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Die dunkle Macht des Mondes

Die dunkle Macht des Mondes

Titel: Die dunkle Macht des Mondes
Autoren: Susan Krinard
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Angst vor dem Tod. Und auch wenn Gwen ihn als Mann ansah, war “mögen” doch noch meilenweit entfernt von diesem merkwürdigen menschlichen Gefühl, das ihren Untergang bedeuten konnte. Sogar wenn sie es sich gestatten würde, mehr für ihn zu empfinden, als sie es schon tat, mehr als das, was die Sterblichen als “Freundschaft” bezeichneten, würde sie nie begreifen können, was er gewesen war, wie er gelebt hatte, was er getan hatte. Sie würde niemals verstehen können, was sein Leben geformt hatte, was ihn so nahe an den Wahnsinn gebracht hatte und warum man ihm nicht vertrauen konnte.
    Sogar
ihr
Mut würde nicht ausreichen, um sich dieser Wahrheit zu stellen.
    Dorian bedeckte sein Gesicht mit beiden Händen. Morgen käme der Wahnsinn, und er konnte sich nicht sicher sein, dass er sich erholen würde. Heute war er noch rational genug, um seine Lust auf Gwens Körper von seinem Verlangen nach ihrem Blut zu trennen. Aber Instinkt, bei
Strigoi
genauso wie bei Menschen, konnte stärker sein als der Verstand. Körperliches Verlangen, nicht in Schach gehalten von den Gesetzen des Clans oder dem Befehl eines Meisters, konnte sich zum Fortpflanzungsdrang auswachsen. Und es gab nur einen Weg, durch den Vampire mehr ihrer eigenen Art erschaffen konnten.
    Angewidert von seiner eigenen Schwäche, erwog Dorian kaltherzig seine Möglichkeiten. Wenn er die Qualen der nächsten Nacht überlebte, dann würde er daran gehen, seine Flucht zu planen. Er kannte einige Orte in Hell’s Kitchen, an denen Walter für kurze Zeit Zuflucht finden konnte, bis er sich etwas Besseres überlegt hatte. Orte, an denen Gwen ihn nicht finden konnte.
    Sie würde ihn bald genug vergessen haben. Und er würde sich an sie nur als an einen weiteren Menschen erinnern, der kurz in sein Leben getreten war und es flüchtig wie ein Geist gleich darauf wieder verlassen hatte.
    Dorian nahm den Korb und machte sich auf die Suche nach Walter.
    Das
Lord Byron’s
, so hieß es, servierte die besten Steaks in ganz Manhattan. Es war schon immer ein angesagter Treffpunkt für die Elite gewesen, überteuert und überladen mit Kristallleuchtern und kunstvoll verspiegelten Wänden, die an eine frühere Zeit erinnerten. Frauen in Chanelkleidern und Perlenschnüren wurden in schwarzen Limousinen vorgefahren und erschienen am Arm von Männern mit Zylinderhüten und Smokings. Ein kleines Orchester spielte diskrete Melodien, während Börsenmakler von der Wall Street ihre letzten Aktienkäufe diskutierten und junge Paare Wange an Wange tanzten.
    Für den unbeteiligten Beobachter sah das
Lord Byron’s
geradezu harmlos aus. Aber wie jeder andere Club und jedes Restaurant, das sein Geld wert war, hatte es ein privates Hinterzimmer, das sich an diejenige Klientel richtete, die ein wenig Alkohol und Aufregung mit ihren Mahlzeiten wünschte. Und wie jeder gute Reporter kannte Mitch das richtige Passwort, um hineingelassen zu werden.
    Er sprach kurz mit dem Oberkellner und führte Gwen dann zu einem Tisch in der Nähe der Band. Sie spielten eine beliebte Melodie, ein Liedchen über jemanden, der jemand anderem Unrecht getan hatte, und mehrere Paare auf dem Tanzboden legten dazu eine heiße Sohle hin.
    Gwen und Mitch saßen kaum, als ein Kellner ihnen auch schon einen Kühler mit einer Flasche Wein darin brachte. Er zeigte Mitch das Etikett, und dieser nickte zustimmend.
    “Ich wusste nicht, dass du dir Chateau d’Or leisten kannst”, sagte Gwen und schüttelte mit einem Ruck ihre Serviette aus.
    Mitch sah sie entgeistert an. “Man kann sich immer darauf verlassen, dass du in besonderen Momenten etwas vollkommen Banales von dir gibst”, sagte er.
    “Was für Momente?” Sie nippte an ihrem Eiswasser und warf Mitch einen kindlich-unschuldigen Blick zu. “Sind wir nicht hier, um deinen neuesten Erfolg zu feiern?”
    Mitchs Antwort ging im Trompetenschall unter, aber sein gut geschnittenes Gesicht sprach Bände.
    “… solltest mich besser kennen”, sagte er. “
Ich
habe es nicht vergessen.”
    Gwen widerstand dem Drang, dem bevorstehenden Gespräch durch noch mehr Geschäker auszuweichen, denn es war klar, dass Mitch dabei nicht mitmachen würde. Er hatte sich für Formalität entschieden, und das war ein sehr schlechtes Zeichen.
    “Okay”, sagte sie mit einem leichten Seufzen. “Entschuldige, Mitch. Ich werde versuchen, mich zu benehmen.”
    Er entspannte sich ein wenig und gestattete dem Kellner, ihnen den Wein zu dekantieren. Er hielt sich das Glas unter die
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