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Die dunkle Seite

Die dunkle Seite

Titel: Die dunkle Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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niedergeschlagen im Schatten der Bäume und überlegte, ob sie zurück zum Wagen gehen sollte.
    Roth riskierte seinen Job, um ihren Auftrag zu decken. Sie war ihm verdammt noch mal was schuldig!
    Entschlossen lief sie weiter.

16.06 Uhr. Red Lion
    Menemenci hatte eine Vision.
    Er saß an seinem Schreibtisch, und Krantz kam herein. Er sah anders aus als sonst. Seine Augen flackerten. Er hob die Arme und öffnete den Mund, und aus Handflächen und Rachen schossen grelle Flammen, die Menemenci einhüllten und versengten. Schützend hielt er die Hände vors Gesicht und versuchte aufzustehen. Aber er schien an seinem Stuhl festzukleben, so sehr er sich auch abmühte...
    Er schlug die Augen auf.
    Vor seinen Augen zuckten hellgelbe Reflexe. Die Hitze verbrannte ihm das Gesicht. Im selben Moment begriff er, warum er nicht hatte aufstehen können. Reflexartig rollte er sich von dem Feuer weg und kam schwankend auf die Beine.
    Die Hitze saugte ihm die Luft aus den Lungen. Über seinen rechten Ärmel züngelten kleine Flammen. Er schlug sie mit der flachen Hand aus und stolperte um die Frauengestalt herum, die jetzt lichterloh brannte. Ihre Augen sahen aus dem tosenden Inferno unbeeindruckt über ihn und das ganze Weltgeschehen hinweg.
    Das Feuer hatte den Mann zu ihren Füßen vollständig eingehüllt.
    Er war zweifellos tot.
    Mit einem Stöhnen griff sich Menenemci an den schmerzenden Hinterkopf.
    Schwindel überfiel ihn. Fast alles ringsum war bereits ein Raub der Flammen geworden. Vor seinen Augen sank der rote Vorhang in glühenden Fetzen nieder und zog eine Grenze der Zerstörung.
    Er mußte da durch. Es war seine einzige Chance, das Haus lebend zu verlassen.
    Noch einmal wanderte sein Blick zu der Göttin und der geopferten Gestalt zu ihren Füßen. Das Feuer schien ihn anzubrüllen, er solle sich endlich nach draußen scheren. Menemenci ballte die Fäuste. Er hatte Solwegyn nicht retten können. Es war seine Schuld. Warum hatte er nicht überall nachgesehen, bevor er sich wie ein Schuljunge hingekniet und die Waffe eingesteckt hatte?
    Ein Funkenregen ging auf ihn nieder. Mit einem Krachen drehte sich der Kopf der Göttin. Die Augen ruhten einen Augenblick auf Menemenci, dann stürzte der Kopf über den Brustkorb auf ihn zu.
    Menemenci wirbelte herum und sprang durch den flammenschla genden Vorhang. Hinter ihm prallte die Feuerkugel des Kopfes auf den Rand des Beckens, in dem das Wasser dampfte und brodelte, flog darüber hinweg, hinauskatapultiert aus dem unterirdischen Tempel, ein loderndes Geschoß. Menemenci rannte aus Leibeskräften auf die Treppe zu, verharrte einen atemlosen Augenblick und hastete nach oben. Wo er zuvor gestanden hatte, knallte der Kopf gegen das Geländer und zerbarst in tausend Stücke.
    Das Erdgeschoß war mit beißendem Qualm gefüllt. Menemenci schlug den Ärmel vors Gesicht und tastete sich zur Haustür. Aus den Schwaden verfolgten ihn die roten Augen des Monsters hinter der Bar, dann war er endlich draußen und hastete zum Tor.
    Im selben Moment ließ eine Explosion den Boden erzittern. Ohne hinter sich zu blicken, riß Menemenci die Pforte auf und rannte über die Straße auf die andere Seite. Eine zweite Explosion war zu hören. Er drehte sich um und sah das Erdgeschoß auseinanderfliegen. Aus der zerstörten Glasfront wälzte sich eine orangerote Wolke, hüllte die Bäume ein und waberte über die Hecke auf Menemenci zu. Das Obergeschoß schien einen Augenblick frei in der Luft zu hängen, dann stürzte der vordere Teil mit der Terrasse in sich zusammen und begrub Solwegyns Reich der schwarzen Künste unter Tonnen von Gestein. Als sei der Kollaps des Hauses ein Signal zum Rückzug gewesen, verwirbelte die Feuerwalze über dem Gehsteig und löste sich auf.
    Da war mehr in die Luft geflogen als die Ölheizung.
    Atemlos starrte Menemenci auf die brennenden Trümmer. Dann lief er zu seinem Wagen, riß die Tür auf und rief über Sprechfunk Krantz.
    »Gut, daß Sie sich noch mal melden«, sagte Krantz. »Wenn Sie Solwegyn besuchen, sollten Sie ihn fragen ...«
    »Ich kann ihn nichts mehr fragen«, sagte Menemenci.
    »Was? Wieso nicht?«
    »Der Teufel hat ihn geholt.«

19.25 Uhr. Vera
    Bathge traf wie verabredet ein. Sie tranken einen Kaffee in der DeTechtei und nahmen Veras Zweitwagen, einen Toyota Kombi.
    Hübsch bieder und unauffällig. Vera präsentierte den Boxster höchst ungern ihren Klienten. Keiner brauchte zu wissen, was sie technisch alles auf Lager hatte. Ebensowenig, daß sie

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