Die dunkle Seite
sich einen Porsche leisten konnte.
Am allerwenigsten hatte sie Lust, neugierigen Fragern zu erklären, sie habe den Wagen mit Schmerzensgeld bezahlt.
Der Kombi tatʹs genauso.
Während der Fahrt versank Bathge entgegen seiner sonstigen Gewohnheit in grüblerisches Schweigen.
»Es kann nicht sein«, sagte er schließlich.
»Was?« fragte Vera.
»Lubold ist tot. Marmann war so gut wie tot. Was ist das hier? Ein Zombie‐Aufstand ?«
»Was Marmann angeht, kann uns Solwegyn weiterhelfen.«
»Ja, für dreißigtausend, die ich nicht mal bei mir habe. Sind Sie sicher, daß er mir helfen wird?«
»Hatten Sie je Probleme mit Solwegyn?«
»Nein.«
»Dann wird er überrascht und erfreut sein, Sie wiederzusehen.
Vielleicht erläßt er Ihnen die Summe. Er fürchtet selber um seine Sicherheit, seit Üsker tot ist. Geben Sie ihm das Gefühl, Sie könnten das Problem gemeinsam lösen.«
Bathge sah sie zweifelnd an.
»Viel hatte ich mit dem alten Gauner nie zu tun, aber eines weiß ich. Bevor Solwegyn auf sein Geld verzichtet, läßt er sich lieber in Stücke reißen.«
»Er wird uns helfen«, sagte Vera sehr bestimmt.
Bathge lächelte.
»Darf man in dem Wagen rauchen?«
Sie deutete stumm auf den Aschenbecher und nahm die Auffahrt zur Severinsbrücke. Sie würden einige Minuten zu früh sein. Notfalls konnten sie im Wagen warten.
Sie spürte, daß er sie weiterhin ansah, und schaute geradeaus. Im allgemeinen empfand sie es als unangenehm, angestarrt zu werden.
Diesmal war es anders. Bathges Aufmerksamkeit brachte eine Saite in ihr zum Schwingen, die sie verstummt geglaubt hatte.
Nichts verstummt wirklich. Nur der Ton kann sich ändern.
»Er wird uns helfen!« bekräftigte sie.
Ein Klient ist ein Klient ist ein Klient...
Bathge sagte nichts.
Sie fuhren ein kurzes Stück über die Autobahn südostwärts und nahmen die nächste Ausfahrt. An der Ampel konnte Vera bereits die Kreuzung ausmachen, an der es rechts zum Red Lion ging.
»Ruhige Gegend«, sagte Bathge.
Zwei Polizeiwagen schossen über die Kreuzung.
»Ja«, erwiderte Vera. »Sehr idyllisch.«
Von bösen Ahnungen erfüllt, fuhr sie weiter bis zur Kreuzung.
Straßensperren wurden soeben zur Seite geräumt. Sie bog rechts ab und ließ den Wagen langsam dahinrollen.
»Ich hoffe sehr«, sagte Bathge mit deutlicher Unruhe in der Stimme, den Finger auf die Szenerie vor ihnen gerichtet, »das Red Lion ist nicht... das da.«
»Doch«, sagte Vera tonlos.
Wo Solwegyns Nachtclub gewesen war, klaffte eine schwarzverbrannte Schneise. Äste waren von den Bäumen im Vorgarten gerissen worden, die Rinde war verkohlt. Das Haus selber konnte sie nicht sehen, aber eine dumpfe Gewißheit sagte ihr, daß nicht mehr viel davon stand. Feuerwehrwagen, Polizeifahrzeuge und Ambulanzfahrzeuge parkten quer über der Straße und versperrten die Weiterfahrt.
»Drehen Sie um«, zischte Bathge.
»Langsam«, sagte Vera. »Wenn wir wie die Wilden kehrt machen...«
»Wenn mich die Polizei zu fassen kriegt, stehe ich morgen in der Zeitung! Und Üskers Mörder wird die Zeitung lesen, darauf können Sie Gift nehmen! Drehen Sie um!«
»Niemand ist hier außer einer Million Feuerwehrleute«, beruhigte ihn Vera, aber sie wußte, daß das nicht stimmte. Das Polizeiaufgebot war riesig. Bathge hatte vermutlich recht. Sie stoppte den Wagen, um zurückzusetzen. Im selben Moment sah sie einen der Feuerwehrleute zu ihnen herüberkommen.
»Fahren Sie endlich!«
»Jetzt bleiben wir brav stehen«, sagte Vera leise und bestimmt. »Es wird schon alles gut gehen.«
Bathge drückte sich tiefer in den Sitz und sah verzweifelt zur anderen Seite. Vera verstand, was in ihm vorging. Wie es aussah, war soeben seine einzige Hoffnung zerstört worden, mit Marmann in Kontakt zu treten. Er würde nie erfahren, welcher Wahnsinn unter den früheren Legionären wütete. Oder vielleicht doch, dann aber am eigenen Leib.
»Erst Üsker«, flüsterte Bathge. »Und jetzt...«
»Das hier muß gar nichts mit Üsker zu tun haben«, sagte Vera.
Natürlich hat es das, dachte sie im gleichen Augenblick. Red dir nichts schön, Solwegyn wurde ausgeschaltet.
Oder er lebt. Wer sagt denn, daß er gleich ...
Sie drehte die Scheibe herunter und lächelte den Feuerwehrmann unschuldig an.
»Habe ich irgendein Schild übersehen?«
»Wir haben die Sperrung aufgehoben«, sagte der Mann. »In zwei Minuten sind wir hier weg. Trotzdem besser, wenn Sie eine andere Route fahren.«
»Was ist denn überhaupt passiert?«
»Da
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