Die dunklen Engel (German Edition)
nahm die Leinen, steckte die Peitsche in ihre Halterung und rief Burroughs zu, er solle das Zaumzeug des Leitpferds loslassen.
Unter fröhlichem Hufegeklapper fuhren sie langsam über das Kopfsteinpflaster der Ortschaft und erreichten die trockene, unbefestigte Straße nach Shaftesbury, wo Lord Culloden die Braunen zu einem raschen Trab antrieb. Der Wind wollte Campion unter die Röcke fahren, und sie musste auf den Saum treten. Freude erfüllte sie über die Geschwindigkeit, und sie staunte, mit welcher Leichtigkeit die Kutsche sich bewegte.
Zu ihrer Rechten lag im Frühlingssonnenschein das Schloss, das riesige Banner von Lazen war über dem prächtigen Anwesen gehisst. Auf dem in der Sonne funkelnden See sah sie einen kleinen weißen Fleck, das Dach des gesunkenen Kahns, und dann senkte sich die Straße in ein Buchenwäldchen und verbarg Lazen vor ihrem Blick. Die Mähnen der Braunen hüpften im Takt, das junge Buchenlaub schien in einem Schleier aus Licht und Schatten vorüberzuhuschen. Campion lachte.
«Bist du glücklich?» Er lächelte sie an.
«Ich bin glücklich, Mylord.» Sie mussten über dem Lärm der Hufe und der Räder schreien, und dann reichte er ihr die Leinen, und sie ließ die Pferde laufen, wo die Straße an den Lazen-Bach grenzte.
Zwei Meilen vom Schloss ließ sie die Pferde langsamer gehen und lenkte sie über eine Steinbrücke, die zu einem steinernen Torpfosten führte. Das Torhaus, nicht größer als ein Zollhäuschen, war leer. Sie ließ die Pferde eine Auffahrt hinauftraben, die sich zwischen dichtem Lorbeer hindurchwand, bis sich der Kiesweg vor einem großen, weißgestrichenen Haus verbreiterte. Es war in dem derzeit bevorzugten klassischen Stil umgebaut worden, mit scharfen Linien und regelmäßigen Fensterreihen.
Sie brachte die Pferde zum Stehen.
Lord Culloden lächelte. «Sollen wir hineingehen?»
Campion schüttelte den Kopf. Der Verputz innen war noch feucht und roch entsprechend. Er würde, wie die Bauarbeiter sagten, sicher noch drei Monate zum Trocknen brauchen; wenn es ein feuchtes Frühjahr wurde, auch länger. Wenn alle Umbauten fertig waren und der Verputz trocken genug, um Farbe und Vergoldung aufzutragen, würde dies ihr neues gemeinsames Zuhause sein, Periton House. Auf dem Vorhof stapelten sich zwischen Bauholzabfällen und Leitern Ballen mit Rosshaar und Fässer mit Kalk, die Zutaten für den Verputz, der in dem großen Salon noch aufgetragen werden musste.
Lord Culloden runzelte die Stirn. «Es arbeitet niemand!» «In Shaftesbury ist Frühjahrsmesse», erklärte sie ihm. «Vater hat gesagt, sie könnten hingehen.»
Er brummte, augenscheinlich missfiel ihm das.
Hinter dem Haus stieg ein dicht mit Buchen bewachsener Hügel steil an, während vor dem Haus eine große Rasenfläche sanft zum Lazen-Bach abfiel. Unter den Bäumen, die an den Rasen grenzten, konnte Campion einen Schleier von Sternhyazinthen sehen, der sich in den nächsten Tagen noch ausdehnen würde.
Lord Culloden reiste heute ab. Er fuhr in einer Lazen-Kutsche nach London zu seinem Regiment, um sein Offizierspatent zu verkaufen und seine Angelegenheiten zu regeln, und wenn er zurückkam, würden sie heiraten. Zuerst würde es ein großes Fest geben, eine Feier vor dem großen Ereignis, zu der Musiker aus London kamen und Feuerwerk aus Bristol. Die Hochzeit, zwei Wochen später, würde eine ruhige Angelegenheit werden, wie es in Mode war; nur der Bischof, einige auserlesene Gäste und am Abend ein Essen im großen Saal. Der Graf, von Krankheit aufgezehrt, mit tiefen Linien in seinem zerfurchten Gesicht, hatte eine Botschaft an Lord Paunceley geschickt und verlangt, ja sogar befohlen, dass Toby zu den Feierlichkeiten nach Hause kam.
Campion schaute zu den Fenstern über der mit Säulen versehenen Kutscheneinfahrt von Periton House. Dunkel hoben sie sich gegen die Kalktünche ab, und Campion dachte daran, dass dort, hinter den dunklen Scheiben, ihr neues Schlafzimmer lag. Dort wartete das Geheimnis der Ehe auf sie, das Geheimnis, das ihr so gewöhnlich und wenig verlockend erschien.
Cullodens behandschuhte Hand lag auf ihrem Unterarm. «Wir werden hier sehr glücklich sein, meine Liebe.»
«Ja, Mylord», sagte sie pflichtgemäß. Sie wusste, dass er sie küssen wollte, lächelte und nahm die Zügel. «Nach Hause, Mylord?» Sie meinte Lazen, und sie wendete die Pferde geschickt auf dem gekiesten Wendekreis vor dem Haus.
In der langen Galerie sagte sie Lord Culloden Lebewohl. Mrs. Hutchinson
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