Die dunkle Seite
um den anderen. Und dann gäbe es noch die Sorge um uns.
Vorausgesetzt, daß eine durchvögelte Nacht automatisch in einem >wir< endet. In einem verdoppelten, weil halbierten Leben. Anma ßend.
Aber sie hatte ihn nicht fortgelassen, und die Kerzen hatten sie nicht verbrannt.
Und sie hatten den Lachs gegessen und zusammengesessen bei einem richtigen Frühstück.
»Ich paß schon auf«, sagte sie.
»Ich wäre sehr traurig, wenn du nicht vorsichtig bist!«
»Mach dir keine Gedanken. Ich würde es der Welt mißgönnen, wenn ich ihr nicht länger auf die Nerven fallen kann. Du solltest auf dich achtgeben.«
Er nickte.
»Darin bin ich geübt.«
9.22 Uhr. DeTechtei
Fouk hatte angerufen. Anrufen lassen, genauer gesagt. Die franzö sisch sprechende Frau, mit der sich Vera bereits unterhalten hatte, ließ ausrichten, er habe noch keine Gelegenheit gefunden, das Foto zu betrachten, sie jedoch beauftragt, Informationen über einen Mann namens Andreas Marmann zusammenzustellen. Sie bedauerte den unpassenden Zeitpunkt. Fouk stecke in umfangreichen Vorbereitungen für eine Expedition. Alle verfügbaren Kräfte würden dringend gebraucht. Augenblicklich könne sie nur soviel sagen, daß ein Andreas Marmann für ZERO gearbeitet habe und gegen Ende der Operation Wüstensturm in ein Lazarett der Alliierten eingeliefert worden sei.
Vera fragte, wie lange er dort geblieben war.
Die Frau riet ihr, sich in Geduld zu fassen. Fouk werde sich der Sache annehmen.
Das stand zu bezweifeln.
Außer daß Marmann beim Angriff des Jägers nicht draufgegangen war, hatte Fouk bislang nicht viel zu bieten gehabt. Er bereitete Expeditionen vor. Warum sollte es in seinem Interesse liegen, ihr zu helfen? Der alte General hatte gesagt, Fouk kenne nur Fouk. Dar‐
über hinaus, wie Vera sich hatte überzeugen können, kannte er einen Haufen blumiger Sprüche.
Wenig ermutigend.
Sie brauchte Personal!
Sie brauchte so dringend Leute, daß sie umgehend einen entsprechenden Text in den Computer gab und in die Kölner Redaktionen überspielte. Sie suchte keinen Mann mehr und keine Frau. Einfach nur Detektive.
Dann lehnte sie sich hinter ihrem Datentisch zurück und überlegte.
Der Weg zu Marmann war vorerst abgeschnitten. Solwegyn war tot. Alle Zeitungen berichteten über das Haus in Porz, das in die Luft geflogen war. Unter dem Keller hatten umfangreiche Bestände an Waffen und Sprengstoff gelagert. Solwegyn hatte Waffenschieberei betrieben. Nicht im großen Stil, aber eben so, daß es gereicht hatte, ihn mitsamt seinem Club zu atomisieren. Von der Leiche waren nur ein paar Fetzen geblieben. Der ermittelnde Kommissar Arik Menemenci, hieß es weiter, habe sich in letzter Sekunde aus dem brennenden Haus retten können. Wie und warum er hineingekommen war, blieb ungesagt. Tatverdächtige gab es keine, allerdings kursierten Gerüchte, Solwegyn habe sich mit der russischen Mafia angelegt und verloren. Augenblicklich ermittelte man, mit wem er sich vor seinem Tod zuletzt getroffen hatte. Aufschluß verhieß Katya Solwegyn, seine Frau, die bei ihrer Rückkehr aus der Stadt nur Trümmer vorgefunden hatte. Sie war zum Zeitpunkt der Berichterstattung nicht vernehmungsfähig gewesen.
Katya Solwegyn!
Vera wußte, was ihr bevorstand. Sie tippte auf die Mittagszeit.
Menemenci kam schon eher.
Er sah nicht gut aus. Seine Haut war blasig und gerötet, Brauen und Wimpern abgesengt. Das Haar klebte ihm in der Stirn. Sein Atem ging keuchend, aber er hielt auf ihren Schreibtisch zu, als wolle er ihn umrennen.
»Ich weiß, warum Sie kommen«, sagte Vera. »Möchten Sie einen Kaffee?«
»Nein.« Er ignorierte die Sitzgelegenheiten und starrte sie böse an.
»Ach, pardon, Sie trinken ja keinen. Was Kaltes?«
»Ich will keinen Kaffee, kein Drumherumgerede und keine Ausflüchte«, sagte er. »Können wir uns darauf verständigen?«
»Wir können ein vernünftiges Gespräch miteinander führen, wenn Sie das meinen.«
Er beugte sich vor und stemmte seine Fäuste auf die Tischplatte.
»Nein. Das meine ich nicht.«
»Passen Sie bitte auf. Der Tisch ist teuer. Sie drücken ihre Knöchel gerade auf die Verschlußleiste der hinteren Monitorbank.«
»Der ... was?« fragte er gereizt, nahm aber die Fäuste weg.
»Warum setzen Sie sich nicht?«
»Weil ich schon zu lange rumgesessen habe. Nein, wir werden kein vernünftiges Gespräch miteinander führen. Sagen Sie mir den Namen Ihres Klienten.«
Vera schüttelte den Kopf.
»Langsam, Kommissar, so geht das nicht.
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