Die dunkle Göttin
ihre Anhänger in der Stadtversammlung unterstützt, gebe ich das gern zu. Ich sage nur, dass sie klug genug ist, und auch feinsinnig
genug, es so zu tun, dass niemand sie, den Tempel oder Die Mutter in einen offenen Konflikt mit einem Lordhüter zerren kann.«
»Wahrscheinlich hast du Recht.« Tharnha klang zwar nicht überzeugt, lächelte aber und zuckte gleichmütig mit den Schultern.
»Wie auch immer«, fuhr sie dann fröhlicher fort. »Hat zufällig eine von euch diesen gut aussehenden, blonden Bewaffneten gesehen, der heute Nachmittag mit dem Weinhändler angekommen ist? Hmm, lecker!«
Sie klimperte mit den Wimpern und Eramis kicherte.
»Ich hätte nichts dagegen, ihn ein bisschen näher kennen zu lernen, das kann ich euch sagen.« Tharnha grinste anzüglich. »Wenn ich nur an seinen Hintern denke, und diese Schultern
! Ihr wisst doch, was man von Welpen sagt, deren Pfoten bereits andeuten, wie groß sie einmal werden?« Sie verzog das Gesicht noch lüsterner. »Also wirklich, wenn andere Teile seiner Anatomie so groß gewachsen sind, dass sie zu diesen Schultern passen
«
7
DAS ARBEITSZIMMER von Lordhüter Trisu lag im dritten Stock seines etwas antiquierten Familienfrieds. Diese Tatsache hatte Kaeritha überrascht, denn sein Vater hatte eine weit feudalere Arbeitszimmersuite in Thalars recht neuem Rathaus eingerichtet. Doch als Kaeritha das Zimmer sah, verflog ihre Überraschung so schnell, wie sie gekommen war. Seine Wahl passte genau zum Charakter dieses Mannes. Von den hohen, schmalen Fenstern des Raumes, deren später eingesetztes Glas nicht darüber hinwegtäuschen konnte, dass es einst Schießscharten für Bogenschützen gewesen waren, hatte man einen weiten Blick über die Ortschaft Thalar. Von hier aus konnte Trisu seine Domäne betrachten, wann immer es ihm beliebte. Außerdem verdeutlichte ein Blick auf die spartanischen, weiß gekalkten Wände, deren Schild- und Waffenschmuck den kargen Eindruck kaum milderte, dass sich der Lordhüter nirgendwo sonst hätte wohl fühlen können, ganz gleich wie viel mehr Raum er gehabt hätte.
Der Bewaffnete, der sie zu Trisu geführt hatte, zog sich auf eine Handbewegung seines Lords hin zurück und schloss die Tür des Arbeitszimmers leise hinter sich. Die Sonne schien durch die rautenförmigen Fenster hinter Trisus Schreibtisch, und trotz der trophäengeschmückten Wände besaß der hohe Raum eine gewisse luftige Wärme.
»Guten Morgen, Dame Kaeritha. Ich hoffe, Ihr habt gut geschlafen? Waren Eure Gemächer komfortabel genug?«
»Danke, Milord. Ich habe gut geschlafen und alles war äußerst bequem.« Sie lächelte. »Außerdem möchte ich Euch danken, dass Ihr mich heute Morgen so zeitig empfangt.«
»Ihr seid selbstverständlich sehr willkommen, also ist kein Dank nötig. Die Pflicht meinem Lehnsherrn und ebenso dem Kriegsgott gegenüber verlangen nicht weniger.« Er legte sich auf seinem hochlehnigen Stuhl zurück und faltete die Hände auf der Schreibtischplatte. »Dennoch, die Anweisungen Baron Tellians sind zwar klar, aber nicht gerade ausführlich. In welcher Hinsicht genau kann ich Euch also behilflich sein?«
»Der Baron hat sich wirklich recht allgemein ausgedrückt«, gab Kaeritha zu. »Er musste diese Briefe verfassen, bevor ich aufbrach, und zu diesem Zeitpunkt wussten weder er noch ich, welche Art von Problemen mich erwarten würden.«
Fragend hob er die Brauen.
»Die Paladine des Tomanâk, Milord«, fuhr sie gleichmütig fort, »finden sich häufig in solchen Umständen wieder. Wir haben gelernt, auf Schwierigkeiten sozusagen aus dem Stegreif zu reagieren. Baron Tellian nahm zu Recht an, dass dies auch hier der Fall sein würde.«
»Verstehe.« Trisu dachte über ihre Worte nach und zuckte dann mit den Schultern. »Verstehe«, wiederholte er. »Darf ich annehmen, dass Ihr jetzt, nachdem Ihr mich aufgesucht und mir die Empfehlungsschreiben des Barons gezeigt habt, wisst, um welches Problem es sich handelt?«
»Ich glaube, dass ich zumindest die Natur des Problems entdeckt habe, Milord.« Kaeritha hoffte, dass sie höflich und nicht vorsichtig klang, aber ihr war bewusst, dass seine offenkundigen Vorurteile ihr gegenüber eine ebenso starke Abneigung in ihr geweckt hatten. Deshalb hütete sie ihre Zunge. »Es hat mit Eurem derzeitigen
Disput mit Kalatha zu tun.«
»Welchen Disput genau meint Ihr, Milady?« Trisu lächelte spöttisch. Seine Antwort kam etwas schneller, als Kaeritha erwartet hatte. Sie musterte ihn
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