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Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)

Titel: Die dunklen Farben der Begierde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Lloyd
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Kleider, bei denen Tante Hester sicherlich die Augenbrauen in die Höhe ziehen würde. Und dann könnte sie vielleicht später ihrer Kusine Lucy einen Besuch abstatten. Ohne Lord Marldon hatte sie ja niemanden, der sie in die Londoner Gesellschaft einführen konnte. Alicia hatte ja gesagt, dass Lucy jeden kannte, den man kennen musste, und sie ging auf die allerbesten Gesellschaften.
    «Und wenn sie aus dem Bett gekrochen kommt», fuhr Kitty fort, als sie Clarissas Gesicht sah, «dann werde ich ihr eben ein Bein stellen.»
    «Danke, Kitty», sagte sie. «Das wäre wirklich reizend von dir.»

    Gabriel Ardenzi wusste nie so recht, ob es eine wunderbare Idee gewesen war, ein Haus am Rande von Chelsea zu mieten, oder eine ganz furchtbare. Fernab von den Dünsten der Großstadt war die Luft frisch und klar. Aber an Tagen wie dem heutigen reflektierte der Fluss das Sonnenlicht so verdammt grell. Heute Morgen hatte er schon viel zu viel Zeit damit zugebracht, Ölpapier vor den Fenstern anzubringen, um die Blendwirkung ein bisschen abzumildern.
    Er hätte sich doch für das Nordzimmer entscheiden sollen. Aber andererseits, sagte er zu sich selbst, war dies ja viel zu klein für ein Atelier; er würde sich dort wie in einer Gefängniszelle fühlen. Hier konnte er wenigstens all seine unvollendeten Bilder an die Wände lehnen und sich durch ihren Anblick daran erinnern lassen, was er eigentlich wirklich gern malen wollte.
    Er trat von seiner Staffelei zurück und sah ohne Begeisterung auf das unvollendete Porträt. Eine junges Mädchen aus gutem Hause sah ihn mit ausdruckslosen Augen und einem faden Lächeln an. Ähnlich war es jedenfalls, dachte er bitter. Er warf den Pinsel auf einen neben ihm stehenden Tisch, der überhäuft war von Mischgefäßen, Farbampullen und Brocken von Zeichenkohle, und ausgiebig gähnend wischte er sich die Hände an einem Lappen ab. Herrje, er war erst seit zwei Stunden bei der Arbeit, und bereits jetzt ödete es ihn an. Aufträge für Porträts waren der Fluch seines Lebens, und jeder Sommer brachte unweigerlich eine Flut davon mit sich.
    Er schritt ziellos im Raum auf und ab, bevor er sich der Länge nach auf die damastbezogene Chaiselongue sinken ließ. Mit leerem Blick starrte er an die Decke und seufzte schwer. Was er brauchte, war ein wohlhabender Gönner, irgendeinen alten Herzog, der es sich erlauben konnte, das Geld zum Fenster hinauszuwerfen und der ein Interesse an anständiger Kunst hatte. Aber einen solchen zu finden war ebenso wahrscheinlich, als ob die gute Königin von England ihre Trauerkleider abwerfen und auf der Straße tanzen würde.
    Verdammt, dann würde er eben anfangen müssen, härter zu arbeiten. Er hatte schon in diesem Sommer zwei lukrative Aufträge verloren. Einige warfen ihm Müßiggang vor, aber daran lag es nicht. Oder wenn doch, dann brachten sein Talent und sein Vorstellungsvermögen dies mit sich, zwei Talente, die bei dieser Form der kommerziellen Kunst vollkommen verschwendet waren. Er zog an dem Band, das seine kastanienbraunen Locken davon abgehalten hatte, über seine Schultern zu fallen, aber jetzt schüttelte er sein offenes Haar.
    Er stemmte sich vom Sofa hoch und ging ans Fenster, wo ihn das Ölpapier von der Außenwelt abschirmte. Ungeduldig riss er einige Bahnen herunter und blinzelte, als strahlendes Sonnenlicht den Raum durchflutete.
    Er öffnete die hohen Flügeltüren und trat hinaus auf den gusseisernen Balkon. Einen Moment lang durchschnitt das Tuten einer Schiffssirene das Lärmen und Rufen, das von der Mole herübergetragen wurde. Gabriel stützte seine nackten Unterarme auf das warme Geländer und bemerkte mit einem gewissen Schuldbewusstsein die Tönung seiner entblößten Haut. Er war gebräunt, ein sicheres Zeichen, dass er zu wenige Stunden an seiner Staffelei und zu viel Zeit hier draußen verbrachte, indem er untätig auf die Geschäftigkeit an der Mole hinunterblickte.
    Nein, entschied er, es war kein Mäzen, den er brauchte, sondern eine wirklich inspirierende Person, die er malen könnte. Jemanden wie jenes junge Mädchen vom Cheyne Walk, das neu eingezogen war. Ja, das würde die Leidenschaft in seine Kunst zurückbringen. Wenn es je eine klassische Schönheit gegeben hatte, dann war sie es. Man hätte sie sofort auf jeder griechischen Münze abbilden können. Oh, wie sehr es seine Kreativität beflügeln würde, wenn eine Frau wie sie ihm Modell sitzen würde. Dann wären all die anderen Sachen, die Ölbilder und Aquarelle, die

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