Die dunkle Horde - Die Troll-Saga ; [5]
lenkte ihn die Frage ab, weshalb Ruk halbwegs milde antwortete: »Nein, ich habe mir das verdammte Ding ins Fleisch schießen lassen, ich hole es da wieder raus. Aber du kannst mir helfen. Halt meinen Arm fest.«
Karn tat, wie ihm geheißen, legte seine Hände um Ruks Oberarm und nickte. »Bereit.«
Ruk hielt die Luft an, dann legte er die Spitze seines rechten Zeigefingers auf den abgebrochenen Pfeil. Ohne groß nachzudenken, drückte er mit aller Kraft zu. Der Schmerz war bestialisch, aber er trieb ihn eher noch an. Der Pfeil bahnte sich seinen Weg durch den Muskel, schnitt durch das Fleisch, bis er an seinem Rücken austrat.
Bevor Ruk reagieren konnte, hatte Karn die Spitze gepackt und den Pfeil aus der Wunde gezogen. Ruks Arm zuckte hoch und warf seinen Bruder rücklings in den Schnee. Hastig zog er die Hand zurück; sein Finger steckte ein Stück in der blutigen Wunde, und das Gefühl, wie sein Fleisch an ihm saugte, war Übelkeit erregend.
Der Schrei, den Ruk ausstieß, war eine Mischung aus Triumph und Schmerz. Er packte seine Schulter oberhalb der Wunde und drückte zu. Irgendwie ließ das den Schmerz abklingen.
Karn hatte sich wieder aufgerappelt und hielt die Pfeilspitze hoch. »Schau! Die hat Widerhaken!«
»Kein Scheiß«, brummte Ruk, packte die Kante des Gebäudes neben sich und zog sich hoch.
»Wir sollten was um die Wunde wickeln«, stellte Karn besorgt fest. Ruk nickte seufzend. Sie hatten einen weiten Weg vor sich und sicher noch mehr als einen Kampf, und er hatte sich gleich bei der ersten Begegnung mit Feinden eine üble Verletzung zugezogen. Genau mein Glück. Das darf ich mir noch ewig anhören!
Aber erst einmal tat es gut, dass der Schmerz langsam abklang. Er verschwand nicht ganz, doch selbst diese Besserung gab Ruk seine Ruhe zurück, und er setzte sich wieder hin, lehnte sich an die Wand der Hütte und wartete, bis Karn mit einigen Stofffetzen zurückkehrte.
Der junge Troll wickelte sie, so gut es ging, um die Schulter. Zum Glück hatte er geschickte Finger, sodass die ganze Prozedur kaum schmerzte, bis er den letzten Stoffstreifen mit einem Ruck festzog. Ruk knurrte, sagte aber nichts.
»Wir bleiben hier, bis der Rest uns einholt«, erklärte Karn, als er sich neben Ruk setzte und seine blutigen Finger im Schnee abwischte. »Israk sagt, wir sollen alles aus den Hütten mitnehmen, was wir brauchen können.«
Ruk brummte zur Antwort nur. Nach dem Kampf war er nicht sonderlich erpicht darauf weiterzuziehen. Eine kurze Rast würde ihm guttun. Vorsichtig lehnte er sich zurück, bis die unverletzte Schulter wieder an der Wand ruhte. Er war müde.
»Sie haben sich gut gewehrt.«
In Karns Stimme klang etwas mit, was Ruk nur schwer deuten konnte.
»Sie haben ihre Hütten verteidigt.«
Die Erklärung war einfach, aber beide Trolle verstanden sie. Ruk wusste, dass er und Karn bis zum Letzten für ihren Stamm kämpfen würden.
»Ja.« Karn verstummte, suchte sichtlich nach Worten. »Es ist nur… Ich habe das nicht erwartet. Ich dachte, wir kommen hierher und holen uns die Beute.«
In der Hütte hinter ihnen gab es einen lauten Schlag, dann lachte eine Trollin auf, während jemand wütend fluchte. Eine kleine Schneelawine rutschte vom Dach und fiel neben Ruk auf den Boden.
»Dummköpfe«, murmelte er, dann wandte er sich Karn zu: »Das war der Plan, aber es hat nicht geklappt. Manchmal ist die Beute zu schlau, das weißt du doch auch. Wie oft kehrt man ohne sie heim?«
»Aber so ein Fellhorn zu jagen, das ist anders.«
Ruk hob die Hand an die Schulter und ließ seine Fingerkuppen über den Verband gleiten. Selbst die leiseste aller Berührungen löste heftige Schmerzen aus. »Stimmt. Fellhörner spicken einen nicht mit lauter Pfeilen mit Widerhaken.«
»Wird das noch öfter so laufen?« Auf Karns Gesicht zeigte sich Sorge.
»Was? Dass ich aussehe wie ein Stachler? Hoffentlich nicht!«
Trotz der Schmerzen grinste Ruk, als Karn ein bellendes Lachen ausstieß. Aber sein Bruder wurde bald wieder ernst.
»Ja, wird es«, fügte Ruk mit einem Seufzen hinzu. »Die unten in den Tälern und jenseits davon, die Völker in den Ebenen und in den Wäldern, die geben uns ihre Beute nicht freiwillig. Israk wusste das, und du kannst sicher sein, dass die Geschenke, die er mitgebracht hat, mit Trollblut erkauft waren.«
Sein Blick fiel auf die dunklen Flecken im Schnee, dort, wo sein eigenes Blut hingetropft war. Etwas störte ihn daran, und noch mehr störte ihn, dass er nicht einmal genau
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