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Die dunklen Engel (German Edition)

Die dunklen Engel (German Edition)

Titel: Die dunklen Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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jetzt.»
    «Aber ich mag ihn, ehrlich!» Onkel Achilles nahm eine Prise Schnupftabak, ging zu ihrer Frisierkommode und setzte sich. Er öffnete einen Topf Rouge, fuhr mit einem Finger hinein und verrieb es versuchsweise auf seinem Handrücken. «Nicht meine Farbe.»
    Sie verschränkte die Arme. «Ich komme noch zu spät, mon cher oncle .»
    Es war erst vier Uhr am Nachmittag, doch Campion hatte in ihrem Schlafzimmer schon Kerzen anzünden lassen. Draußen war es düster, der Himmel hing grau und finster über dem Tal von Lazen. Onkel Achilles schaute hinunter auf die Ortsbewohner, die in aufgeregten kleinen Gruppen zum Eingang des Schlosses strömten. «Ihr Engländer macht ziemlich viel Theater um Weihnachten.»
    «Wir machen überhaupt kein Theater. Wir amüsieren uns nur. Diejenigen von uns, soll das heißen, denen es erlaubt ist, sich anzukleiden.»
    Er grinste sie an. Seine Kleidung war lasziv – eine andere Bezeichnung gab es, wie Campion fand, einfach nicht für den Anzug aus goldenem Stoff, die neue Perücke mit silbernen Zöpfen, die Satinschuhe mit goldenen Schnallen und die Strümpfe aus weißer Seide –, und er hatte einen Hauch Schminke im Gesicht. Er sah, dass sie ihn von Kopf bis Fuß musterte. «Findest du mich präsentabel?», fragte er mit gespielter Besorgnis.
    «Du siehst phantastisch aus. Ganz wie ein Bischof.»
    Lachend stippte er ihre Puderquaste in die Porzellanschale und strich damit über seine Hand, hielt sie ans Fenster und runzelte kritisch die Stirn. Seine Fingernägel waren lackiert. «In London finden sie mich sehr elegant. Aber ich bin schließlich Franzose, das beeindruckt die Engländer immer. Sie fühlen sich uns aus gutem Grund unterlegen.»
    «Weil sie es sind?» Sie lächelte. Achilles langweilte sich sicher sehr; ein eleganter, kluger Franzose, der keine rechte Beschäftigung hatte, in einem fremden Land. Er lächelte sie an.
    «Genau, liebe Nichte. Dafür, dass du bloß eine Frau bist, bist du sehr vernünftig.» Er schlug die Beine übereinander, wobei er darauf achtete, dass seine Seidenstrümpfe keine Falten bekamen. «Die Engländer haben den leisen Verdacht, dass wir etwas über das Leben, über Eleganz und Schönheit wissen, was ihnen verborgen ist, und es ist die Aufgabe eines jeden Franzosen, sie in dieser Illusion zu bestärken. Jemand wie du, liebe Nichte, die das Glück hat, halb Französin zu sein, hat sogar die Pflicht dazu.» Er lächelte verzückt. «Hat er dich schon gebeten, seine Frau zu werden?»
    «Ich kenne ihn noch keine fünf Wochen!»
    «Wie anständig du bist, liebe Nichte.» Lächelnd wandte er sich wieder der Frisierkommode zu, tauchte den Finger in die Karminpaste, die sie auf ihre Lippen auftragen würde, und malte ein Herz auf den Spiegel, ohne auf ihren Protest zu achten. Das Herz durchbohrte er mit einem Pfeil, über die Federn des Pfeils schrieb er «C. L.» und an die Spitze «L. C.». Zufrieden inspizierte er sein Werk. «Euch beiden wohnt eine gewisse Symmetrie inne.»
    Die beiden hatten sich auf Französisch unterhalten, und Mrs.   Hutchinson hatte kein Wort verstanden. Doch die Zeichnung verstand sie. Sie lachte.
    Campion, die nur ein bodenlanges Nachthemd aus bunter Seide trug, setzte sich auf die Chaiselongue. Sie lächelte ihren Onkel an. «Findest du Symmetrie wichtig?»
    «Ich finde sie wunderbar!» Penibel wischte er sich den Finger an einem Handtuch ab. «Schließlich suchen Liebende immer die glücklichen Zeichen des Schicksals. Einer sagt: ‹Ich bin an einem Montag geboren›, und der andere sagt: ‹Ich auch!›, und aus diesem unwichtigen bloßen Zufall schließen sie, dass der Himmel bei ihrer Verbindung die Hand im Spiel hatte.» Er zuckte die Achseln. «Ich finde, C. L. und L. C. passen in diese glückliche, himmlische Kategorie, findest du nicht?»
    «Möchtest du, dass ich ihn heirate?»
    Er lächelte schalkhaft. Er nahm sie gern auf den Arm, nicht zuletzt, weil sie nie beleidigt war, auch wenn seine Worte sie noch so schockierten. «Willst du ihn heiraten, liebe Campion?»
    «Was ich will, mon oncle , ist, mich endlich anziehen.»
    Er stand auf, verbeugte sich und lächelte wieder. «Ich ziehe mich geschlagen vom Schlachtfeld zurück. Tanzt du heute Abend mit mir?»
    «Natürlich.»
    «Falls Lord Culloden dich lässt. Meinst du, er ist von der eifersüchtigen Sorte? Männer mit Schnurrbart sind oft eifersüchtig.»
    «Geh jetzt.»
    Beim Hinausgehen stieß er in der Tür auf Edna, Campions Dienstmädchen, die eine

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