Die dunkle Göttin
argwöhnisch. »Zwischen mir und den Kriegsbräuten gibt es mehrere ungelöste Streitpunkte«, fuhr er fort. Das Wort »Kriegsbraut« hatte einen deutlich geringschätzigen Beigeschmack, doch damit hatte Kaeritha
schon gerechnet. Was ihr jedoch gar nicht behagte, war sein Unterton, der anzudeuten schien, dass Kaeritha nicht vollkommen unparteiisch in dieser Frage urteilte.
»Vergebt mir, wenn ich das so sage, Milord«, antwortete sie nach einem Augenblick. »All Eure Streitigkeiten mit Kalatha«, sie mied das Reizwort »Kriegsbräute«, »scheinen mir im Kern dieselben zu sein.«
»Ich bitte Euch, da zu unterscheiden, Dame Kaeritha.« Trisu schob das Kinn kriegerisch vor. »Ich bin mir sehr wohl darüber bewusst, dass Domina Yalith die Meinungsverschiedenheiten zwischen uns vor allem auf meine eigenen, tiefsitzenden Vorurteile zurückführt. Das ist jedoch nicht zutreffend.«
Kaerithas Skepsis musste ihrer Miene deutlich abzulesen sein, denn Trisu lachte einmal barsch auf.
»Missversteht mich nicht, Milady Paladin. Ich mag keine Kriegsbräute. Vielleicht verabscheue ich sie nicht so sehr wie mein Cousin Triahm dies tut, aber das muss nicht viel heißen. Ich bin der Meinung, dass allein ihre Existenz ein Affront gegen die Art von Leben ist, das die Götter für uns vorgesehen haben. Die Vorstellung, dass Frauen, die meisten Frauen jedenfalls
«, lenkte er ein, als Kaerithas Augen blitzten, »Männern als Krieger gleichkommen können, ist einfach lächerlich.« In der Sache macht er jedenfalls keine Zugeständnisse, dachte Kaeritha. »Wie Ihr selbst am besten zeigt, gibt es Ausnahmen, aber als allgemeine Regel ist diese Idee, wie gesagt, einfach lächerlich!«
Kaeritha riss sich zusammen. Das fiel ihr nicht leicht. Wenigstens besaß dieser junge Mann ihr gegenüber den Mut oder vielleicht auch den Hochmut -, zu sagen, was er dachte. Und, gab sie gleich darauf zu, er war ehrlich genug, seine Gefühle offen auf den Tisch zu legen, statt sie zu leugnen oder in Samt und Seide zu hüllen. Diese Ehrlichkeit schien auch ein Charakterzug von ihm zu sein, obwohl sie es gar nicht eilig hatte, ihm irgendwelche Tugenden zuzugestehen.
Diese Offenheit erschwert es bestimmt noch viel mehr, mit ihm auszukommen, dachte sie spöttisch. Aber sie wirft auch die Frage auf, warum er seine Haltung so unnachgiebig vertreten kann, wenn er insgeheim weiß, dass sie falsch ist. Sollten seine Vorurteile gegen die Kriegsbräute tatsächlich so stark sein, dass sie selbst seine angeborene Aufrichtigkeit überwinden?
»Ich gebe nicht viel auf allgemeine Regeln, Milord«, antwortete sie, als sie ihre Stimme fest im Griff hatte. »Ich habe feststellen müssen, dass diese so genannten allgemeinen Regeln den meisten Menschen nur einen bequemen Vorwand liefern, die Realitäten missachten zu können, die ihnen nicht passen!«
Sie starrten sich über den Schreibtisch hinweg an. Keiner von ihnen zuckte zurück.
»Es wundert mich nicht, dass Ihr so denkt«, antwortete er. »Zudem gehe ich davon aus, dass ich ebenso empfinden würde, wären unsere Rollen vertauscht. Aber das sind sie nicht und ich empfinde nicht so.« Seine Worte klangen nicht so provozierend, wie sie es hätten tun können. »Und weil das nicht so ist, spreche ich es auch ganz offen aus. Nicht nur, weil ich mich im Recht fühle, was ich auch ganz offenkundig bin, sondern damit wir beide uns nicht etwa missverstehen.«
»Es ist immer gut, Missverständnisse zu vermeiden«, stimmte sie trocken zu.
»So halte ich es seit jeher.« Er nickte. »Und nach dieser Klarstellung wiederhole ich, dass meine
Schwierigkeiten mit Kalatha wenig mit meiner prinzipiellen Einstellung den Kriegsbräuten gegenüber zu tun haben. Es ist eine Tatsache, dass Kalatha ganz klar seine eigene Charta und meine Grenzen verletzt, und dass sich Domina Yalith und die Stadtversammlung schlicht weigern, dies zuzugeben.«
Kaeritha lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Die Überzeugung, mit der er das sagte, überraschte sie. Er hatte zwar dieselbe Haltung in seiner Korrespondenz mit Tellians Richtern
vertreten, aber Kaeritha hatte die entscheidenden Auszüge aus Kalathas Original-Charta und Lord Kellos Landschenkung in Yaliths Bibliothek sorgfältig studiert, bevor sie nach Thalar geritten war. Die Domina und auch Lanitha hatten ihr die strittigen Passagen gezeigt, wofür Kaeritha sehr dankbar war. Sie beherrschte die Schriftsprache der Sothôii sehr viel schlechter als zum Beispiel Brandark. Und
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