Die dunklen Engel (German Edition)
mit seinem Wasser und seinem fruchtbaren Boden entdeckt hatten.
Sie hob die Arme in den Wind, ließ sich von der kühlen Luft umströmen und schloss die Augen. Als sie seine Schritte hörte, hob sie den Kopf und drehte sich um.
Skavadale lächelte sie an. «Weißt du, wie du aussiehst?»
Sie lachte. Seltsam, dachte sie, wie schnell es nicht mehr peinlich ist, nackt vor ihm zu stehen. Er hatte ihr das Gefühl gegeben, schön zu sein. «Erzähl mir, wie ich aussehe.»
Er betrachtete sie, das Morgenlicht schimmerte golden auf ihrer Haut. Sie stand blass, schlank und nackt im Licht der Morgendämmerung. «Du siehst aus wie die Nymphe auf dem Gemälde.»
«Wie die Gräfin?»
«Die schwimmende Gräfin.»
«Du hast die Nymphe gesehen!»
Er lachte, weil sie so bestürzt und überrascht war. «Ja.»
Mit ausgebreiteten Armen ging sie zu ihm, und sein dunkler, nackter, muskulöser Körper war schöner als alles, was sie je gesehen hatte. Sie umarmte ihn, hob das Gesicht und küsste ihn. «Du musst dir die Haare schneiden.»
Er zupfte an seiner Stirnlocke. «Ja, Mylady.» Er lächelte sie an. «Du bereust nichts?»
«Was gäbe es zu bereuen?»
Er lächelte. Seine Hände erforschten die Wölbung ihres Rückens. «Wirst du mich wirklich heiraten?»
Sie lächelte, doch ihre Stimme war streng. «Glaubst du, ich wäre hier so, wenn ich nicht vorhätte, dich zu heiraten?»
Er küsste sie, dann drehte er sich um und schaute auf den Morgennebel im Tal. «Die Welt wird sagen, du hättest eine schlechte Partie gemacht.»
«Dann irrt die Welt sich.» Sie strich über seine Wange. «Ich heirate einen Mann, um den die ganze Welt mich beneiden wird.» Sie dachte an Achilles, an den Skandal, den sie in der englischen Gesellschaft erregen würde. Sie lachte. Wenn sie sie jetzt nur sehen könnten! Nackt in der kühlen Morgendämmerung, und ein Mann streichelte ihre Brüste und küsste ihr Gesicht, und sie schlang die Arme um seinen Hals. «Wir haben nur eine Verpflichtung gegenüber der Welt.»
«Und die ist?»
«Eine gute Ehe zu führen.» Sie streichelte sein Gesicht, erforschte es mit den Fingern. «Wirst du glücklich sein?»
«Ja.»
«Wirst du die Abenteuer nicht vermissen?»
Seine Finger spielten mit ihrem Haar. Er küsste sie. «Ich glaube, ich werde nie wieder etwas vermissen.»
Nie hätte sie für möglich gehalten, dass sie sich so fühlen könnte. Seine Hände huschten über sie, und sie lachte.
«Was ist?», fragte er.
«Ich wollte dich fragen, ob die Leute das nur in der Nacht machen. Die Frage scheint mir jetzt ziemlich überflüssig.» Sie lachte wieder. Bevor ihr Vater gestorben war, hatte sie immer gerne und schnell gelacht, und als sie ihn jetzt auf das taufeuchte Gras zog, wusste sie, dass das Lachen zu ihr zurückgekommen war.
Danach fachte er das Feuer wieder an und hängte ihre nassen Kleider zum Trocknen neben die Flammen. In ihre Mäntel eingehüllt, saßen sie an der Bergkante und sahen zu, wie die Morgendämmerung, Silberbarren gleich, durch die Kiefern unter ihnen schien. Das Schloss lag noch im Nebel verborgen.
Sie lächelte ihren Mann an. «Was gedenkst du heute zu tun, Prinz der Zigeuner?»
Er lächelte. «Ich werde deine Feinde töten.»
Sie berührte sein Gesicht. «Ich liebe dich.»
Er hielt ihre Hand. «Gott weiß, was die Welt dazu sagen wird, Mylady.»
Nicht umsonst war sie die Tochter von Vavasour Lazender. Während sie in das neblige Tal schaute, sagte sie voller Verachtung: «Die Welt kann sich meinetwegen selbst besteigen, Mylord.»
Als die Sonne aufging, verblasste über ihnen unbemerkt die Venus, die über den Liebenden geleuchtet hatte – von einigen Morgenstern genannt und von anderen Luzifer.
22
Bertrand Marchenoir war der erste der Gefallenen Engel, der in Auxigny eintraf, und er kam in Begleitung eines ganzen Infanterieregiments, das hinter Marchenoirs Kutsche in der Ortschaft Einzug hielt. Die erste Kompanie wurde vorausgeschickt, um im Hof des Gasthofs eine Ehrengarde zu bilden. Ihr Colonel eilte herbei, um persönlich den Kutschenschlag zu öffnen.
Marchenoir trat in das Licht der Abenddämmerung. Er trug einen dunkelgrünen Mantel, an den eine Rosette in den Farben der Trikolore genäht war. Im Hof schaute er sich um. «Als ich hier aufgewachsen bin, Colonel, war es mir nicht erlaubt, den Hof des Gasthauses zu betreten. Ich war zu schmutzig, zu arm, zu hungrig.» Er wandte sich zu seinem Burschen um, der hinten von der Kutsche kletterte. «Sorg dafür, dass ich
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