Die dunklen Engel (German Edition)
du bist verliebt. Das sehe ich. Ich habe dich davor gewarnt, aber du wolltest ja nicht hören. Du denkst, dass nichts auf der Welt eine Rolle spielt, außer diesem einen Mensch. Und all das hier», er wedelte mit der Hand, als wollte er den ganzen Erdball beschreiben, «wäre nur als Heiligtum für zwei Menschen erschaffen.»
Er hatte ungewohnt heftig gesprochen. Campion sah ihn an. «Ist es nicht in Ordnung, verliebt zu sein?»
Er nickte. «Ich kenne einige der großen Männer der Welt, meine liebe Campion. Ich habe mit angesehen, wie sie sich verschworen und Pläne schmiedeten und jeden Schritt genau kalkulierten, ich habe miterlebt, mit welch erlesenem Geschick sie mit den Gefahren der Macht umgingen, und ich habe sie dafür bewundert! Und dann habe ich sie gesehen, wenn sie verliebt waren! Kein Abwägen, kein Kalkulieren, keine Sorgfalt, kein Plan, keine Klugheit, nur eine Lust, die sie wie blinde Narren ins Elend zerrte. Und wofür das alles?» Stirnrunzelnd sah er sie an. «Wenn wir so klug sind, warum lassen wir uns dann bei dieser einen Entscheidung, bei dieser sehr wichtigen Entscheidung von demselben Gefühl leiten, das den Eber auf die Sau treibt?»
Sie lächelte, doch ihre Stimme war kalt. «Onkel, ich denke, ich möchte heute Abend nicht über die Liebe reden.»
«Nein.» Er streifte die Asche in einer Schale ab. «Das dachte ich mir. Dann sprich über etwas anderes. Sprich über die Gefallenen Engel.» Er sprach ihren Namen mit purer Verachtung aus.
Beim Abendessen hatten sie und Skavadale Achilles alles erzählt, was sie aus Culloden herausgepresst hatten. Nur eine Sache hatte Campion ihrem Onkel verschwiegen, und das war ihr schwergefallen – die Nachricht, dass Toby noch lebte. Am liebsten hätte sie die Neuigkeit vom Dach in die Welt hinausgerufen, doch Skavadale war eisern geblieben. Niemand durfte es wissen.
Achilles lächelte. «Die Gefallenen Engel! Was für ein pikanter Name! Es amüsiert mich, dass erwachsene Männer solche Dummheiten mögen. Die Illuminaten! Die Gefallenen Engel! Luzifer! Moloch! Belial!» Er lachte. «Wie passend, dass sie den Schrein meines Vaters gewählt haben! Einen von einem Verrückten erbauten Ort für ihre Verrücktheiten. Aber hast du überlegt, dass ihre Verrücktheit Methode haben könnte?»
«Methode?»
«Sie wollen deinen Tod. Welcher Ort wäre dafür besser geeignet als Frankreich?»
Sie starrte ihn an. «Was willst du damit sagen?»
«Oh, sicher doch. Niemand, liebe Campion, hat je behauptet, du wärest dumm, aber bist du so klug, wie du glaubst? Schon einmal haben sie dich in die Falle gelockt, nicht wahr?» Er blies noch einen Rauchring und schaute ihm hinterher. «Sie haben dir eine Falle gestellt und dafür gesorgt, dass ein Mann dich überfällt. Und dann haben sie dir einen Lord Culloden zu Pferde geschickt, mit dem Säbel in der Hand. Was für eine Chance hattest du? Jede Küchenmagd träumt von so etwas! Er ist mitten in dein Leben geritten, wegen seines angeblichen Muts haben sich ihm sämtliche Türen wie von Zauberhand geöffnet!» Fast spöttisch schaute er sie an. «Geschieht dasselbe noch einmal?»
«Nein, Onkel.»
«Haben sie dir vielleicht einen Mann geschickt, der noch stattlicher ist als der Teufel? Einen Mann, der jeder Frau das Herz brechen könnte? Soll sie sich ruhig verlieben, soll sie ruhig die Sonne und den Mond haben! Sollen die Sterne doch Juwelen in ihren Augen sein! Schickt ihr den Zigeuner!»
«Nein!»
«Es passt alles zu gut, liebe Campion! Er war zufällig zur rechten Zeit am rechten Ort. Keinen Augenblick zu spät! In der letzten Sekunde, da Lewis dir die Kleider vom Leib reißt, kommt ein großer, prächtiger Zigeuner zu deiner Rettung herbeigeritten. Kommt dir das nicht bekannt vor? Zweimal? Die Küchenmägde würden dich beneiden! Aber bist du so blind, dass du nicht siehst, dass das alles nicht zufällig geschieht? Einmal vielleicht, aber zweimal?»
Sie starrte ihn an und schüttelte den Kopf. «Er hat Lewis getötet und drei weitere Männer umgebracht!»
«Auch als Lewis dich gerettet hat, liebe Campion, hat er seinen eigenen Mann umgebracht. Die Parallelen, meine hübsche Nichte, sind beängstigend.»
«Nein!»
Achilles ließ ihren Protest verhallen. Er seufzte. «Morgen, sagt er, wird er Lord Paunceley aufsuchen?»
«Ja.» Ihr war elend zumute.
«Wir wissen nicht einmal, ob er Lord Paunceley wirklich kennt!» Er sah sie an. «Ich denke, ich sollte ihn begleiten.»
«Ihn begleiten?»
«Er behauptet,
Weitere Kostenlose Bücher