Die dunkle Quelle
zu gesalzen für
Rodraegs Geschmack. »Wir werden in Warchaim ein Haus einrichten müssen«,
tröstete er den Händler. »Es kann also gut sein, daà ich nochmal auf Euch
zurückkomme.« Dier fragte, ob er schon einen Teppich für Rodraeg reservieren
solle, denn seine Ware fände in Warchaim »gewiÃlich reiÃenden Absatz«, und es
wäre doch schade, wenn ausgerechnet Rodraegs »Augenstern« dann schon verkauft
wäre, doch Rodraeg sagte, bevor er die Räumlichkeiten kenne, hätte es keinen
Sinn, einen Teppich auszusuchen.
Beim Abendlager wusch
Rodraeg sich im Wasser des Larnus die Reste des Baumblutbalsams aus dem
Gesicht. Naenn begutachtete ihn anschlieÃend: Alle Spuren der Schlägerei waren
getilgt.
Am frühen Vormittag des
zehnten Tages erreichten sie Warchaim. Eras Dier führte genauestens Buch über
seine Reisen und Geschäfte, und so erfuhren Rodraeg und Naenn, daà man den
vierten Tag des Regenmondes schrieb, als sie von Westen her in Warchaim
einzogen.
Die Stadt war nur unwesentlich
gröÃer als Kuellen, bestand schätzungsweise aus eintausend Häusern, aber die
Gebäude waren hier etwas ausladender und höher, man konnte wohl von fünftausend
Einwohnern ausgehen, während Kuellen nur dreitausend hatte. Umgeben war
Warchaim von einer uralten Trutzmauer, die noch aus der Zeit vor der groÃen
Vereinigung stammte und die mittlerweile nur noch als Ruine erhalten war, weil
die Warchaimer sie jahrhundertelang als Baumaterial ausgeschlachtet hatten. So
ragte sie hier und dort noch stolze fünf Meter in die Höhe, an den meisten
Stellen jedoch fehlte sie vollkommen oder war nicht mehr als eine Schwelle,
über die man leicht steigen konnte.
Als sie über die
HauptstraÃe aus Richtung Aldava kamen, konnte Rodraeg linkerhand einen auf
einem Hügel befindlichen Park mit einem schloÃähnlichen Gebäude sehen;
rechterhand senkte sich die Stadt hinunter zum Hafen, denn die südliche
Begrenzung Warchaims bildete der Larnus.
Auf der mittleren
HauptstraÃenkreuzung trennten sie sich von Eras Dier. Der wollte weiter zum
Verwaltungskontor, um dort eine Bude auf dem täglichen groÃen Markt anzumieten.
An der Kreuzung stand eine uralte Tempelruine, derjenigen an den Larnusquellen
von der Bauweise her nicht unähnlich, aber nicht so überwuchert, sondern
einfach nur verwittert und ohne Dach. Von hier aus wandten Naenn und Rodraeg
sich nach Norden, auf der zwar belebten, aber nicht wie in Aldava verstopften
Nord-Süd-StraÃe, vorbei an dem ummauerten Parkgelände, bis sie schlieÃlich in
die erste Gasse einbogen, die nach links führte und nicht als Sackgasse an der
Parkmauer endete, sondern daran vorbeilief. Kleinere Häuser standen neben
gröÃeren Fachwerkgebäuden, alles dicht an dicht, vielgestaltig und auf
unterschiedliche Arten windschief.
»Da ist ja Cajin«,
sagte Naenn und deutete auf einen blondschöpfigen Jüngling, der mit Nägeln
zwischen den Zähnen einen Fensterladen des winzigsten Hauses in der ganzen
StraÃe zurechthämmerte. Von dieser Kreuzung aus betrachtet war es das zweite
auf der rechten Seite.
»Das ist unser Haus?«
fragte Rodraeg, der sich ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte.
»Tja.«
»Dann sollen wir wohl
offensichtlich eine kleine Gruppe bilden. Zwei oder drei nicht zu beleibte
Kinder vielleicht.«
»Ach, Rodraeg. Schau,
es hat immerhin ein ObergeschoÃ.«
»Warst du schon mal
drinnen?«
Naenn schüttelte den
Kopf. »Ich stand nur vor der Tür und habe kurz mit Cajin geredet. Ich hatte es
eilig.«
»Na, dann machen wir
mal eine Besichtigung.«
Das erste Haus auf der
rechten Seite, mehr als doppelt so breit wie das, an dem Cajin herumwerkelte,
beherbergte einen Krämerladen. »Nideon Hallick« stand über der Tür, und durch
mit allerlei Mobiliar und Gegenständen vollgestellte Fensterchen konnte man im
Inneren eine krumme Gestalt herumwuseln sehen. Gegenüber, an der linken
Gassenseite, stand ein noch gröÃeres, dreistöckiges Gebäude. Auch hier gab es
unter dem Wohnbereich Platz für ein Geschäft: »Stoffe Von Heyden«. Fassade und
Fenster wirkten deutlich gediegener als der Krämerladen und Cajins Häuschen.
»Cajin Cajumery?«
fragte Rodraeg, als sie den Blonden erreicht hatten. Der drehte sich um und die
Nägel fielen ihm beinahe aus dem Mund, als er Naenn erkannte.
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