluss gekommen, dass er trotz seiner Vorurteile ein kluger Mann war. Also musste er auch wissen, dass anhand dieser Gesetzesschriften seine Ansicht unhaltbar war. Warum bot er ihr dann an, ja, drängte sie geradezu, seine Abschriften der Dokumente zu lesen?
    Sie saß reglos da und holte tief Luft, um ihre Anspannung zu lindern. Ihr Ärger war genauso groß wie der von Trisu, und er drohte die Unparteilichkeit zu untergraben, zu der jeder Paladin des Tomanâk verpflichtet war, wenn es um juristische Angelegenheiten ging. Das war ihr ebenso klar wie die Notwendigkeit, hier sorgfältig und behutsam vorzugehen. Außerdem hatte er Recht. Das erkannte sie, als ihr glühender Zorn ein wenig abkühlte. Sie hatte die Dokumente in Kalatha überprüft, also oblag ihr die moralische Verpflichtung, auch seine zu lesen und sich die Deutung der entsprechenden Paragraphen
anzuhören, die sein Richter ihr vorführen würde. Die Möglichkeit, dass sie die Dokumente missverstanden oder falsch interpretiert haben könnte, war zwar nur gering, aber sie bestand. Also war es ihre Pflicht, sich zweifelsfrei davon zu überzeugen, sich nicht geirrt zu haben.
    Als sie sprach, klang ihre Stimme vollkommen ruhig. »Milord, Ihr habt mir versichert, dass Eure Einstellungen oder Vorurteile nicht der Grund für Eure Meinungsverschiedenheiten mit Kalatha und den Kriegsbräuten sind. Ich wiederum versichere Euch, dass alle ›unterschiedlichen Ansichten‹, die ich hege, keinerlei Einfluss darauf hatten und haben werden, wie ich Gesetzestexte oder rechtsverbindliche Dokumente verstehe. Ich werde sie gern erneut lesen, wenn Ihr das wünscht. Und ich werde auch mit Eurem Obersten Richter über ihre Interpretation sprechen. Letzten Endes jedoch wird meine Deutung dieser Texte auf meiner Lesart beruhen, nicht auf Eurer. Sollte ich zu dem Schluss kommen, meine ursprüngliche Überzeugung, dass Domina Yalith die Schriften korrekt ausgelegt hat, stimmt, werde ich als Paladin des Tomanâk entsprechend urteilen.«
    Trisus graue Augen funkelten. Es schimmerte längst nicht so viel Zorn ihn ihnen, wie Kaeritha erwartet hatte. Stattdessen schien ihr Feuer von Zuversicht genährt zu werden. Was ihre Verwunderung noch mehr verstärkte.
    Wenn sie in diesem Fall formal als Paladin des Tomanâk urteilte, war ihr Verdikt endgültig bindend. Genau das war auch der Grund, aus dem Paladine so selten formale Urteile fällten. Die meisten Paladine, wie Kaeritha, zogen es vor, einfach nur zu ermitteln und dann den entsprechenden Behörden Empfehlungen zu geben. So ließen sich verletzte Gefühle verhindern und man ließ Kompromissen Raum, die, wie jeder Paladin wusste, weit häufiger der Gerechtigkeit zugute kamen als eine kalte Rechtsprechung von oben herab. Dennoch schien Trisu keine Angst vor einem nachteiligen Urteil zu haben, welches den Disput ein für alle Mal beendet hätte. Im Gegenteil,
offenbar begrüßte er das Urteil eines Paladins sogar, so dass sie sich fragte, ob er sie absichtlich zu dieser Entscheidung hatte locken wollen.
    »Das Verdikt eines Paladins des Waagenmeisters ist selbstverständlich endgültig«, räumte er schließlich ein. »Ehrlich gesagt, Milady Paladin, selbst wenn Ihr gegen mich entscheiden solltet, es wäre mir eine Erleichterung, diese Angelegenheit endlich ein und alle Mal geklärt zu haben. Allerdings glaube ich nicht, dass es dazu kommt.«
    »Das bleibt abzuwarten, Milord«, antwortete Kaeritha. »Wir werden sehen.«

8
    HIER IST ES, Dame Kaeritha.«
    Salthan Spitzhacke war ein entfernter Cousin von Trisu, obwohl er mindestens doppelt so alt war wie der Lordhüter. Dass ein Lord und sein Oberster Richter verwandt waren, war nicht unüblich, doch Salthan hatte Kaeritha mehr als nur ein wenig überrascht. Er ähnelte viel mehr Sir Altharn als einem Lehnsherrn, hatte einen ausgeprägten Sinn für Humor, der hinter seinen blaugrauen Augen schimmerte und sich in seinem Lächeln zeigte, das auch sein dichter, sauber gestutzter Vollbart nicht verbergen konnte, in dessen kupferrotes Haar sich silberne Fäden mischten. Zudem war er, so bemerkte Kaeritha amüsiert, erheblich galanter als sein Cousin. Offenbar schienen ihn Kaerithas langes,

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