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Die dunkle Seite

Die dunkle Seite

Titel: Die dunkle Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Minuten später, als die Stealth Fighter wie aus dem Nichts über Bagdad auftauchten. Ich will nicht behaupten, daß zwischen den damaligen Ereignissen und den Umständen Ihres Auftrags irgendein Zusammenhang besteht. Es ist nur, weil Sie zufällig den Golf erwähnten. Ich dachte, es könnte irgendwie passen.«
    »Offengestanden, ich hatte das meiste über den Golfkrieg schon wieder vergessen«, sagte Vera. »Die Einzelheiten zumindest.«
    Halm nickte.
    »Ja, das ist symptomatisch für unsere Zeit. Nachrichten unterliegen einem weitaus kürzeren Verfallsdatum als ein Becher Joghurt.
    Erinnern Sie sich an Bushs neue Weltordnung? Wie aufgewühlt alle waren? An die Peinlichkeit der guten Vorsätze? Aber werfen Sie einen Blick in die Runde, was geblieben ist. Nichts. Rückkehr zur Tagesordnung. Das einzige, was nachhaltig betroffen macht, ist unser Mangel an Betroffenheit. Manchmal kommt es mir vor, als säße die ganze Welt mit einer dicken Backe beim Zahnarzt und schwört, ab jetzt regelmäßig die Zähne zu putzen. Drei Tage später ist der Schmerz Vergangenheit und alle hehren Worte auch. Nicht mal aus bösem Willen. Aus Desinteresse an uns selber. Soll ich Ihnen sagen, was wir aus dem Golfkrieg gelernt haben?«
    »Was?«

    »Nichts. Und wir werden auch in Zukunft nichts lernen. Wir können es nicht. Wir sind derart gehetzt, Schritt zu halten mit den Segnungen des global network, daß uns keine Zeit mehr bleibt, zurückzuschauen. Es gibt Dinge, von denen man sagt, sie dürften nie wieder passieren, erinnern Sie sich? Nein, Sie erinnern sich nicht. Alles wird wieder passieren. Sollten Sie die Fehler der Vergangenheit verpaßt haben, müssen Sie sich keine Sorgen machen. Sie kommen alle wieder in Mode.«
    Er lächelte verschmitzt.
    »Ansatzweise finden sich vielleicht doch einige Parallelen zu Ihrem Problem. Im wesentlichen verhält sich der Einzelne wie das System. Unser System krankt am übermäßigen Vertrauen in die Bilder. Wir sind informationsblind.«
    Informationsblind.
    Wo hatte sie diesen Ausdruck schon gehört?
    Bathge hatte ihn benutzt.
    »Was heißt informationsblind?« fragte sie.
    »Das ist ganz einfach. Wenn Sie zu viel Schnee sehen, werden Sie schneeblind, das heißt, Sie sehen überhaupt keinen mehr. Wenn Sie zuviel Infotainment konsumieren, werden Sie informationsblind.
    Die Zukunft wird die Grenze zwischen Realität und Virtualität auflösen, die Medien werden den Zeitbegriff verändern und eine neue Qualität von wahr und unwahr schaffen. Offen gesagt, ich finde das in höchstem Maße faszinierend und anregend. Ich bin ein großer Fan solcher Errungenschaften wie Internet und Virtual reality. Wir werden lernen müssen, damit umzugehen. Aber dafür ist es unerläßlich, ein paar Dinge zu begreifen. Heute besteht die Kunst nicht mehr darin, an Information zu gelangen, sondern sich ihr zu entziehen. Den Lauf der Welt wird nicht bestimmen, wer das meiste, sondern wer das richtige weiß. Wenn wir das nicht beherzigen, werden wir verlieren.« Er machte eine Pause. »Die Stealth Fighter über Bagdad gehören zu den gefährlichsten Waffen der Welt. Nicht wegen ihrer Zerstörungskraft, sondern weil man sie nicht sehen kann. Sie bleiben unsichtbar, bis sie direkt über Ihnen sind. Kein Radar kann sie erfassen. Heute ist es nicht anders. Über jedem von uns kreist so ein Bomber, während wir mit leuchtenden Augen das neue Jahrtausend betreten, und entzieht sich unserem Radar. Alles sehen wir vor uns liegen in den wunderbarsten Farben, nur nicht die Wirklichkeit.
    Mißtrauen Sie den Bildern, Frau Gemini. Den tatsächlichen und denen im Kopf.«
    »Ich glaube...«, Vera zögerte, »das tue ich.«
    »Das würde mich freuen. Wir sind es gewohnt, einer abgebildeten Realität mehr Glauben zu schenken als der ungefilterten Wahrnehmung unserer Sinne. Schließen Sie einfach öfter mal die Augen.«
    Vera steckte das Buch ein und erhob sich.
    »Danke«, sagte sie. »Es war sehr nett, daß Sie sich die Zeit genommen haben.«
    Der kleine Mann lächelte entzückt.
    »Es war ein Gewinn«, sagte er.
    »Eine Frage noch. Wissen Sie, was Lubold unmittelbar nach seiner Entlassung getan hat?«
    Halm überlegte.
    »Er begann mit Extremsportartikeln zu handeln, soweit ich weiß.
    Aber das ging wohl schief.« Er lächelte. »Die Kölner fahren eben lieber mit dem Schiffchen, als im Rhein nach Wracks zu tauchen.«

18.02 Uhr. Das Ende der Verantwortung
    Echtzeit – Die unmittelbare, zeitsynchrone Übertragung von Daten.
    Der

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