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Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)

Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)

Titel: Die dunklen Farben des Lichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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Silben, „ist sehr alt. Wissen Sie, wie man das früher gemacht hat?“ Er wartete ihre Antwort nicht ab. „Im Mittelalter hat man Bleistücke in einen Topf mit Essig gelegt und unter einem Misthaufen vergraben.“
    Schweigend hörte sie zu.
    „Durch die Reaktion mit Kohlendioxid und Essigdämpfen fällt Bleiweiß aus, was chemisch gesehen eine Verbindung aus kohlensaurem Bleioxid und Bleioxidhydrat ist.“
    Er schloss die Tür zum Bad und dirigierte Martha zurück zu den Staffeleien.
    „Man trocknet es und mahlt es zu einem feinen Pulver und erhält im Ergebnis ein stark deckendes Weiß. Wenn man es brennt, entsteht Bleigelb. Und bei noch mehr Hitze Mennige.“
    „Ich habe da drin keinen Misthaufen gesehen.“
    „Mein Misthaufen ist eine Flasche Kohlendioxid aus dem Campingbedarf.“
    „Chemie für Hausfrauen“, murmelte sie. „Und dieses Bleiweiß ist identisch mit dem auf Vermeers Gemälden?“
    „Gleiche Zusammensetzung, gleiche Spurenelemente. Es gibt nur einen einzigen Test, bei dem ich mir nicht sicher bin, aber da lässt sich ohnehin nichts machen. Soweit ich weiß, wird er nur angewendet, wenn bereits ein Verdacht auf Fälschung besteht.“ Er legte die Zange mit der Salzprobe auf den Tisch. „Kennen Sie die Blei210 Methode?“
    „Das hat alles wenig mit Kunst zu tun.“
    „Weil wir uns nicht nur mit Kunst beschäftigen“, sagte er sanft, „sondern auch mit Kunstfälschung.“
    Er verstummte, im Moment, da er es aussprach. Der Begriff schwebte im Raum, ein eisiger kleiner Tropfen, der jeden Moment zu zerplatzen drohte. Er hatte es die ganze Zeit vermieden. Von Marthas Vermeer hatten sie gesprochen. Von dem Gemälde, das aussehen würde, als stamme es von der Hand des Delfter Meisters.
    Behutsam atmete er aus.
    Irritation glänzte in Marthas Augen, und mehr. Ein Widerhall seines eigenen Erschreckens, ein Sprung in der Oberfläche.
    Reglos stand er da.
    Er strebte nach Perfektion. Und Perfektion wiederum eröffnete Möglichkeiten. Sie beide wussten das.
    Henryk wandte den Blick ab und sah zum Gemälde, zu den Skizzen auf dem Tisch, den Blumen, die immer noch dort lagen.
    „Ich suche eine Vase“, wisperte er.
     
     
     
    Er fand ein Einweckglas unter der Spüle und ließ Wasser einlaufen. Als er an den Tisch zurückkehrte und die Blumen hineinstellte, war die Spannung verflogen.
    „Was denken Sie?“, fragte er.
    „Es wirkt authentisch.“
    Seine Stimmung hob sich augenblicklich. „Ich bin mir noch nicht ganz schlüssig mit der Kleidung.“
    „Wie wäre es mit Rot? Ein rotes Kleid. Das passt zu den Blumen.“
    Martha trat zurück und lehnte sich gegen den Tisch. Draußen flammten die Straßenlampen auf. „Wollen Sie nachher mitkommen, etwas essen?“
    Überrascht blickte er sie an.
    Sie lächelte. „Nur, wenn Sie nicht schon andere Pläne haben.“
     
     
     
    Stimmen umflirrten sie und leises Lachen, als ein Kellner sie zu ihren Plätzen führte. Es duftete nach Wein und gebackenem Brot. Martha flüsterte dem Kellner etwas zu, der sich daraufhin rasch entfernte.
    Henryk knöpfte unschlüssig seinen Mantel auf.
    „Ich habe ihm gesagt, dass Sie nichts ablegen möchten.“ In ihrem Tonfall schwang freundlicher Spott. „Sie sind übrigens eingeladen.“
    Er strich mit zwei Fingern über die Damasttischdecke. Die Kerze flackerte leicht in der Hitze, die von den Heizkörpern aufstieg. Martha passte perfekt in diese Umgebung. Er selbst hingegen ...
    Der Gedanke riss ab, weil in diesem Moment der Kellner mit den Karten zurückkehrte. Henryk widerstand dem Bedürfnis, seine linke Hand unter den Tisch zu legen, um die Farbreste auf seinen Fingernägeln zu verbergen. Die Menükarte war auf schweres Papier gedruckt und verströmte einen intensiven Duft nach Zimt und Leder. Er fragte sich, ob es wohl unverschämt war, wenn er zusätzlich zum Hauptgericht eine Vorspeise bestellte. Unter gesenkten Wimpern hervor beobachtete er Martha. Er würde einfach abwarten, wie sie entschied, und dann das Gleiche tun.
    Sie legte die Karte beiseite und blickte auf. „Gefällt es Ihnen?“
    Er nickte.
    „Ich suche uns einen Wein aus, ja?“
    Henryk sah zu, wie sie mit dem Kellner sprach, wie er eine Flasche brachte und am Tisch entkorkte. Wie ihre Finger sich um den Stiel des Pokals legten. Der Wein schimmerte wie Juwelen im Licht.
    Sie atmete, sie probierte, sie nickte dem Kellner zu. Henryk fragte sich, ob man so wurde, wenn man Rechtswissenschaft studiert hatte und eine eigene Kanzlei besaß. Wenn der

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