Die dunkle Seite des Mondes
er sich die Handflächen verletzte. Das Funkgerät schlug gegen seine Knie. Er kümmerte sich nicht darum, sondern blickte sich hastig in der Sammelkammer um. Ein Dutzend kleinerer Luftschächte führten von verschiedenen Ebenen in diese Kammer. Irgendwo hinter sich hörte er, wie Metall gegen Fels schlug. Hastig warf er sich in einen der abwärts führenden Schächte. Bei dreißig Grad Neigung vermochte auch eine geringe Schwerkraft nach einer Weile beachtliche Beschleunigung zu erzielen. Er rutschte kopfüber den Schacht hinunter, wobei das glatte Plastikmaterial die Überreste seiner Uniform aufheizte und in Stücke riß. Sein Sturz schien kein Ende nehmen zu wollen. Erschrocken schrie er auf, als er mit dem Kopf zuerst gegen einen Luftfilter prallte. Das feinmaschige Gitter war glücklicherweise nicht besonders gut befestigt worden, und er platzte wie ein Geschoß in den dunklen Raum hinein. Nach einigen Sekunden Besinnungslosigkeit kam er abrupt wieder zu sich. Vorsichtig richtete er sich auf und tastete nach seiner rechten Schulter. Es sah so aus, als hätte er die Moroni vorerst abgehängt. Es würde den Ameisen schwerfallen, sich in diesen Schacht zu zwängen. Trotzdem legte er das ramponierte Funkgerät ab und verbrachte ein paar Minuten damit, einen leeren Schrank vor die Öffnung des Luftschachtes zu schieben und ihn mit herumliegendem Gerumpel zu füllen. Falls ihm jemand nachkommen sollte, würde er sich an der Rückwand des Schranks den Schädel einschlagen. Hartmann rechnete nicht mehr damit, daß Kyle ihm nachkommen würde. Nicht einmal ein Megakrieger konnte eine solche Explosion überstanden haben, und die Moroni hatten sich vermutlich bereits seiner Reste angenommen. Soweit es ihn betraf, war der Krieg vorbei, und er gehörte zu den Verlierern. Nur die Erinnerung an Net und das Versprechen, das er ihr gegeben hatte, hielt ihn noch auf den Beinen. Er war in eine weitere Lagerhalle geraten, in der man anscheinend Maschinenteile abgeladen hatte. Es dauerte eine Viertelstunde, bis er die Tür aufgebrochen hatte und in einen niedrigen, kaum beleuchteten Gang hinausgelangte. Das Funkgerät hatte einige Beulen bekommen, aber die Kontrollanzeigen leuchteten noch immer grün. Er ließ es auf Empfang geschaltet und auf maximaler Lautstärke. Er konnte nur hoffen, daß das von Kyle programmierte Frequenzband noch eingestellt war. Seine Chancen, Net zu empfangen, waren andernfalls praktisch gleich Null. Soweit er seine panische Flucht vor den Moroni noch rekonstruieren konnte, mußte er deutlich unterhalb der Transmitterhalle angekommen sein, noch unter der Halle, in der Net sich versteckt hatte, und ein ganzes Stück in Richtung auf den Transmitter, durch den Kyle, Net und er hierhergekommen waren. Er entschied sich dafür, dem Gang in dieser Richtung zu folgen. Nach einer halben Stunde erreichte er einen größeren Tunnel, der auf die nächste Ebene hinaufführte. Es gelang ihm, eines der geparkten Elektrofahrzeuge in Betrieb zu nehmen. Am anderen Ende des Tunnels wurden die nüchternen grauen Wände plötzlich von schwarz schillernden Moroni-Materialien ersetzt, und der Tunnel weitete sich zu einer riesigen Halle, deren Decke mindestens einen Kilometer hoch sein mußte. Hartmann stoppte den Wagen hinter einer bizarr geformten Säule aus Basaltfelsen, die bis zur Decke hinaufreichte und mindestens zwanzig Meter Durchmesser hatte. Ein seltsames rotes Licht schien von überallher aus dem Fels zu dringen, und die Luft war warm und roch nach Schwefel und glühendem Eisen. Er hatte dieses Licht schon einmal gesehen. »Willkommen in der Hölle«, sagte er bitter. »Hatten Sie eine interessante Reise?« Vermutlich spannte sich irgendwo über ihm in einem Loch in der Decke das Drahtseil, an dem Net und er sich die Hände aufgerissen hatten, und irgendwo über ihnen mußte auch der lavagefüllte Schacht sein. Er dachte an den Shait und wünschte sich eine Waffe. Vorsichtig umrundete er die Säule. Er befand sich auf einer Art Galerie, etwa hundert Meter breit und aus mehreren Metern Fels gemacht, die die gesamte Halle umspannte. Die Halle selbst schien wie eine Blase geformt zu sein, mit fast fünf Kilometern Durchmesser. Der Boden war bedeckt mit einer rotglühenden, brodelnden Masse. Hin und wieder löste sich eine Felsplatte aus der Wand oder der Galerie und stürzte in die Masse aus geschmolzenem Gestein, und gelbes Feuer verschlang sie, bis der Fels sich in roter Glut aufgelöst hatte und vollständig
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