Die dunkle Horde: Ein Trolle-Roman (German Edition)
hatte.
7
H ier trennen sich unsere Wege.«
Karn hielt inne, als er die Worte hörte. Er legte die Vorräte, die er seit ihrem Aufbruch aus den Höhlen in großen Ledersäcken auf dem Rücken trug, auf den Boden. Einige Trolle marschierten noch kurz weiter, doch dann hielt der ganze Trupp an. Ruk legte den Kopf in den Nacken und sog Luft in seine Nüstern.
»Ich sollte mit dir gehen«, erklärte Karn nicht zum ersten Mal. »Du wirst mich brauchen.«
»Nein, du musst mit uns kommen«, warf Israk ein. »Wir brauchen dich, deine Stimme. Ruk und die anderen werden auch ohne dich zurechtkommen.«
Es war nicht so, dass Karn an den Fähigkeiten seines älteren Bruders zweifelte; er empfand es lediglich als wichtig, auf diesem Weg an seiner Seite zu sein.
Doch Ruk legte ihm die Hand auf die Schulter und grinste breit. »Mach dir keine Sorgen um uns. Wir schauen uns das alles an und erzählen dir später davon.«
Karn wollte widersprechen, aber Ruk ließ ihn nicht zu Wort kommen: »Außerdem würdest du uns eh nur aufhalten wie ein fettes Fellhorn. Dauernd müsste ich auf dich aufpassen. Das wäre nichts.«
Trotz seiner widerstreitenden Gefühle musste Karn lächeln. Er legte Ruk nun auch seine Hand auf die Schulter. Sie standen sich gegenüber, legten die Stirnen aneinander.
»Mach keinen Scheiß«, flüsterte Karn.
»Du auch nicht.«
Dann wandte sich Ruk ab und versammelte die wenigen Trolle um sich, die mit ihm gehen würden. Karn konnte verstehen, dass jemand hinab in die Täler musste, vielleicht sogar bis hinunter in das flache Land jenseits der Berge, um die Wege zu erkunden. Ein Jäger konnte nur gut sein, wenn er sein Revier kannte, und die Trolle verließen selbiges zu selten. Aber ich sollte dabei sein.
Die restlichen Trolle setzten sich wieder in Bewegung. Nur Ruk und die Seinen folgten ihnen nicht, sondern liefen in das Tal hinab. Karn blickte ihnen nach. Vier Trolle, die er sein ganzes Leben lang kannte. Fast hätte er dem Impuls nachgegeben, ihnen zu folgen. Da jedoch verschwanden sie zwischen zwei großen Felsen aus seiner Sicht. Er starrte einen Herzschlag lang auf die Stelle, wo sie eben noch gewesen waren, dann seufzte er, wuchtete die Last wieder auf die Schultern und ging weiter.
Kaum zehn Schritt weiter wartete Israk auf ihn. »Ich verstehe, dass du sie begleiten willst, aber die Versammlung ist ebenso wichtig. Wir müssen mehr Trolle überzeugen.«
Karn grunzte nur.
»Ich habe großes Vertrauen in dich«, erklärte Israk unvermittelt. »Du hast gezeigt, dass du ein großer Jäger werden wirst. Aber das ist nur ein Teil. Ich sehe mehr in dir.«
Sie schritten Seite an Seite. Karn überlegte, was der Anführer wohl meinen könnte.
»Ich weiß nicht, welche Hilfe ich bei der Versammlung der Stämme sein könnte«, erwiderte er schließlich. »Doch an Ruks Seite könnte ich helfen. Ich bin ein guter Jäger, und wenn sie da unten auf Feinde stoßen, werden sie jede Klaue und jeden Hauer brauchen.«
»Ruk weiß, was er tut. Und die anderen sind keine Frischlinge. Selbst Ksisa wirkt auf mich weitaus erfahrener, als es ihre Winter vermuten lassen.«
Überrascht darüber, wie schnell sich Israk die Namen aller Trolle hatte merken können, sah Karn ihn an. Kaum ein paar Nächte hatte er in den Höhlen des Stammes verbracht, und schon sprach er über die Trolle dort, als kenne er sie seit vielen Wintern. Und umgekehrt kam es selbst Karn so vor, als sei Israk kein Fremder, sondern eine vertraute Gestalt.
»Außerdem haben wir nicht viel Zeit. Trolle hungern, Karn, und zu viele werden das Ende dieses ewigen Winters nicht mehr erleben. Sie brauchen unsere Hilfe.«
»Dann sollte ich erst recht mitgehen und Beute machen«, gab Karn zu bedenken. »Wir alle sollten das.«
Der Schnee knirschte unter Karns Füßen. Es hatte ein wenig aufgeklart, seit sie aufgebrochen waren, aber der Himmel war immer noch von einem hellen Grau, das diffus leuchtete, sodass man kaum wusste, wohin man blicken sollte.
»Das würde nur wenigen helfen. Nein, wir brauchen mehr Trolle, als ein Stamm entsenden kann. Selbst das Treffen der von uns benachrichtigten Stämme jetzt ist nur ein Anfang.«
Karn versuchte sich vorzustellen, wie die Jäger vieler Stämme gemeinsam auf die Jagd gingen. Zwei Dutzend könnte allein sein Stamm stellen, und der war nicht besonders groß.
»Stell dir vor, was ein Haufen Jäger alles erreichen könnte«, sprach Israk Karns Gedanken aus. Ein ganzes Stück gingen sie schweigend, holten die
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