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Die dunkle Quelle

Die dunkle Quelle

Titel: Die dunkle Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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dem einzigen Ort in der ganzen Stadt, wo sicherlich
regelmäßig mit Pfeil und Bogen ausgebildet wurde.
    Der Truppenübungsplatz
war von einer Mauer umgeben, aber die war nur brusthoch. Darüber war ein aus
Speeren bestehender Palisadenzaun ins Mauerwerk eingelassen, durch den man
hindurchschauen konnte, aber jetzt war gerade nichts los auf dem Hof. Es gab
ein Zugangstor, an dem man sich ausweisen oder zumindest die Fragen zweier Gardisten
beantworten mußte, wenn man den Komplex betreten wollte. Rodraeg erkundigte
sich danach, ob der Übungsplatz auch von Nicht-Armeeangehörigen genutzt werden
könne, und das wurde – wie zu erwarten – verneint. Dann fragte er noch, ob die
Warchaimer Garde einen Experten in Sachen Bogenschießen beschäftige, der ihm
vielleicht weiterhelfen könnte, aber der wachhabende Gardist erklärte ihm, daß
sie hier nur mit Armbrüsten, nicht mit Bögen schössen, und daß auf die
Ausbildung dafür nicht so viel Wert gelegt werde wie auf das Erlernen von
Kampftechniken mit Säbel und Schild. Rodraeg bedankte sich und machte sich
davon, bevor er noch allzuviel Aufsehen erregte.
    Als nächstes klapperte
er die sechs Kaschemmen und die drei Gasthäuser ab und schaute auf gut Glück,
ob er dort jemanden beim Essen oder Trinken antraf, der einen Langbogen über
der Stuhllehne hängen hätte. Auf diese Art erhielt Rodraeg einen ersten
Eindruck von der Warchaimer Spelunkenwelt und mußte anerkennend zugeben, daß
der Ogerbär am Hafen und das Leer
das! zwischen Mammuthaus und Stadtbadpark so ziemlich die widerlichsten
Wirtsstuben waren, die er außerhalb von Skerb je gesehen hatte. Bereits am
hellichten Tag Volltrunkene suhlten sich hier förmlich in Erbrochenem und
ranzigem Urin, und es war Rodraeg schleierhaft, wie man in solchen
Ausdünstungen überhaupt überleben geschweige denn sich wohlfühlen konnte. Bei Bjerne und der Hinkenherst waren im Vergleich dazu manierlich, die direkt hinter dem Rathaus gelegene Krustenküche machte sogar einen appetitlich duftenden,
wenngleich nicht allzu sauberen Eindruck, und der Würfelbecher schien tatsächlich ein Anziehungspunkt weniger für Trinker als vielmehr für
Spieler jeglicher Färbung zu sein – hier wurden Karten gemischt, Würfel
gerollt, Armdrücken veranstaltet und darauf gewettet, und es gab auch an die
Wand gehängte Zielscheiben, auf die mit kleinen Metallpfeilen geworfen wurde.
Diese Zielscheiben waren der Grund, weshalb Rodraeg sich im Würfelbecher fast zwei Stunden aufhielt. Er beobachtete genau die unterschiedlich
geschickten Pfeilwerfer, ließ sich auch einmal zum Mitmachen überreden und
verlor zwei Taler an einen einbeinigen Greis aus Brissen, aber seine Hoffnung,
daß unter den eifrigen Pfeilwerfern auch ein vielversprechend aussehender
Pfeilschütze auftauchen würde, erfüllte sich nicht.
    Er machte noch eine
kurze Runde durch die Alte Kutsche , die Warchaimer Stuben und den Ehernen
Habicht , aber abgesehen von einem Sonnenfelder mit schmutzigem
Gaunergesicht, der in der Kutsche hastig Bohnensuppe
löffelte, hatte überhaupt niemand einen Bogen dabei.
    Jetzt blieben
eigentlich nur noch die beiden Orte, wo man Waffen kaufen konnte. Im
Ausrüstungshaus von Bep Immergrün gab es auf zwei Stockwerken so ziemlich
alles, was man auf dem Kontinent in den unterschiedlichsten Lebenslagen
gebrauchen konnte, darunter auch Pfeile – im Fünfzigerbündel billiger – und
Bögen, die jedoch eher wie Kinderspielzeug oder Schloßfestrequisiten aussahen
als nach robusten Jagd- und Fernkampfwaffen. Ein ernsthafter Bogenschütze würde
hier kaum einkaufen.
    Rodraegs letzte
Anlaufstelle war Teff Baitz, der Schmied, der am Marktplatz neben seiner ewig
glosenden Schmiede einen kleinen Waffenladen hatte, aber es war nicht sehr
wahrscheinlich, daß ein Schmied sich aufs Bogenmachen verstand. Jedenfalls
führte dieser Weg Rodraeg zurück zum Markt, und er wollte doch mal sehen, was
Migal und Bestar inzwischen angestellt hatten.
    Er fand die beiden an
einem Stand, an dem schaumiges Schwarzbier aus Fässern ausgeschenkt wurde. Sie
saßen auf einer wackligen Holzbank, jeder hatte zwei leere und einen halbvollen
Humpen vor sich stehen. Migal war immerhin wachsam genug, Rodraeg zu bemerken,
aber der Klippenwälder schüttelte den Kopf und zuckte die Schultern. Kein Dieb.
Zumindest keiner, den man dingfest

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