Die dunklen Engel (German Edition)
Busch abgestorbenen Stechginster vor die Hufe. Sie brachen aus, Campion legte sich in die Leinen, spürte, wie diese in ihre Handgelenke einschnitten, doch die Pferde waren in Panik nach links ausgebrochen und schleiften die leichte Kutsche auf die tief gefurchte Straße.
Die Räder des Phaeton hüpften, rumpelten und holperten durch die breiten frostharten Furchen in der Mitte der Straße. Campion rief den Pferden Kommandos zu und zog die Zügel nach rechts, doch da zerbarst auch schon das linke Vorderrad zu Splittern aus lackiertem, schimmerndem Holz, die Kutsche kippte um, die Radnabe wurde mit Wucht in den Boden gerammt und Campion in weitem Bogen aus dem Gefährt geschleudert. Wie durch ein Wunder lösten sich die Leinen aus ihren Händen. Sie schrie voll Furcht, der Phaeton werde auf sie stürzen, doch die Pferde schleiften ihn noch ein Stück mit. Campion schlug auf dem Grasstreifen in der Mitte der Straße auf und hatte Mühe, Luft zu holen. Sie hörte, dass die Pferde langsamer wurden, bis die zertrümmerte Kutsche sie schließlich zum Halten brachte.
Der Mann lachte.
Campions Hand lag auf einer beim Sturz zersplitterten Radspeiche, die am Ende jetzt eine gemeine Spitze hatte.
Alle Knochen taten ihr weh, und sie war benommen; dennoch schwang sie die klägliche Waffe gegen die Gestalt über ihr und trat nach ihr, doch der Mann packte ihren behelfsmäßigen Knüppel und setzte einen Fuß fest auf ihren Fußknöchel.
Der Atem rasselte laut in der Kehle des Mannes.
Eine Sekunde lang bewegte er sich nicht.
Zuerst konnte sie ihn nicht deutlich erkennen, so hell war der Himmel über seinem Kopf, doch sie konnte ihn riechen. Er zog ihr die zerbrochene Speiche mühelos aus der Hand und warf sie in hohem Bogen in den Stechginster.
Heiser kichernd kniete er sich neben sie. Sie schlug mit der rechten Hand nach ihm, doch er packte ihr Handgelenk und drückte es zu Boden, dann packte er auch ihr linkes. Sie sah sein Gesicht und schrie.
Er war unrasiert. An seinem rechten Auge schwärte eine offene Wunde. Er sah aus wie ein Landstreicher, irgendein Vagabund, nur dass seine Haut seltsam farblos war, als wäre er in einem sonnenlosen Gefängnis gewesen. Alte Furunkel verunstalteten sein Gesicht. Sein strähniges Haar war voller Stroh, sein anzüglich grinsender Mund schmutzig und voller schwarzer Zahnstümpfe. Die flache, verwachsene Nase sah aus, als hätte er sie sich wiederholt gebrochen. Er kam ihr ungeheuer stark vor. Da, wo die Lumpen auseinanderklafften, erhaschte sie einen Blick auf einen mächtigen Bauch, schmutzig und voller roter Furunkel. Schluchzend holte sie mit dem rechten Stiefel aus, doch er schob ihr das Knie zwischen die Schenkel, nagelte sie mit den Röcken fest, und sein Sabber tropfte ihr ins Gesicht, als er lüstern auf sie hinabgrinste.
«Du bist jetzt nett zu mir, sehr nett! Ich tu dir nichts, wenn du nett zu mir bist, Mädchen!» Als sie versuchte, nach ihm zu treten, lachte er nur. «Kämpfen bringt dir nichts, Mädchen. Ich bin ein alter Preiskämpfer.» Als wollte er diesen Punkt unterstreichen, ließ er ihr linkes Handgelenk los und schlug ihr mit der Faust, die er sich bei den barfäustigen Runden im Boxring, die die Gentry so liebte, gequetscht, abgeschürft und gebrochen hatte, in den Bauch.
Wieder bekam sie keine Luft. Sie war völlig hilflos und spürte, wie ihr vor Panik speiübel wurde.
Sie konnte sich nicht rühren. Der Kerl ließ ihr schmerzendes Handgelenk los und schob ihren Wollmantel zur Seite. Er lachte. «Hübsch.» Dann nahm er sein Knie weg und zog ihr grunzend die Röcke nach oben. «Oh, hübsch! Hübsch!»
Als er ihre Oberschenkel anfasste, schrie sie auf und schlug mit beiden Händen nach ihm, doch er lachte nur, packte ihre Fäuste und hielt ihre beiden schlanken Handgelenke mit seiner breiten linken Hand fest. Sie hatte das Gefühl, ihre Handgelenke würden brechen, während sie vergeblich versuchte, sie seinem Griff zu entwinden.
Sie war machtlos. Wieder versuchte sie, nach ihm zu treten, als er mit halberfrorenen Fingern an der Schnur herumfummelte, die seine zerlumpte Hose hielt, doch er lachte nur über ihre kläglichen Bemühungen. «Sei nett, Mädchen!»
Sie drehte und wand sich unter ihm und konnte doch nichts tun. Unterdessen rutschte ihr Mantel zur Seite, und der Mann sah die schimmernde Goldkette, die sie um den Hals trug. Er hatte seine Hose aufgebunden und griff jetzt nach der Kette.
Als er sie abriss, kratzten seine Finger über Campions Hals,
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