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Die dunklen Engel (German Edition)

Die dunklen Engel (German Edition)

Titel: Die dunklen Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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bestürzt, dass sie aufkeuchte, und dann war auch noch seine Zunge zwischen ihren Zähnen, bevor er sich so schnell, wie er sich über sie gebeugt hatte, wieder aufrichtete. Seine verhüllten Augen hingen dunkel über ihr. «Du wirst mich sehr glücklich machen, meine Teuerste.»
    Sie nickte und brachte die Worte, die von ihr erwartet wurden, nur schwer über die Lippen. «Und du mich.»
    Plötzlich kam ihr das alles gar nicht mehr witzig vor. Der Kuss war zu ungezähmt gewesen, zu überfallartig, er hatte zu sehr auf die noch größere Hürde verwiesen, die jenseits der Heirat auf sie wartete. Zitternd setzte sie sich auf, wurde still und blickte mit weitgeöffneten Augen wie gebannt zum Schloss hinüber.
    «Was ist?», fragte Culloden. Campion war weiß geworden. Sie schlug eine Hand auf die Brust und starrte über den See, als spazierte ein Geist über den Vorhof des Schlosses. Culloden konnte nur einen Pferdepfleger sehen, der ein Pferd bewegte. Der Mann war groß, hatte langes, schwarzes Haar und war ganz in Schwarz gekleidet. Er ritt, wie Culloden mit dem Auge des Kavalleristen feststellte, ausgezeichnet. Er sah seine Braut an. «Was ist?»
    «Nichts.»
    Culloden drückte ihre Hand. «Wir sollten es deinem Vater sagen.»
    «Ja, Mylord.» Sie wusste, dass der Zigeuner sie gesehen hatte. Bestimmt hat er Tobys Brief gebracht, dachte sie. Sie sah, dass sein Gesicht, hundert Meter entfernt, ihnen zugewandt war. Dann bäumte das Pferd sich auf, er drückte die Waden in seine Flanken und ritt auf die Ställe zu.
    Langsam stand sie auf. Er war da, und plötzlich wusste sie, dass sie nicht glücklich werden würde, solange der großgewachsene Reiter sich am Rand ihres Lebens herumtrieb. Lord Culloden sah sie immer noch stirnrunzelnd an. «Geht es dir gut, meine Liebe?»
    «Ja, Mylord.» Es klang gedämpft. «Mir geht es gut.»
    Dann gingen sie um den See herum. Sie waren verlobt.

    In der Nacht regnete es. Es fing langsam an, ein leichter Sprühregen, der an den Fenstern herabperlte. Gegen neun Uhr peitschte der Wind das Wasser auf Lazen, ein brodelndes Gewitter, das den Kies im Vorhof knirschen ließ und an den Türen des Schlosses rüttelte.
    Campion und Lord Culloden speisten mit dem Graf zu Abend. Sie redete sich ein, glücklich zu sein. Bestand nicht die Kunst der Ehe darin, aus einem fehlerhaften Stoff etwas Zufriedenstellendes zu schneidern? Sie lachte über die vertrauten Geschichten ihres Vaters, lächelte über Lord Culloden und gab sich alle Mühe, den Blick über den See auf den geheimnisvollen Reiter zu vergessen.
    «Der See wird überlaufen», sagte der Graf. Er trank Brandy mit Lord Culloden.
    Campion stand auf, ging ans Fenster und schaute in die stürmische Nacht hinaus. Ein Blitz ließ sie zusammenfahren. Er schoss blauweiß auf Two Gallows Hill hinunter und erhellte die Umrisse der Schreckensgestalt am Galgen.
    «Kannst du den See sehen?», fragte ihr Vater.
    Doch sie schaute nicht zum See. Sie sah zur langen Galerie hinüber. Die Galerie war in dieser Nacht verwaist, das wusste sie, es brannte kein Feuer in den Kaminen, und die Kerzen waren kalt, und doch schien im westlichen Fenster eine einzelne Flamme.
    «Campion?»
    «Nein.» Sie ließ den Vorhang fallen, drehte sich um und lächelte ihren Vater an. «Es ist zu dunkel.»
    «Was für eine finstere, gruselige Nacht.» Ihr Vater ließ sich von Lewis Culloden noch ein Glas einschenken. «Eine Nacht für finstere, gruselige Geschäfte, was? Besenstiele und Hexenkessel.» Er erhob das Glas. «Auf euer Glück, meine Kinder.»
    Campion lächelte. Sie war wieder nervös, ängstlich und aufgeregt. Seit Weihnachten hatte sie sich hunderttausendmal gesagt, wie froh sie sei, dass der Zigeuner in jener Nacht nicht in der Galerie gewesen war, hatte sich eingeredet, sie sei glücklich davongekommen, doch jetzt, da die Kerze sie lockte, war das alles vergessen. «Verzeihst du mir, wenn ich mich zurückziehe, Vater?»
    «Tu das, meine Liebe. Lass uns Männer ruhig allein.» Er lächelte. Seine eingesunkenen Wangen waren vom Alkohol gerötet. Sie gab ihm einen Kuss.
    «Soll ich nach deinem Dienstmädchen klingeln?», fragte Culloden.
    «Nein. Sie wartet auf mich.» Sie reichte ihrem Verlobten die Hand. Er küsste sie, und wieder kitzelte sein Schnurrbart.
    Donner rollte über den Himmel, als trudelten große Fässer über den Speicher. Als Campion die Brücke zwischen dem Neuen und dem Alten Haus überquerte, sah sie einen Blitz zu Boden zucken, und in der

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