Die dunklen Engel (German Edition)
Leidenschaft. Das Messer, ein dreißig Zentimeter langes Waidblatt, schuf um ihn herum einen glitzernden Raum, in den niemand einzudringen wagte. Simon Burroughs bremste stirnrunzelnd ab und näherte sich mit vorsichtigem Schritt.
Campion sah Culloden an. «Mylord?» Sie wollte nicht, dass sich ein unbewaffneter Mann dem Jungen näherte. «Ich denke, hier wird Ihr Säbel gebraucht.»
Lord Culloden rührte sich nicht. Er wirkte entsetzt über den Gewaltausbruch.
«Mylord!»
Der junge Mann sah Burroughs auf sich zukommen, wandte sich um und lief plötzlich zu den beiden Mädchen, die den Kampf ausgelöst hatten, blind vor Zorn, rasend vor Eifersucht, gekränkt von denen, die sich über seine bäurische Einfalt lustig gemacht hatten.
«Mylord!» Campion schob Lord Culloden auf das Tanzparkett.
Die Frauen kreischten. In wütenden Bögen ließ der Junge das Messer durch die Luft fahren und bahnte sich den Weg. Ein Mann wurde verletzt, als er versuchte, ihm ein Bein zu stellen. Die beiden jungen Frauen, auf die er zustürmte, kreischten vor Angst. Simon Burroughs war zu weit weg, das Messer schoss nach oben, Campion fuhr zusammen.
Doch das Messer verharrte.
Eine Hand hatte das Handgelenk des Jungen gepackt.
Der Junge brüllte den Mann an, der ihn festhielt, wehrte sich mit der ganzen Kraft seines am Pflug gestählten Körpers, doch der Zigeuner rührte sich keinen Millimeter. Er war, wie es Campion schien, aus dem Nichts gekommen, war lautlos aus dem Schatten getreten, und jetzt stand er ruhig da und hielt den Jungen am Handgelenk.
Er packte fester zu. Der Zigeuner war zwar größer, wirkte neben dem breiten, gewölbten Brustkorb und den muskulösen Armen des Jungen jedoch fast zierlich, doch er winkte Simon Burroughs mit kühlem Selbstvertrauen beiseite.
Es war der junge Mann, der plötzlich beunruhigt aussah. Der Schmerz in seinem Handgelenk brannte und wurde immer größer. Er schwang die linke Faust gegen den Zigeuner. Doch der duckte sich einfach weg und drückte noch fester zu.
Das Messer fiel zu Boden.
Der Zigeuner ließ das Handgelenk des Jungen los und traf ihn mit der linken Hand leicht im Gesicht. Als der Junge sich umdrehte, um diese Herausforderung anzunehmen, schlug er ihm die Rechte in den Bauch.
Stöhnend klappte der Junge zusammen, und der schwarzgekleidete Mann fing ihn auf, hob ihn auf die Schulter und schritt über den Tanzboden, als würde seine Last nichts wiegen.
Jemand jubelte: «Gut gemacht, Franzmann!» Andere fielen ein, und der Jubel breitete sich aus und verwandelte sich in Applaus. Campion lachte laut.
«Mylady?»
Der Vater des jungen Mannes stand vor ihr. «Mr. Cartwright?»
Der arme Mann rang die Hände, er zitterte, und sein Kopf fuhr ruckartig hin und her. «Ich möchte mich entschuldigen, Mylady. Ich schlag den Kerl windelweich, so wahr mir Gott helfe!»
Jemand öffnete dem Zigeuner die Tür, er blieb stehen und warf den jungen Cartwright hinaus in den Kies. Campion lächelte. «Mr. Cartwright, Sie bleiben und feiern weiter mit uns.» Sie wandte sich zum nächsten Tisch um, nickte einem Diener zu und streckte die Hand aus. Der Diener war sich nicht ganz sicher, was sie wollte, und gab ihr das Erste, was in Reichweite war, ein Glas Wein. Sie überreichte es Cartwright als öffentliches Symbol, dass Lazen keinen Groll gegen ihn hegte. Der Wein zitterte, als der Mann das Glas entgegennahm. «Vielen Dank, Eure Ladyschaft.»
«Ihren Sohn dagegen, Mr. Cartwright», erhob sie die Stimme, dass es still wurde im Raum, «werden Sie am Mittwoch zu mir schicken. Sagen Sie ihm, er wird sich entschuldigen müssen, und bereiten Sie ihn darauf vor, dass es kein angenehmes Gespräch wird.»
Der Bauer nickte. «Ja, Mylady.» Es ging das Gerücht, Lady Campion Lazender könne ziemlich unangenehm werden, wenn sie es darauf anlegte. Der Bauer blickte auf den Wein, der in seiner Hand zitterte, und überlegte, ob er ihn trinken sollte.
Campion lächelte. «Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen, Mr. Cartwright, ich muss dem Franzosen danken.»
Sie trat vom Podium hinunter und überquerte schweigend das Tanzparkett.
Der ganze Raum beobachtete sie.
Sie sah wunderschön aus. Das Licht von tausend Kerzen spielte auf dem hellen, hellen Gold ihrer gelockten, aufgesteckten Haare, ließ die Perlen aufblitzen, das Gold, die Saphire, ihre großen, blauen Augen, die hohen Wangenknochen und die vollen Lippen. Sie sah aus, als könnte sie ein Weltreich regieren, während ihr innerlich
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