Die dunkle Horde: Ein Trolle-Roman (German Edition)
diese kein Ende. Karn hatte alte Trolle sagen hören, dass sie so tief in den Fels hinabführten, dass man immer weiter gehen konnte, tiefer und tiefer, ein ganzes Trollleben lang. Als junger Troll, bei seiner ersten Teilnahme an einer Versammlung, hatte er mit einigen anderen einen Teil erkundet, und er wusste, dass sich die Höhlen zu einem Gewirr von Gängen und weiteren Höhlen öffneten, in dem man sich nur allzu leicht verirren konnte.
Als er unten am See Bewegung sah, atmete er erleichtert auf.
»Eine ganze Menge sind gekommen«, stellte Akken zufrieden fest. Seine Nachricht hatte sie gerufen, und dass sie der Aufforderung gefolgt waren, gefiel dem Anführer des Stammes sichtlich. Er wandte sich Karn zu. »Es sieht nach richtig vielen aus!«
Der Triumph in seiner Stimme erschien Karn seltsam, aber er konnte nicht einschätzen, warum es dem Anführer so wichtig war, ihn darauf hinzuweisen, also nickte er nur.
»Kommt!«, rief Israk von der Spitze des Trupps. »Bald sind wir da. Wollt ihr etwa zur Versammlung schleichen? Die Häupter gesenkt, die Münder still?«
»Nein«, erscholl die Antwort hier und da, meist von den Trollen seines Stamms.
»Dann singt!«
Hinter Karn begann ein Troll einen tiefen Singsang ohne Worte, ein an- und abschwellendes Brummen, das um ihn herum aufgenommen wurde. Karn kannte den Gesang; oft wurde er auf längeren Reisen vorgetragen, und instinktiv fiel er in ihn ein. Schon bald machten alle mit, und die Luft war erfüllt von Trollstimmen.
Ein Schauer lief Karn über den Rücken. Gerade noch war er ein einzelner Troll gewesen, umgeben von den Seinen, doch eben nur ein Troll. Nun, als seine Stimme sich unter die der anderen mischte, sich in ihnen verlor und gemeinsam mit ihnen zu mehr wurde, fühlte auch er, wie er in der Gemeinschaft aufging und mehr wurde, als ein einzelner Troll sein konnte. Um ihn herum sah er die Gesichter der anderen Trolle, und er las in ihnen, dass sie ebenso empfanden.
So zogen die beiden Stämme in die Versammlungshöhlen ein, auch wenn sie in diesem Augenblick keine zwei Stämme waren, sondern wie einer marschierten.
Die bereits anwesenden Trolle machten ihnen Platz, ließen sie in die gewaltige Halle unter dem Fels, wo bereits mehrere Feuer brannten, die sich in einem kleinen unterirdischen See spiegelten, aus dem ein schmales Rinnsal entsprang, das schon bald durch eine Spalte in der Tiefe verschwand.
Karn unterdrückte den Seufzer der Erleichterung, als er die Säcke mit den Vorräten auf den harten Felsboden fallen ließ. Auch rieb er sich nicht die Schulter, obwohl das sein erster Impuls gewesen war. Dann sah er sich um.
Es waren weitaus mehr Trolle, als er erhofft hatte. Dutzende, nein, Hunderte standen, saßen und lagen in der Höhle, ihre Gesichter alle den Neuankömmlingen zugewandt, die Augen im Feuerschein glänzend. Keiner sprach.
»Wir sind hier«, rief Israk in die Stille. »Die Versammlung kann beginnen.«
Es gab keine Antwort, doch der Anführer grinste nur breit. »Aber vorher schlagen wir uns die Bäuche voll!«
Wie auf Kommando schütteten seine Trolle Fleisch und anderes Essbares aus ihren Lederbeuteln auf den kalten Boden. Ein leises Raunen ging durch die Versammelten, als sie sahen, was dort alles zum Vorschein kam.
»Worauf wartet ihr noch? Habt ihr keinen Hunger?«
Die Trolle stürzten sich auf das Fleisch. Zuerst gab es kleine Rangeleien, dann aber bemerkte jeder, dass mehr als genug für alle da war. Lachen, Rufe, zufriedenes Grunzen erfüllten die Höhle und kamen als Echos aus den Gängen zurück. Die Schatten an den Wänden tanzten, zeigten riesige Trolle mit Händen voller Beute.
Obwohl Karn nach dem langen Marsch auch hungrig war, wartete er ab und betrachtete das Schauspiel. Hier und da erblickte er Trolle aus anderen Stämmen, die er kannte oder zumindest schon einmal gesehen hatte. In ihren Mienen lagen Freude und Erleichterung.
Außer ihm war noch ein Troll einfach stehen geblieben und betrachtete alles mit einem zufriedenen Grinsen. Als er Karns Blick bemerkte, hob Israk die Hände und wies in die Runde.
Karn nickte ihm zu.
8
I ch habe dem Vieh das Genick gebrochen. Also kann ich mir auch das beste Stück nehmen«, knurrte Breg und senkte die dunkelgrauen, gedrehten Hörner in Ksisas und Tammas Richtung.
»Wir haben es aber zusammen erlegt, und überhaupt: seit wann schlägt sich ein Jäger allein den Bauch mit der Beute voll?«, erwiderte Tamma. Die Trollin war ebenso groß wie Breg, und wie er hatte
Weitere Kostenlose Bücher