Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)
einige Kletten von seinen Hosenbeinen ab
und legte die kleine Picknickdecke zusammen, bevor er sie in seinem Arztkoffer
verstaute. Dann sah er sich suchend um. »Und wie komme ich jetzt von hier zum
Auto zurück?«
Hackenholt lächelte. »Komm, ich
begleite dich. Ich muss sowieso noch mit dem Spaziergänger reden, der den Toten
gefunden hat.«
Bei den Fahrzeugen
verabschiedete Hackenholt Dr. Puellen und sah sich suchend nach den zwei
Streifenbeamten um. Sie waren mit ihrem Auto verschwunden, nur der Zeuge
wartete mit seinem Hund noch geduldig neben Hackenholts Wagen.
»Falls Sie die beiden Polizisten
suchen, die mussten dringend weg. Ich soll Ihnen ausrichten, dass sie Ihnen ihr
Protokoll zusenden werden.«
Hackenholt sah auf die Uhr.
Dreiviertel drei. Das konnte nur eins bedeuten: Die Kollegen hatten Frühschicht
und wollten sich vor ihrem am gleichen Abend beginnenden Nachtdienst lieber
eine Runde aufs Ohr hauen, statt noch Überstunden zu schieben. Während
Hackenholt mit sich rang, ob er die beiden über die Einsatzzentrale
zurückbeordern lassen sollte, kam ein weiterer Streifenwagen mit alten
Bekannten den Waldweg entlanggeholpert: Christian Berger und seine Kollegin.
Hatte der Einsatz mit den beiden unwilligsten Streifendienstlern der PI Ost begonnen, so wurden diese jetzt
durch zwei äußerst engagierte und fähige Kollegen abgelöst. Mit einem Schlag
verbesserte sich Hackenholts Laune um ein Vielfaches.
»Tut mir leid, dass wir nicht
nahtlos an unsere Vorgänger anknüpfen konnten«, entschuldigte sich Berger zur
Begrüßung, »aber wir wurden auf dem Weg durch einen Unfall aufgehalten.«
Hackenholt setzte die beiden
grob über das Geschehene ins Bild und bat sie, zu Christine Mur in den Wald zu
gehen. Schließlich musste die nähere Umgebung noch nach den Plastiktüten des
Obdachlosen abgesucht werden. Dann wandte sich der Hauptkommissar endlich dem
noch immer geduldig wartenden Hundebesitzer zu.
»Kommen Sie, setzen wir uns in
mein Auto, dort tue ich mich mit dem Schreiben leichter. Und dann erzählen Sie
mir mal, wie es kam, dass Sie den Mann gefunden haben.«
»Ich war mit Niko, meinem Hund,
unterwegs«, erklärte der Rentner. »Seit ich in Pension bin, machen wir oft lange
Spaziergänge. Und bevor Sie fragen: Niko war nicht angeleint. Er ist ein braves
Tier, tut keiner Menschenseele was zuleide – und auch keinem Eichhörnchen.
Außerdem hört er eigentlich immer aufs Wort. Aber heute ist Niko plötzlich ins
Dickicht gerannt und hat ganz schauerlich zu bellen und winseln angefangen.
Also bin ich hinterher, und da lag der Tote. Ich habe ihn natürlich nicht
angefasst, sondern Niko schnell angeleint und auf den Weg zurückgezerrt.
Anschließend habe ich mit meinem Handy den Notruf gewählt. Es war gar nicht
einfach zu beschreiben, wo genau ich mich im Wald befand. Der Mann am Telefon
hat sich nicht besonders gut ausgekannt und musste ewig in seinem Computer
suchen. Na, und dann hat die Warterei begonnen, bis alle nacheinander eingetrudelt
sind.«
»Kommen Sie öfter hier vorbei?«
Der Mann nickte. »Das ist quasi
unsere Hausstrecke. Wir wohnen dahinten in Mögeldorf am Waldrand.« Er deutete
mit der Hand aus dem Seitenfenster.
Unwillkürlich folgte Hackenholt
mit seinem Blick der Richtung, in die der Spaziergänger zeigte, sah aber, wie
nicht anders zu erwarten, nur Wald. Rasch machte er sich eine Notiz auf dem
Schreibblock: Er musste sich das Gelände unbedingt auf der Karte ansehen, um
ein Gefühl für die Entfernungen zu bekommen.
»Wann sind Sie zum letzten Mal
hier spazieren gegangen?«
»Ach, das ist schon eine ganze
Weile her.« Der Mann hielt inne und dachte kurz nach. »Gut und gerne zwei
Wochen. Erst war ich krank. Hatte mir eine dieser Magen-Darm-Geschichten
eingefangen und bin fast eine Woche lang nicht aus dem Haus gekommen. Ich kann
Ihnen sagen …« Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Und dann gab es ja
dieses Unwetter, wo es so schlimm geregnet hat und sämtliche Keller
vollgelaufen sind. Da wird das Gebiet hier zur reinsten Seenlandschaft. Seien
Sie bloß froh, dass das schon alles versickert ist, sonst hätten Sie so hohe
Gummistiefel gebraucht, wie sie Angler beim Fliegenfischen tragen, wenn sie
sich mitten in einen Fluss stellen.«
»Und als Sie zuletzt hier waren,
ist Ihnen da schon etwas aufgefallen? Wollte der Hund vielleicht ins Gebüsch
laufen?«
»Nein, da war nichts. Nicht
wahr, Niko?« Er beugte sich zu dem vor der offenen Autotür sitzenden Hund
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