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Die dunkle Quelle

Die dunkle Quelle

Titel: Die dunkle Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Wolken
verdunkelt. Der Straßensand war weich und klebrig unter den Sohlen.
    Kaum aus der Haustür
versuchte Bestar schon, Rodraeg über Naenn auszuquetschen. Welche Rolle sie in
der Gruppe und im Haus spiele, woher sie stamme, wie alt sie wohl sei und ob
sie fest mit jemandem zusammensei, der noch größer und stärker war als Bestar.
Rodraeg hatte das Gefühl, sich seine Antworten gut überlegen zu müssen.
    Â»Genau genommen«,
begann er, »ist Naenn im Haus das Oberhaupt, denn sie hat mich angeheuert.
›Zusammen‹ ist sie, wenn man das so formulieren kann, wohl am ehesten mit den
Göttern und mit ihren Leuten aus dem Larnwald. Und ich kann dir nur davon
abraten, ihr gegenüber allzu aufdringlich zu werden. Ich habe mit eigenen Augen
gesehen, wie sie zwei Kerle gleichzeitig durch die Luft geschleudert hat.«
    Â»Jaa«, rief Bestar
begeistert, »eine Wildkatze! Klasse!«
    Â»Und du, Rodraeg?«
fragte Migal. »Bist du bei ihr abgeblitzt?«
    Rodraeg blieb stehen,
die beiden Schwertkrieger auch. »Nein«, antwortete er ruhig. »Ich bin nicht
abgeblitzt, weil ich nichts Dummes versucht habe. Und ich möchte euch bitten,
ebenfalls darauf zu verzichten, Unfrieden in unser Haus zu tragen. Wir werden
draußen im Kontinent noch genug Probleme bekommen, da werden wir das Haus als
einen Ort brauchen, wo wir uns in Frieden zurückziehen und neue Kraft tanken
können.«
    Â»Aber ein bißchen Spaß
wird doch wohl erlaubt sein«, grinste Bestar.
    Â»Spaß ist das, was alle
Beteiligten lustig finden. Wir müssen nun mal auf engem Raum miteinander
klarkommen.«
    Â»Streit wird nicht zu
vermeiden sein«, meinte Migal. »Sobald wir unterwegs sind und einer von uns
baut Mist, werden die anderen über ihn herfallen. Das ist ganz normal.«
    Â»Aber das kommt dann
früh genug. Und nicht in unserem Haus.«
    Â»Also: ›Finger weg von
dem Mädchen‹«, grinste Bestar immer noch. »Wenn es so einfach ist, dann sag es
doch so einfach. Wir halten uns an die Hausordnung, nicht wahr, Migal?«
    Â»Natürlich, Bestar.«
    Damit schien diese
Sache geklärt zu sein. Sie gingen weiter.
    Auf dem Marktplatz
herrschte der übliche unüberschaubare Trubel. Feuerschlucker, Jongleure und
Körperverbieger heischten nach Beifall und zugeworfenen Kupferstücken. Die Händler
überschrien sich gegenseitig beim Feilbieten ihrer Waren.
    Â»Wann meinst du
eigentlich, daß es losgeht?« fragte Migal Rodraeg.
    Â»Womit?« Rodraeg war
etwas abgelenkt von einer Tänzerin, die sich so weit nach hinten krümmte, daß
sie ihm mit ihrem Kopf zwischen ihren Füßen zulächelte.
    Â»Mit dem Auftrag.«
    Â»Hm. Ich rechne täglich
oder sogar stündlich damit. Ich kann mir nicht vorstellen, daß unsere
Auftraggeber uns einen geruhsamen Alltag finanzieren, ohne etwas dafür zu
verlangen.«
    Â»Sind strenge Leute,
was?«
    Â»Naja. Es sind Leute,
die das, was sie machen, ernst nehmen. Das läuft wohl aufs selbe hinaus.
Jedenfalls will ich die Gruppe so schnell wie möglich komplett haben. Ihr wißt,
wonach ihr Ausschau halten sollt.«
    Â»Was ist, wenn wir
keinen finden?« fragte Bestar.
    Â»Dann kann man’s nicht
ändern. Genießt euren Tag am Markt.«
    Die beiden klopften ihm
auf die Schultern und mischten sich dann unters Volk. Rodraeg schaute ihnen
noch kurz nach. Er fand es lustig, wie breitbeinig und riesenhaft sie wirkten,
wie sie sich geringschätzig einen Weg bahnten durch überwiegend kleinere Stadtmenschen,
und wie angeberisch sie Naenn zwischen sich aufgeteilt hatten, kaum daß Naenn
außer Hörweite war. Aber gestern abend und auch heute beim Frühstück hatten sie
kaum gewagt, dem Schmetterlingsmädchen ins Gesicht zu sehen, und wenn doch,
waren sie rot geworden bis hinter die Ohren. Naenn hatte es erfaßt: Sie waren
noch Kinder, die beiden. Aber Naenn war selbst noch ein Kind, und Cajin erst
recht. Das Haus des Mammuts war fast so ein Schulgebäude wie das in Hessely, wo
Rodraeg gearbeitet hatte, und wieder war er Lehrer und Papa in einem. Es wäre nicht schlecht , dachte er, wenn
der Bogenschütze oder der Dieb schon etwas älter wären.
    Zunächst ging Rodraeg
zum Rathaus hinüber und überzeugte sich davon, daß der Anschlag bereits vom
Schwarzen Brett entfernt worden war. Danach machte er einen Abstecher hinüber
zum Garnisonskomplex,

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