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Die dunklen Engel (German Edition)

Die dunklen Engel (German Edition)

Titel: Die dunklen Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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schlitzte ihn von der Leiste bis zur Brust auf. Er tat es für Lucille de Fauquemberghes, für die der Tod viel, viel schlimmer gewesen war, und als er fertig war, schien der kleine Hof vom Blut des dicken Mannes bedeckt zu sein.
    Den blutgetränkten Umhang aus Sackleinen warf Toby über die Leiche. Eine Katze leckte an dem Blut, auf das der Graupel rieselte. Die Abenddämmerung verdunkelte den Hof. In der Taverne, aus der Brissot in den Tod getaumelt war, konnte Toby eine Geige spielen hören.
    Lord Werlatton ging zurück in die Rue des Mauvais Garçons zu der kleinen, schmuddeligen Herberge, wo der Name Pierre Cheval im Buch stand.
    Doch er betrat das Gebäude nicht.
    Stattdessen beobachtete er es von einer Straßenecke aus und sah, was er erwartet hatte. Einzig der Zigeuner wusste, dass Pierre Cheval in Wahrheit Lord Werlatton war, und einzig der Zigeuner wusste, dass Lord Werlatton vorhatte, in dieser Herberge in dieser Straße zu übernachten.
    Und deshalb durchsuchten die Soldaten das Haus, trieben die Menschen mit Musketenkolben auf die Straße, zertrümmerten Schränke und rissen Dielenbretter heraus.
    Toby, der das Messer wieder gut versteckt hatte, wandte sich um und tauchte ein in die Gassen von Paris, wo er sich verstecken würde, bis die Straßensperren an den Stadttoren wieder aufgehoben wurden. Auch wenn es seinen Feind noch nicht kannte, Lazen schlug zurück.

    «Es ist Krieg», sagte der Graf. «Verdammter Krieg! Der Narr ist in einen Krieg verwickelt!»
    Campion schaute in die Times , die vier Tage zuvor in London erschienen war. Frankreich hatte, im Gefolge der Ermordung seines Königs, Großbritannien den Krieg erklärt. Das Wort schien ihr so unwirklich, so dumm. Zwischen dem Land ihrer Mutter und dem ihres Vaters herrschte Krieg. England befand sich im Krieg.
    Vor Schmerzen verzog der Graf das Gesicht. «Scrimgeour hat die Zeitung gebracht.» Er wies auf den dicken Mann, der Campion anlächelte, als er hinter dem Tisch aufstand, wo er es sich bequem gemacht hatte. Der Graf knurrte: «Erinnerst du dich an Scrimgeour, meine Liebe?»
    «Selbstverständlich.» Der dicke Mann verbeugte sich. «Geht es Ihnen gut, Mr.   Scrimgeour?»
    «Selbstverständlich geht es ihm gut», fuhr der Graf sie an. «Er ist ein verdammter Advokat. Kürzlich irgendwelche Witwen oder Kinder zur Räumung gezwungen, Scrimgeour?»
    «Man verliert die Übersicht, Mylord.» Scrimgeour, der Londoner Anwalt von Lazen, achtete gar nicht auf die Angriffe des Grafen, sondern lächelte unaufhörlich. Mit seinem dicken, glatten Gesicht, seinem öligen Lächeln, seinem schmeichlerischen Betragen und seinem schlauen Witz hätte er, wie Campion fand, einen ausgezeichneten Renaissance-Kardinal abgegeben.
    Mit seiner gesunden Hand zog der Graf die Zeitung näher zu sich heran. «Dein Bruder, meine Liebe, ist im Krieg. Er ist ein Narr.» Er lächelte sie an. «Ich habe gehört, du hattest gestern eine gute Jagd?»
    «In Candle Woods habe ich die Witterung aufgenommen und dann den ganzen Weg bis Sorrell’s Ford.»
    «Und den Fuchs dort verloren?»
    «Im Bau verschwunden.»
    Der Graf lachte. «Denselben alten schlauen Fuchs hast du letztes Jahr schon verloren! Der überlebt uns noch alle! Wie ist Pimpernel gegangen?»
    Sie zuckte die Achseln. «Bei Abbotshill hat er gepfiffen.»
    «Wusste ich es doch! Ich wusste, wir hätten dieses Pferd nicht kaufen sollen! Der verdammte französische Zigeuner von deinem Bruder hat gesagt, es tauge nichts, aber so etwas kann man Correy ja nicht sagen. Er hört einfach nicht! Ich langweile Sie hoffentlich nicht, Scrimgeour?»
    «Keineswegs, Mylord.»
    «Ich versuche es, ich versuche es. Gehen Sie auf die Jagd, Scrimgeour?»
    «Ich jage nur Missetäter, Mylord.» Die Schultern des Anwalts hoben und senkten sich in stummem Gelächter.
    «Himmel!», stöhnte der Graf. Er sah seine Tochter an. Seine Flüche und seine Grantigkeit waren größtenteils für sie; sie tat, als wäre sie schockiert, aber er wusste, dass sie es mochte. Nach dem Tod ihrer Mutter war es unvermeidlich, dass Campion in einem männerdominierten Haushalt aufwuchs, unvermeidlich, dass sie geneckt wurde. Doch der kranke, kluge, enttäuschte Mann, der sie jetzt anlächelte, liebte sie auch sehr. «Am Freitag geht es wieder raus?»
    Sie nickte. «Wir pirschen in Scone Hill.»
    «Wen reitest du?»
    «Hellbite.»
    Er lachte. «Der setzt dich auf den Hintern. Am Schluss endest du noch wie ich, zu nichts zu gebrauchen, Köder für die Anwälte. Tut

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