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Die dunkle Quelle

Die dunkle Quelle

Titel: Die dunkle Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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rauhholzigen Schafstall gemütlich,
nachdem sie dem Schäfer einen Taler in die runzlige Hand gedrückt hatten. Naenn
war immer noch hohlwangig und zittrig, aber der Schafsgeruch ringsum schien ihr
gut zu tun. Sie schlief zusammengerollt im Stroh, und Rodraeg saß mit dem
Rücken an den Eingang gelehnt und hielt Wache über die sprießenden Felder und
Kirschbäume ringsum.
    Als Naenn mitten in der
Nacht aufwachte, kroch sie auf allen Vieren in Rodraegs Nähe und vermummte sich
mit ihren Reisedecken.
    Â»Geht’s Euch besser?«
fragte Rodraeg fürsorglich.
    Â»Auf jeden Fall.
Versprecht mir bitte, daß dieses Zeug bei uns im Warchaimer Haus nie auf den
Tisch kommen muß.«
    Â»Versprochen. Wer ist
dort eigentlich fürs Kochen zuständig?«
    Â»Ich denke, ich werde
mich mit dem Mitarbeiter des Kreises vor Ort abwechseln.«
    Â»Warum hat mir noch nie
jemand etwas über diesen Mitarbeiter erzählt?«
    Â»Weil – es ist ein
bißchen ähnlich wie mit Riban Leribin. Ich weiß nicht, ob es nötig ist,
allzuviel zu wissen, bevor man ihm die Gelegenheit gibt, sich selbst
vorzustellen.«
    Â»Hm. Bei Leribin sehe
ich das ein, schließlich ist er mein Vorgesetzter. Er muß alles über mich
wissen, nicht umgekehrt. Aber bei den Leuten im Warchaimer Haus muß das anders
laufen. Wenn ich da wirklich etwas aufbauen soll, wenn ich ein Anführer und Organisator
sein soll, dann ist es hinderlich, wenn ich jedem erst mühsam aus der Nase
ziehen muß, was es über ihn zu wissen gibt. Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr
mich wenigstens genau so weit einweihen würdet, wie der Kreis Euch eingeweiht
hat.«
    Â»Ihr habt recht.
Vergebt mir, daß ich andauernd versuche, Euch zu bevormunden. Ich bin Euch zwar
eigentlich vom Kreis übergeordnet worden, aber dennoch soll es in Warchaim vor
allem meine Aufgabe sein, von Euch und den anderen zu lernen. Ihr sollt völlig
freie Hand haben, Rodraeg. Ich werde nur dann ein Veto einlegen, wenn ich die
Interessen des Kreises gefährdet sehe.«
    Â»Ich bin froh, daß Ihr
mich nicht alleine laßt. Wir sollten übrigens rechtzeitig damit anfangen, uns
einfach mit ›Du‹ anzureden. Ich finde, diese Förmlichkeiten erschweren das
Zusammenleben in einem Haus unnötig. Ich habe keine Lust, meine Mitarbeiter am
Frühstückstisch mit ›Euer Gnaden‹ ansprechen zu müssen.«
    Naenn nickte und
schluckte gleichzeitig. »Der Name unseres Hausverwalters in Warchaim ist Cajin
Cajumery. Er ist erst siebzehn Jahre alt. Ich habe ihn kennengelernt, als ich
auf meiner Suche nach dem Abenteurer Dar Seaf durch Warchaim kam. Cajin wirkt
einnehmend, zuvorkommend und freundlich, und das ist der Grund, weshalb ich
Euch … dir seine Lebensgeschichte zuerst verheimlichen wollte. Man sieht
sie ihm nämlich nicht an, und das scheint mir ein mittleres Wunder zu sein.«
Sie atmete tief ein und aus. »Cajin wurde auf einem Schlachtfeld geboren, als
vor siebzehn Jahren dieser eigenartige Bürgerkrieg zwischen Nordjazat und
Südjazat tobte.«
    Â»Ich erinnere mich. Das
war damals genau die Zeit, als Baladesar und ich als zwanzigjährige Spunde in
die Welt zogen, um berühmte Abenteurer zu werden. Als wir nach Herugat kamen,
wurden wir beinahe als Söldner angeworben, ob für Nordjazat oder Südjazat weiß
ich gar nicht mehr, uns schien das schon damals ein und dasselbe zu sein.
Glücklicherweise war uns die Sache nicht geheuer. Nachdem der damalige König
mit seinen Truppen dort einmarschierte und den Bürgerkrieg beendete, hörte man
von Zehntausenden von Toten und von unbeschreiblichen Greueln in
Kriegsgefangenenlagern.«
    Â»Richtig. Cajins Mutter
war als kriegsgefangene Söldnerin in einem solchen Lager vergewaltigt und
geschwängert worden. Nach ihrer Befreiung wütete sie mit einem solchen Haß
gegen ihre Peiniger, daß sie hochschwanger auf dem Schlachtfeld kämpfte und
ebendort zwischen den Leichen ihr Kind zur Welt brachte. Ein königlicher Soldat
fand sie und brachte sie in ein Sechs-Häuser-Dörfchen knapp außerhalb des
Kriegsgebietes, wo man sich um Mutter und Kind kümmerte. Cajins Mutter lebte
nur noch wenige Wochen, dann raffte ein Fieber sie dahin, das sie sich auf dem
Schlachtfeld eingefangen hatte. Der kleine Cajin wurde nach Siberig gebracht,
in ein Waisenhaus unter Aufsicht von Arisp-Priestern. Dort fand ihn Ilde
Hagelfels

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